5.–6. September 2019

Beitrag der Alm- und Berglandwirtschaft zu Naturschutz und Klimawandeleindämmung

Themenbereich
Land & Forst

Ziel der Veranstaltung

Mit dem Thema der Klimawandeleindämmung und des Naturschutzes durch die Alm- und Berglandwirtschaft beschäftigten sich Expertinnen und Experten und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im Nationalparkzentrum in Mallnitz. Im Nationalpark Hohe Tauern befinden sich 279 Almen mit rund 14.000 GVE.

Martin Schönhart von der Universität für Bodenkultur führte aus, dass es massive Anstrengungen braucht, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Die Erderwärmung ist Faktum, die Notwendigkeit, den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen wie CO2 oder von Methan muss reduziert werden. Der Boden ist dabei ein ganz wichtiger CO2 Speicher. Aus Sicht des Klimas wäre eine 2-Schnitt-Nutzung mit Festmistdüngung am Grünland ideal. Zu Diskussionen regte die Aussage an, dass aus Klimasicht bessere Standorte geringere Treibhausemissionen aufweisen als extensive. Der Schluss daraus: zu Eindämmung der Erderwärmung wäre Wald statt extensiver Grünlandnutzung die bessere Alternative.
Im Rahmen dieser Veranstaltung werden klimawandelbedingte Herausforderungen für die Almwirtschaft aufgezeigt, die Bedeutung der Almbewirtschaftung für den Erhalt von naturschutzfachlich wertvollen Flächen erörtert und die Abmilderung von Klimawandelfolgen und mögliche Anpassungsstrategien diskutiert. Durch das Vorstellen unterschiedlicher Ansätze und Projekte sowie das Vernetzen der verschiedenen Akteurinnen und Akteure im Fachbereich wird ein Informations- und Erfahrungsaustausch angeleitet. 

Roland Kaita von der Universität für Bodenkultur beschäftigte sich mit dem Thema der Auswirkungen der Klimaveränderung auf Naturgefahren. Aus den Aufzeichnungen und Messungen zeichnen sich hier recht klare Szenarien ab. Lawinen, Felsabbrüche und Muren werden durch den Anstieg der Klimaextreme ebenso wäre in Zukunft mit mehr Hochwasser und Muren durch die häufiger werdenden Starkregen zu rechnen sein, mehr Steinschläge werden den alpinen Raum gefährlicher machen. Wo der Wald auf Almen mehr wird, wird das Wasser weniger (Wald bindet mehr Wasser).

Peter Frank von der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft in Landeck stellte die KLAR! Klimawandelanpassungsregion Kaunergrat vor. Sechs Gemeinden mit 6.800 Einwohnerinnen und Einwohnern und einer Fläche von 285 km² haben sich zusammengeschlossen und setzen Projekte um, die auf Bewusstseinsbildung und auf die Klimawandelanpassung ausgerichtet sind. Die Temperaturerwärmung macht 1,5°C aus, der Vegetationsbeginn hat sich um zehn Tage nach vorne verschoben. Die Anzahlt der Hitzetage steigt, ebenso auch der Niederschlag. Das Thema Wasser als wertvolles Gut und als Sicherung der Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen wird intensiv diskutiert. Die Zukunft der Almen wird ausführlich besprochen. Almen bilden eine wichtige Futtergrundlage, sie sind Lebensraum für Tiere und Pflanzen und sie sind Erholungsraum. Durch den Klimawandel steigt die Waldgrenze, der Bürstling und Zwergsträucher nehmen zu. Das Weidemanagement auf den Almen muss sich daher entsprechend anpassen. Auf Projektalmen im Chiemgau, die von DI Steinberger betreut werden, werden interessante Inputs eingeholt.

Siegfried Steinberger von der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft geht auf die standortangepasste Alm- und Berglandwirtschaft ein. Er stellt für Österreich fest, dass die Almflächen stärker zurückgehen als die Auftriebszahlen. Seine Kernaussage: „Das Futterangebot muss dem Verzehr entsprechen.“ Wenn die Auftriebszahlen sinken, sind Schwenden oder Roden sinnlos, weil die Tiere das Futterangebot nicht fressen können und Verbuschung der nicht abgeweideten Flächen die Folge ist. Die wichtigsten Folgen der Klimaveränderung: es wächst mehr Futter auf den Almen (bei Versuchen in Bayern ein Plus von 40 – 60% gegenüber 1960); die Vegetation setzt um 2 – 3 Wochen früher ein und die 2 GVE-Beschränkung ist in Österreich almfeindlich, weil sie ein den Klimaveränderungen angepasstes Almmanagement verhindert. Wie können die Almbauern darauf reagieren: Früherer Almauftrieb – Tierzahlen an Fläche und Futter anpassen – Gelenkte Weideführung (Koppeln) mit einer Weideruhe von 5 – 6 Wochen. Kurzrasenweideflächen auf den Almen sollen verhindert werden, weil ansonsten andere Almteile nicht abgefressen werden und mit Bürstling, Heidelbeeren, Almraum und Wacholder verbuschen.

