Digitalisierung der Arbeit für qualifizierte Frauen in ländlichen Regionen

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18.03.2020

Studie im Auftrag des Sozialministeriums, durchgeführt von Prospect Unternehmensberatungund ABZ*AUSTRIA– Von Michaela Schafferhans und Bettina Sturm
 
Der ländliche Raum ist in Österreich ein zentraler Lebensraum für einen Großteil der Bevölkerung. Dennoch stehen ländliche Regionen vor der großen Herausforderung, den Abwanderungstendenzen in Richtung Ballungszentren entgegen zu wirken. Analysen zur Bevölkerungsentwicklung machen deutlich, dass vor allem junge Frauen in der Altersgruppe bis 30 Jahre abwandern. Dies lässt sich häufig auf mangelnde qualifizierte Beschäftigungsangebote sowie eine nicht ausreichende Infrastruktur zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zurückführen.
Umgekehrt ist zu beobachten, dass gerade junge Frauen mit höheren Ausbildungen und ersten Berufserfahrungen in der Phase der Familiengründung wieder in ihre ländlichen Heimatregionen zurückkehren. Gründe sind das Angebot an leistbarem Wohnraum sowie der verstärkte Trend zur Nachhaltigkeit und der Wunsch, den Kindern eine hohe Lebensqualität bieten zu können. Damit einhergehend zeigt sich aber häufig eine Rückkehr zu traditionellen geschlechtsspezifischen Rollenbildern und Familienmodellen: Männer als Haupternährer der Familie und Frauen als Zuverdienerinnen. Frauen arbeiten daher häufiger dequalifiziert auf Arbeitsplätzen, die nicht ihrem Ausbildungsniveau entsprechen, weil es mit Kinderbetreuung und der Verantwortung für die Hausarbeit leichter vereinbar ist. Mobile Arbeit, die ein orts- und zeitunabhängiges Arbeiten ermöglicht, gewinnt daher zunehmend an Bedeutung – sowohl für die Frauen, um ihr Potential entsprechend einsetzen zu können, als auch für Unternehmen, die qualifizierte Arbeitskräfte suchen.

Zentrale Fragestellung der Studie war, ob durch mobile Arbeits(zeit)modelle zusätzliche Beschäftigungsoptionen für qualifizierte Frauen in ländlichen Regionen eröffnet werden können. Konkret wurde dies für arbeitsuchende Frauen aus dem Wiener Umland, die eine Tätigkeit im Bereich Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung anstreben, analysiert. Im Fokus standen neben den Chancen und Risiken mobiler Arbeit (sowohl aus Sicht der Frauen als auch der Unternehmen) die erforderlichen strukturellen Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Gestaltung und Umsetzung mobiler Arbeits(zeit)modelle, wie zum Beispiel alternierende Telearbeit.

Die Studie gliederte sich in ein Desk Research zu vergleichbaren Ansätzen und Erfahrungen mit mobiler Arbeit in anderen europäischen Ländern sowie in eine qualitative Erhebung bei Wiener Steuerberatungskanzleien und arbeitssuchenden Frauen in Niederösterreich und im Burgenland. Neben dem Endbericht der Studie wurde eine Broschüre mit Handlungsempfehlungen für Unternehmen veröffentlicht.

Zentrales Ergebnis des Desk Researchs ist, dass für die Einführung mobiler Arbeits(zeit)modelle klare Rahmenbedingungen und Vereinbarungen, zum Beispiel zu zeitlicher Erreichbarkeit, Arbeitsmittel, Datenschutz, Haftung etc. sowie eine funktionierende Kommunikationsstruktur und eine im Arbeitsalltag gut gelebte Kommunikationspraxis erforderlich sind. Grundvoraussetzung ist die Bereitschaft seitens der Unternehmensführung, die Vorteile eines solchen Arbeitsmodells für die Belegschaft anzuerkennen und die Unternehmenskultur in Richtung Vertrauenskultur zu verändern. Dies bedingt eine Auseinandersetzung mit dem Führungsverständnis, den geeigneten Aufgabenbereichen für mobile Arbeit im Unternehmen sowie den erforderlichen Kompetenzen (zum Beispiel Eigenverantwortung, Entscheidungsfähigkeit, Selbstdisziplin) und dem möglichen Schulungsbedarf der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Befragungsergebnisse der Studie belegen das hohe Interesse und die Bereitschaft für mobiles Arbeiten sowohl seitens der Steuerberaterinnen und Steuerberater als auch der arbeitsuchenden Frauen. Ideal erscheint dabei ein Modell mit einer Anwesenheitszeit von 2 bis 3 Tagen im Unternehmen.

In den Handlungsempfehlungen finden sich zentrale Eckpunkte, die es bei der Einführung mobiler Arbeits(zeit)modelle in Unternehmen zu berücksichtigen gilt, zum Beispiel zu Organisation und rechtlichen Rahmenbedingungen, Unternehmenskultur und Führungsverständnis oder digitalen Kompetenzen und Schulungen.
 
Download:
Studienpräsentation im Sozialministerium
Endbericht Mobile Arbeit
Handlungsempfehlung Unternehmen Mobile Arbeit