GIS-ELA und die Hürden im Umgang mit Geo-Informations-Systemen

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07.12.2021

Geo-Informations-Systeme für teilflächenspezifische Bewirtschaftungsmethoden zur Effizienzsteigerung und Ökologisierung in der österreichischen Landwirtschaft (GIS-ELA)

Während Precision Farming, die daten-gestützte Präzisionslandwirtschaft, - weltweit an Bedeutung gewinnt, wird sie in Österreich erst wenig genutzt. Das Projekt der Operationellen Gruppe „GIS-ELA" möchte im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP-AGRI) hier Abhilfe schaffen und diese Zukunftstechnologie weiter verbreiten: Dabei werden in Kooperation mit Pilotbetrieben Methoden zur Erstellung und Nutzung von Ertragspotenzial- und Applikationskarten in der landwirtschaftlichen Praxis entwickelt, um konkrete Einsatzmöglichkeiten von Precision Farming-Technologien für österreichische Betriebsstrukturen zu definieren. Das generierte Wissen zu teilflächenspezifischen Wirtschaftsweisen sowie konkrete Anwendungstipps werden veröffentlicht, um so das Bewusstsein für das wirtschaftliche und ökologische Potenzial von Precision Farming-Systemen zu stärken.

Bisher wirkten sich hohe Anschaffungskosten für die technische Ausstattung und die Inanspruchnahme von Dienstleistungen für das Generieren von Applikationskarten als hemmend für den Gebrauch von Geoinformationssystemen aus. Auch mangelt es an unabhängigen Vergleichen der angebotenen Verfahren und Produkte am Markt. Zudem wird der Nutzen von Precision Farming-Systemen noch vielfach bezweifelt oder zu wenig gewürdigt, zum Beispiel im Zusammenhang mit ökologischen Effekten nach den Vorgaben des österreichischen Programms für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL).

Hier setzt das Projekt an und will - unter Bedachtnahme auf die kleinstrukturierte und heterogene Landwirtschaft in Österreich - Methoden für Precision Farming entwickeln und den Landwirtinnen und Landwirten zur Verfügung stellen. Hauptzielgruppe sind die österreichischen Ackerbaubetriebe. Ebenso wird die Anwendbarkeit auf Grünlandbetrieben erprobt. Langfristig soll der Einsatz von Precision Farming-Technologien zu einer effizienteren Nutzung von Betriebsmitteln wie Dünger, Pflanzenschutzmitteln und Kraftstoffen bei gleichzeitiger Umweltentlastung führen.


Netzwerk Zukunftsraum Land hat mit dem Projektkoordinator der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, Stefan Polly, und dem Landwirt Thomas Riegler über ihre Erfahrungen und die Projektergebnisse gesprochen.


Herr Polly, welchen Problemstellungen stehen Landwirtinnen und Landwirte in Bezug auf Geoinformationssysteme für teilflächenspezifische Bewirtschaftungsmethoden zur Effizienzsteigerung und Ökologisierung in der österreichischen Landwirtschaft gegenüber?
Teilflächenspezifische Bewirtschaftungsmethoden, wie etwa die Verwendung von Applikationskarten, bieten viele Vorteile. Sie ermöglichen unter anderem eine dem Bedarf der Pflanzen entsprechende Ausbringung von Betriebsmitteln bei gleichzeitiger Vermeidung von Überdüngung. Dies hat vor allem positive Umweltaspekte. Die dafür erforderlichen Anschaffungen sind für kleinstrukturierte landwirtschaftliche Betriebe, wie wir sie in Österreich häufig vorfinden, oftmals zu teuer, die technischen Lösungen zu komplex oder es mangelt an entsprechendem Wissen und entsprechender Praxiserfahrung, sowohl in der Ausbildung als auch in der Beratung.