Andreas Bohner von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein betrachtete den Einfluss der Alm- und Berglandwirtschaft auf die Biodiversität im Alm- und Berggebiet. Die 7.910 Almen machen in Östereich 12% der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus (316.122 ha). Die Biodiversität hängt von vielen Parametern ab – besonders wichtig ist der Boden, aber auch die Nutzung. Eine optimale Pflanzenvielfalt ist dort zu finden, wo die Almen mit einer mittleren Intensität (und damit mit mittlerem Stress) bewirtschaftet werden. Auf extrem extensiven Flächen kommt es zu einer Reduktion der Pflanzenarten – genau wie auf sehr intensiv genutzten Flächen. Wichtig sind hier Zeigerpflanzen wie z.B. der Bürstling auf besonders sauren Böden (pH unter 5) oder der Almampfer bei Kalium- und Stickstoffüberschüssen. Zur Frage der Düngung auf Almen meint Dr. Bohner: wenn auf den Almen gedüngt wird, sollte Festmist oder Kompost eingesetzt werden (Gülle und Jauche würden durch mehr Kalium den Ampfer fördern). Die Almen fördern je nach Standort und Nutzung die Vielfalt; weniger Almen heißt auch weniger Vielfalt. Almen haben einen hohen Naturschutzwert, sie gestalten unseren Kulturraum und sind positiv für die Vielfalt von Insektenarten, Pflanzenarten, Wild- und Nutztiere, die Landwirtschaft und den Tourismus.

Andrea Obweger vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, Abteilung II/3, bringt den Stand der Diskussionen zur GAP 2020+ ein. Momentan steht der Finanzrahmen noch nicht fest, aber es zeichnen sich Tendenzen ab, wie etwa, dass die Mitgliedstaaten mehr Spielraum haben sollen und dass man auf eine zielorientierte Förderung umstellen will. Das neue Programm wird vermutlich 2022 wirksam werden. Im Raum steht eine Kürzung der Mittel in der Säule I von 4% und in der Säule II von 15%. Für die Almen wird wichtig werden, dass voraussichtlich ein neues automatisiertes Flächenerfassungsmodell zur objektiven Flächenfeststellung kommen wird (wird momentan geprüft). An Maßnahmen zur zielgerichteten Almförderung wird gearbeitet. Dazu werden Arbeitsgruppen eingerichtet.

Am zweiten Tag trotzten wir dem schlechten Wetter und wurden vom  Nationalpark-Ranger Nikolaus Eisank auf die Jamnig-Alm (1.748)geführt. Die Alm geht bis auf 2.400 m, hat ein Ausmaß von 1.500 Hektar mit 400 Hektar Futterfläche und es werden ca. 200 Rinder aufgetrieben (120 GVE). Hier erklärt uns Nikolaus die Alm; dass auf einem Teil früher Almmähder waren, dann Brache und jetzt Rinder gealpt werden. Die Almen sind teils privat und teils Gemeinschaftsalmen. In diesem Bereich wurde in der Vergangenheit eine Schischaukel mit Sport Gastein überlegt, was aber damals abgelehnt wurde und die Bildung des Nationalparks erleichterte. Das Gestein und der Boden ermöglichen eine große Pflanzenvielfalt. Für die Almbewirtschaftung werden den Auftreibern 40 € pro GVE zusätzlich bezahlt. Es dürfen maximal 1,3 GVE pro Hektar Futterfläche gehalten werden. Es werden Zahlungen im Rahmen von Vereinbarungen (Vertragsnaturschutz) getätigt, so werden den Grundeigentümer für Nichtbeweidung (Brache) 9,9 € pro Hektar bezahlt, bei extensiven Schafweiden 6,6 € pro Hektar (dabei dürfen maximal 60% des Futterangebotes genutzt werden). Jagd: der Nationalpark hat insgesamt eine Fläche von 25.000 Hektar von den Grundeigentümern gepachtet und bezahlt dafür einen Jagdpachtschilling von 10 € pro Hektar und zusätzlich 4 € pro Hektar als Vorvertragsentgelt (die Jagdperiode dauert 10 Jahre).

Susanne Aigner stellte uns in Vertretung von Frau Barbara Steurer in der Stockerhütte zwei Projekte vor, die für die Almwirtschaft interessant sind.

Futtervielfalt auf Almen: hier haben insgesamt 40 Almen teilgenommen. Dabei werden auf den teilnehmenden Almen Versuchsflächen von 10 x 10 Meter ausgesteckt und dann verschiedene Versuche durchgeführt. So probiert der Eigentümer verschiedene Methoden und dokumentiert die Umsetzung und die Ergebnisse. Die Versuchsflächen betreffen z.B. Mähtermine oder die Düngung.

(Nachbericht: Rudolf Grabner, LK Steiermark)

Ort der Veranstaltung:
Nationalpark Hohe Tauern Kärnten
Besucherzentrum Mallnitz
Mallnitz 36
9822 Mallnitz
https://hohetauern.at/de/erlebnis/details/128-geotrail-tauernfenster-das-geheimnis-der-alpen.html



Veranstalter:
Netzwerk Zukunftsraum Land LE14-20
c/o Landwirtschaftskammer Österreich | 1015 Wien

Kontakt:

Netzwerk Zukunftsraum Land LE14-20
Susanne Schönhart
+43/1/53441-8771
susanne.schoenhart@zukunftsraumland.at

Ort der Veranstaltung

Nationalpark Hohe Tauern Kärnten
Besucherzentrum Mallnitz
Mallnitz 36

Veranstalter

Netzwerk Zukunftsraum Land LE14-20
c/o Landwirtschaftskammer Österreich, 1015 Wien


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