Unfaire Handelspraktiken: EU-Vorschlag vor Abschluss

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10.04.2018

Plötzliche Stornierungen oder einseitige Vertragsänderungen sollen über eine EU-Verordnung, die sich mit unfäiren Handelspraktiken in der Lebensmittelkette befasst, verboten werden. Das Netzwerk Zukunftsraum Land befasste sich kürzlich mit den Hintergründen dazu.

Eine Verordnung über unfaire Handelspraktiken in der Lebensmittelkette wird innerhalb der EU-Kommission abschließend beraten. Diesen Donnerstag will EU-Agrarkommissar Phil Hogan seinen Vorschlag in Brüssel vorstellen. Kernpunkte sind vier verschiedene unfaire Praktiken, die in allen EU-Mitgliedstaaten verboten werden sollen. Das sind um mehr als 30 Tage verspätete Zahlungen für verderbliche Produkte, kurzfristige Stornierungen von verderblichen Erzeugnissen, die der Erzeigerin und dem Erzeuger keinen Verkauf an eine andere Abnehmerin und einen anderen Abnehmer mehr erlauben, einseitige und vor allem rückwärtige Änderungen von Menge, Qualitäten und Preisen sowie Abschläge für verdorbene Ware, die die Verkäuferin und der Verkäufer nicht zu verantworten haben. Die EU-Mitgliedstaaten sollen diese vier "Gebote" für Abnehmerinnen und Abnehmer von landwirtschaftlichen Erzeugnissen durchsetzen und gegebenenfalls Strafen gegen diese festschreiben.

Die EU-Kommission regt an, dass sich die Kartellbehörden in den EU-Mitgliedstaaten zukünftig der unfairen Handelspraktiken annehmen. Anonyme Beschwerden sollen ermöglicht werden, damit Landwirte nicht aus Furcht vor weiteren Nachteilen auf eine Beschwerde verzichten. Andere unfaire Handelspraktiken werden im Vorschlag nicht direkt verboten. Sie sollen lediglich dann unterbleiben, wenn sie nicht ausdrücklich in einem Vertrag zwischen der Landwirtin und dem Landwirt und ihrem und seiner Abnehmerin und Abnehmer vereinbart wurden. Dazu gehören die Rücksendung unverkaufter Ware, Listungsgebühren und eine Beteiligung von Lieferantinnen und Lieferanten an Werbemaßnahmen.

Landwirtinnen und Landwirte in schwacher Verhandlungsposition

Die EU-Kommission begründet ihr Vorgehen gegen unfaire Handelspraktiken mit der schwachen Stellung der Landwirtinnen und Landwirte innerhalb der Nahrungsmittelkette. Gemeint sind vor allem der Lebensmitteleinzelhandel, aber auch Lebensmittelkonzerne. Betroffen sind Abnehmerinnen und Abnehmer mit mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und 50 Mio. Euro Jahresumsatz, die nach der Definition keine kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mehr sind. Ziel des Vorschlags sei es, die Einkommen der Landwirtinnen und Landwirte in der EU zu verbessern, da unfaire Handelspraktiken die Gewinnmargen der Erzeugerinnen und Erzeuger verkleinerten, erklärt die EU-Kommission. Sie weiß um bereits bestehende, nationale Gesetze gegen Zahlungsverzögerungen und andere Missstände. Aber es geht der EU-Kommission darum, in allen EU-Mitgliedstaaten gemeinsame Mindeststandards festzulegen, um auf dem EU-Binnenmarkt für Chancengleichheit zwischen den Landwirtinnen und Landwirten zu sorgen.

Den Anstoß für EU-weite Verbote von unfairen Handelspraktiken gaben vor allem osteuropäische Mitgliedstaaten, wo das Problem akuter ist als in der alten EU-15. Freiwillige Initiativen hätten bisher nicht das gewünschte Resultat gebracht, betont die EU-Kommission. Auf EU-Ebene haben sich elf Organisationen zur "Supply Chain Initiative (SCI)" zusammengeschlossen, allen voran der Verband des Lebensmittelhandels (EuroCommerce), der Lebensmittelindustrie (Food Drink Europe) und des Agrarhandels (CELCAA). Seit 2016 wurden vor der SCI 40 verschiedene Verstöße gegen einen selbst erarbeiteten Leitfaden für die gute Praxis eingeklagt. 32 davon konnten nach Aussage der Organisation gelöst werden. Die EU-Kommission kritisiert, da es sich um einen freiwilligen Zusammenschluss handle, fehlten viele Unternehmen. Zudem hätten Landwirtinnen und Landwirte wenig Vertrauen darin und es mangle an unabhängigen Untersuchungen bei der SCI.

Der Vorschlag der EU-Kommission für verpflichtende Mindeststandards bei den unfairen Handelspraktiken, an dem sich bis nächste Woche immer noch etwas ändern kann, muss anschließend vom Europaparlament und vom EU-Agrarministerrat beraten werden (AIZ).