Worin sehen Sie im Projekt „GIS-ELA" konkretes Potenzial für die Anwendung in der Praxis? 
Durch das Projekt können nun zwei Softwarelösungen für Landwirtinnen und Landwirte zur Verfügung gestellt werden. Mit dem GISELA Fertilizer Plug-In wurde eine Vereinfachung und Automatisierung der Kartengenerierung geschaffen. Grundlage für die Applikationskarten sind kostenlose Satellitenbilder. Im Feldeinsatz können die generierten Karten in der ebenfalls entwickelten mobilen GIS-ELA-App einfach am Traktor verwendet werden. Mit diesen zwei Tools wird es nun Betrieben ermöglicht, mit ihrer bestehenden Technik teilflächenspezifische Bewirtschaftungsmethoden anzuwenden. 

Sie koordinierten das Projekt „GIS-ELA“. Welche wesentlichen Erkenntnisse oder Empfehlungen aus dem Projekt konnten Sie ableiten?
Die Ergebnisse der Feldversuche auf den Pilotbetrieben haben gezeigt, dass die Satellitenbilder von der Abschlussdüngung mit dem späteren Ertrag hoch korrelieren. So können die Pflanzen bedarfsgerecht versorgt und die Auswaschung von überschüssigem Stickstoff verringert werden. Um langfristigere Ergebnisse zum Thema teilflächenspezifische Düngung zu erhalten, werden die Feldversuche auch nach Ablauf des Projektes weitergeführt. 

Herr Riegler, Sie sind als Landwirt Teil der Operationellen Gruppe „GIS-ELA“ und haben das Projekt umgesetzt. Was würden Sie auf Basis Ihrer Erfahrungen anderen Landwirtinnen und Landwirten raten?
Um in die Umsetzung von teilflächenspezifischen Maßnahmen einzusteigen, ist es meiner Meinung nach zuerst wichtig, sich über die Grundlagen der teilflächenspezifischen, pflanzenbaulichen Strategien zu informieren. Hier gibt es mittlerweile eine Vielzahl an qualitativ hochwertigen Fortbildungsveranstaltungen. Mit dem nötigen Hintergrundwissen ist eine Umsetzung (oder zumindest ein erster Einstieg) am eigenen Betrieb dann meist bereits ohne technische Investition möglich. Erst im zweiten Schritt sollte dann eine Investition in ein technisches Gerät angedacht werden.

Was können Sie langfristig aus dem Projekt mitnehmen? Was werden Sie beibehalten?
Das Projekt hat gezeigt, dass eine Umsetzung von teilflächenspezifischer Düngung technisch gesehen keine allzu große Hürde mehr darstellt. In der Anwendung von Applikationskarten konnte in der Projektlaufzeit gezeigt werden, dass eine teilflächenspezifische Düngung funktioniert und nach mehrjähriger Anwendung volles Vertrauen in die Applikationskarten vorliegt. Im Projekt wurden wertvolle Versuchsergebnisse erzielt, woraus Formeln für die Strategie der Düngemengenanpassung abgeleitet wurden. Diese Formeln über die Regelungsstrategie werde ich in Zukunft sicherlich weiterverwenden.

Wie waren Ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit zwischen Praxis und Wissenschaft und worin sehen Sie die größten Vorteile dieser Zusammenarbeit?
Der große Nutzen dieser Kooperation war die Aufgabenteilung. Die Versuche wurden von den teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirten angelegt und teilweise auch betreut, wobei hier der Zeitaufwand ein vertretbares Ausmaß nicht überschritt. Die Erhebung der Versuchskennzahlen (Ertrag, Bestandesdichte etc.), die Auswertung und Weiterverarbeitung der Daten wurde von der Wissenschaft übernommen und dann direkt wieder in anwendbarer Form den Betrieben für das nächste Jahr zur Verfügung gestellt.

Weiterführende Informationen zum Projekt (Flyer, Handbuch, Endbericht) finden Sie in der Projektdatenbank des Netzwerks Zukunftsraum Land. Ein Video zum EIP-Projekt „GIS-ELA" steht ebenfalls online zur Verfügung.