EIP - AGRI: SaLut - der erste emissionsarme Schweinestall in Österreich 

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19.04.2021

Die Emissionen in der Schweinemast machen ein Drittel der Treibhausgasemissionen aus, die durch die Landwirtschaft freigesetzt werden. Maßnahmen zur Emissionsreduktion sind daher – nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Klimaschutzdiskussion – dringend gesucht und gesetzlich gefordert. Darüber hinaus führt die Schweinemast häufig zu Zielkonflikten zwischen tierhaltenden Betrieben und Anrainerinnen und Anrainern. Geruchsbelastungen sind oft Hauptursache für jahrelange, behördliche Genehmigungsverfahren mit letztlich negativer Beurteilung.

Im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP-AGRI) hat sich das innovative Projekt „SaLuT“ die Entwicklung und Erprobung des ersten emissionsarmen Tierwohlstalls für Mastschweine in Österreich zum Ziel gesetzt.

Im Mittelpunkt steht die wissenschaftliche Begleitung von Planung, Bau und Betrieb des emissionsarmen Tierwohlstalles am Hof der Familie Neuhold. Durch den Einsatz modernster Techniken wird an der Emissionsminderung und der Optimierung der Produktion gearbeitet.
Mit Emissionsmessungen wird das Einsparungspotenzial der Emissions- und Geruchsbelastung untersucht.

Die Operationelle Gruppe möchte aufzeigen, wie umweltverträgliche und gleichzeitig dem Tierwohl entsprechende Haltungssysteme in der Schweinemast umgesetzt werden können. Andererseits sollen die Ergebnisse dazu beitragen, die kritischen Vorbehalte von Anrainerinnen und Anrainern zu entkräften, so, dass behördliche Genehmigungsverfahren für Stallneubauten in Zukunft mit weniger Konflikten verbunden sein werden.

Netzwerk Zukunftsraum Land hat mit der Projektkoordinatorin Dr. Erika Ganglberger von der Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) und dem steirischen Bewirtschafter-Ehepaar Josef und Christina Neuhold in der Steiermark über ihre Erfahrungen und erste Projektergebnisse gesprochen.

Frau Ganglberger, welchen Problemstellungen stehen Landwirtinnen und Landwirte in Bezug auf die Emissionsminderung und die Verbesserung des Tierwohls in der Schweinemast gegenüber?
Im Bereich der Tierhaltung ist die Schweinemast mit einem Anteil von 21 Prozent nach der Rinderhaltung der zweitstärkste Emittent von NH3 (Ammoniak). Die Schweinemast stellt also eine wesentliche Stellschraube dar, um die österreichischen NH3-Emissionen zu reduzieren. Eine Erhöhung des Platzangebots im Sinne des Tierschutzes geht aber oft mit verschlechterten Emissionswerten einher. Es braucht daher Stallsysteme, die sowohl dem Tierwohl als auch der Notwendigkeit der Emissionsminderung gerecht werden. Darüber hinaus muss natürlich auch ein wirtschaftlicher Betrieb gewährleistet sein.

Worin sehen Sie konkretes Potenzial zur Emissionsminderung und zur Verbesserung des Tierwohls in der Schweinemast? 
Eine deutliche Minderung der Ammoniakemissionen kann durch die sofortige Trennung von Kot und Harn erreicht werden. Auch eine an die jeweilige Wachstumsphase angepasste Proteinzufuhr im Verlauf der Mästung reduziert die Stickstoffausscheidungen über Kot und Harn wesentlich und trägt somit zur Reduktion von NH3 bei. Bauliche Maßnahmen wie die Optimierung der Funktionsbereiche, verbesserte Stallklimatisierung sowie die Vermeidung von emittierenden Flächen bergen weitere Einsparungspotenziale. 

Sie koordinieren das Projekt „SaLuT“. Welche wesentlichen Erkenntnisse oder Empfehlungen aus dem Projekt konnten Sie bereits ableiten? Welche ersten Schritte sollten unternommen werden, um die Emissionen zu mindern und das Tierwohl in der Schweinemast zu verbessern?
Die ersten Messergebnisse stimmen uns zuversichtlich, dass sich die gesetzten Maßnahmen als äußerst wirkungsvoll im Hinblick auf die Reduktion der Ammoniakemissionen erweisen werden. Maßnahmen zur Steigerung des Tierwohls sowie zur Emissionsreduktion sollten künftig immer gemeinsam gedacht werden, auch um ein späteres Nachrüsten mit Minderungstechniken vermeiden zu können. Interessierten Landwirtinnen und Landwirten steht diesbezüglich der NEC-Ratgeber des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zur Information zur Verfügung.

Josef und Christina Neuhold, Sie setzen mit der Operationellen Gruppe „SaLuT“ gemeinsam das gleichnamige EIP-AGRI Projekt um. Was würden Sie als aktive Praktikerin und als aktiver Praktiker im Projekt anderen Landbewirtschaftenden raten?
Wir denken, es muss jeder für sich entscheiden, aber alle Landwirtinnen und Landwirte tragen natürlich eine große Verantwortung für die Umwelt. Das sollte man sich immer wieder klarmachen. Wir als Direktvermarkter stehen täglich im direkten Kontakt mit den Kundinnen und Kunden. Diese stellen immer größere Ansprüche an die Herkunft der Nahrungsmittel und wie diese produziert werden. Dieser neue Stall wird diesen Ansprüchen gerecht, indem Haltung und Gesundheit der Tiere verbessert, wertvolle Ressourcen eingespart und gleichzeitig Emissionen vermieden werden. Jetzt liegt es an uns, die Menschen von unserem Stall zu überzeugen.

Was können Sie sich langfristig aus dem Projekt mitnehmen? Was werden Sie behalten?
Das können wir definitiv erst nach Projektende beantworten. Wir sind aber sehr froh, dass dieses Projekt verwirklicht werden konnte und denken, dass diese Kooperation für alle Beteiligten Nutzen bringen wird. Die Messungen werden hoffentlich bestätigen, dass es der richtige Weg für die Zukunft ist und unser Projekt somit wegweisend für unentschlossene Betriebsleiterinnen und -leiter sein kann.

Wie sind Ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit zwischen Praxis und Wissenschaft und worin sehen Sie die größten Vorteile dieser Zusammenarbeit?
Als Beispiel: Schon bei den ersten Messungen wurde klar, dass die Ammoniakbelastung gleich Null, aber die Feinstaubbelastung durch die Stroheinstreu sehr hoch ist. Daraufhin haben wir eine Sprühanlage installiert, die den Staub bindet. Also konnten wir durch genaue Messungen und Beurteilungen sofort reagieren. Vorab wurde von der Firma Schauer, die innovativen Lösungen für tierfreundliche Haltungssysteme in der Nutztierhaltung anbietet, großartige Arbeit geleistet und in enger Zusammenarbeit mit der HBLFA Raumberg-Gumpenstein wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt. Wir sind jedenfalls zuversichtlich, dass das Projekt ein Erfolg wird und fühlen uns gut betreut.


Links und weiterführende Informationen zum Projekt finden Sie in der Projektdatenbank des Netzwerks Zukunftsraum Land sowie in der Broschüre der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT).