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Agrarkultur Gutshof Heidensand

Entwicklung, Erprobung und Implementierung von arbeitsmarktorientierten Integrations- und Green-Care-Projekten im landwirtschaftlichen Beschäftigungssektor am Praxisbeispiel Gutshof Heidensand

Themenbereich
Land- und Forstwirtschaft inkl. Wertschöpfungskette
Innovation
EIP-AGRI

Untergliederung
Landwirtschaft
Landwirtschaftliche Dienstleistungen
Kurze Versorgungsketten
Jugend
Forstwirtschaft
Direktvermarktung
Chancengleichheit
Boden
Biodiversität
EIP Europäische Innovationspartnerschaft
Innovation
Wissenstransfer
Nahversorgung
Soziale Dienstleistungen
Integration & Soziale Inklusion
Lebensmittelverarbeitung

Projektregion
Vorarlberg

LE-Periode
LE 14–20

Projektlaufzeit
01.07.2018-31.12.2021

Projektkosten gesamt
453.142,72

Fördersumme aus LE 14-20
321.444,49

Massnahme
Zusammenarbeit

Teilmassnahme
16.2 Förderung für Pilotprojekte und für die Entwicklung neuer Erzeugnisse, Verfahren, Prozesse und Technologien

Vorhabensart
16.02.1. Unterstützung bei der Entwicklung neuer Erzeugnisse, Verfahren & Technologien der Land-, Ernährungs- & Forstwirtschaft

Projektträger
OG AGRARKULTUR Gutshof Heidensand

Kurzbeschreibung

2017 gab es am Heidensand ein Bildungsprogramm mit Bezug zu Natur und Landwirtschaft. Daraus entstand die Projektidee für das Projekt und 2018 starten wir mit dem EIP AGRI-Projekt für Langzeitarbeitslose, Flüchtlinge und Jugendliche. Leitgedanke des „EIP-AGRI Projektes war, eine Bildungsstätte für langzeitarbeitslose, niedrigqualifizierte und arbeitsuchende Menschen anzubieten. Der fast 100 Jahre alte Gutshof Heidensand wurde revitalisiert und eine neuartige Kooperation zwischen INTEGRA und den ansässigen Biobäuerinnen und Biobauern etabliert. Mittels Qualifizierung sollten saisonal bedingte Engpässe in der Landwirtschaft ausgeglichen werden. Vorrangig wurde jedoch für die Teilnehmenden ein angenehmes Arbeitsumfeld geschaffen, in dem sie naturverbundene, einfache Aufgaben erfüllen konnten, was zur Erhaltung und Verbesserung des sozialen, psychischen und körperlichen Wohlbefindens und der Lebensqualität beiträgt. Anleitung- und Begleitung bei der täglichen Arbeit stand im Vordergrund.

Ausgangssituation

Die Situation am Arbeitsmarkt, insbesondere für niedrigqualifizierte und bildungsferne Personen, ist schwierig und die Arbeitssuche gestaltet sich für diese Zielgruppe problematisch. Gleichzeitig gibt es zu wenig landwirtschaft-liche Fachkräfte am Arbeitsmarkt, wie die Landwirtschaftskammer und die landwirtschaftlichen Betriebe beklagen. Diese Problematik sollte mit dem Projekt AGRARKULTUR Gutshof Heidensand durch Entwicklung, Erprobung und Implementierung von arbeitsmarktorientierten Integrations-Projekten im landwirtschaftlichen Beschäftigungssektor behoben werden. Die unqualifizierten Arbeitskräfte wurden in Trainings- und Qualifizierungsprogrammen bei der regionalen Erzeugung von Nahrungsmitteln weiterbildet, mit dem Ziel diese nachhaltig zu integrieren und in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Mittels Ansätzen aus Green Care und im Zusammenhang mit Pädagogik, Therapie, Beschäftigung, Training, Bildung und Betreuung wurden die Teilnehmenden Personen unterstützt. Einen besonderen Fokus legt das Projekt dabei auf den gemeinnützigen und sozialökologischen Bereich.

Ziele und Zielgruppen

Die Initiativen sprechen Personen aus allen Schichten, Ethnien und mit den unterschiedlichsten Beeinträchtigungen an. Soziales und Landwirtschaft zusammen, schaffen einen Mehrwert für die Gesellschaft. Die Mehrheit der Teilnehmenden ist von langen Phasen der Arbeitslosigkeit betroffen und soll durch einen Mix aus Lernen und Arbeiten wieder besser integriert werden können. Die Bildungs- und Beschäftigungsprogramme beinhalten begleitend eine individuelle Sozialbetreuung und Vermittlungsunterstützung. Geduld und Durchhaltevermögen, aber auch Erfolgserlebnisse bei der Ernte sind Erfahrungen, die die Teilnehmenden beim Wachstumsprozess erleben können. Von den Abläufen in der Natur können die Teilnehmenden viel lernen und ins eigene Leben übertragen. Gesundheitsförderung und körperliche Ertüchtigung durch regelmäßige Bewegung an der frischen Luft spielen ebenfalls eine große Rolle. Stresssymptome und Schlafstörungen konnten hier vielfach gelindert werden. Die Auseinandersetzung mit Ernährungsfragen wird automatisch durch das Tun vermittelt. Mit den Bedingungen und Möglichkeiten am Gutshof Heidensand können die verschiedenen Anforderungen der Integrationsprogramme bestens realisiert werden. Der große Vorteil ist, dass die Tätigkeiten in der Landwirtschaft in der Regel als sinnvoll empfunden werden und dies natürlich auch sind. Die Arbeit in der Natur entschleunigt, erdet und wird nicht durch die abstrakte Technik, sondern ganz unmittelbar durch den Rhythmus der Natur bestimmt.  Gegen Ende des Projektes wurde die Zielgruppe maßgeblich erweitert. Um auch jungen Erwachsenen zwischen 15 und 24 Jahren eine Teilnahme im Projekt zu ermöglichen, wurde eine Kooperation mit dem Ausbildungs-Fit (SMS) eingegangen und so der Fortbestand des Projektes gesichert.

Projektumsetzung und Maßnahmen

Insgesamt wurden zwei grundlegende Phasen durchgeführt, welche die folgenden Maßnahmen und Ziele beinhalten: 1.   Konzeption / Entwicklung / pilothafte Erprobung / Test (Juli 2018 bis 2019) Regelmäßiger Austausch in der Operationellen Gruppe und der strategischen Partnerschaft, Recherche und Exkursionen zu ähnlichen Projekten, Dokumentation und Reflexion, aus welcher eine Handlungsanleitung und der Leitfaden konzipiert werden. Die operationelle Gruppe bestehend aus: Bodensee Akademie, Dornbirn INTEGRA Vorarlberg, Wolfurt/Lustenau FH Vorarlberg Des Weiteren ist das AMS Vorarlberg, das Land Vorarlberg, die Landwirt-schaftskammer Vorarlberg und die Marktgemeinde Lustenau als system-relevante, strategische Player eingebunden. 2.   Implementierung (2020 bis 2021) Fachaustausch und Einarbeitung der Erfahrungen in die tägliche Arbeit mit den Teilnehmenden durch Aktivitäten und Methoden auf verschiedenen Ebenen. 3. Leitfaden, Finalisierung und Endevaluation.

Ergebnisse und Wirkungen

Der Gutshof Heidensand soll Vorbild für die Entwicklung neuer Kooperations-formen sein: Aus der Strukturentwicklung und dem Test dieses Projektes, welches die Brücke zwischen Landwirtschaft und Sozialprojekt schlägt, sollen Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, wie eine nachhaltige Kooperationsform und Landwirtschaft konzipiert werden kann, die Menschen mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen integriert. Des Weiteren erfolgt der Anbau und die Erzeugung auf biozertifizierter Basis und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Nahversorgung der Bevölkerung, wodurch CO2 reduziert werden kann und klimafreundlichere Prozesse gewährleistet werden. Aus den erwarteten Kooperationsmöglichkeiten und Erfahrungen ist schlussendlich ein Leitfaden mit Handlungsempfehlungen enststanden, der vlt. anderen helfen kann. Die Einführung von arbeitsmarktorientierten Arbeits- und Bildungsprojekten im landwirtschaftlichen Beschäftigungssektor, die Rahmenbedingungen, Handlungsempfehlungen und kritische Erfolgsfaktoren können zukünftig die Arbeit erleichtern und so einen Beitrag zur Arbeitsbewältigung im landwirtschaftlichen Sektor leisten. Im ersten Projektjahr wurde die Kooperation mit zwei Landwirten, die ebenfalls Flächen des Gutshofs Heidensand gepachtet haben, gestartet. Langzeitarbeitslose, die im Sozialprojekt beschäftigt waren, wurden auf den Flächen der Landwirte eingesetzt um personalintensive Arbeitsspitzen auf den Landwirtschafts-betrieben auszugleichen. Sie halfen bei Ernte- und Jätarbeiten. Die Kooperation wurde in der Saison 2018 gestartet, und 2019 weiter ausgebaut und optimiert. Ab dem Frühjahr 2019 wurden Interviews mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Pojektes geführt um herauszufinden welchen Effekt die Arbeit in der Natur auf die Personen hat bzw. welche Verbesserungsmöglichkeiten bestehen.

Erfahrung

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die größte Herausforderung im Projekt der ständige Einfluss von unberechenbaren Faktoren wie z.B. dem Wetter, den Befindlichkeiten der Teilnehmenden, den politischen Entwick-lungen, dem Wohlwollen Gemeinde, den wechselnden internen Projektleitungen und natürlich die Pandemiebedingten Ausnahmesituation, ein Gelingen des Projektes sehr stark beeinflusssen können.    Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in Projekten sind häufig gesundheitlich angeschlagen und leiden unter psychischen oder körperlichen Beschwerden, die zum Teil auch ihre Langzeitarbeitslosigkeit begründen. Aus diesem Grund ist es wichtig, einen Stundensatz für die Arbeitseinsätze bei den Landwirten festzu- legen, der berücksichtigt, dass mit den Personen des Sozialprojekts nicht die selbe Leistung erzielt werden kann wie mit gesunden Personen. Hier einigte man sich z.B. teilweise auf den Ausgleich mittels Ernteprodukten, welche die Landwirte im Überschuss hatten und das Sortiment des Sozialprojektes erweiterten. Jene Personen, die im landwirtschaftlichen Sozialprojekt von Integra am Gutshof Heidensand beschäftigt werden, wurden u.a. vom Arbeitsmarktservice vermittelt. Durch die massive Verringerung des AMS-Budgets verkürzte sich zum Einen die Aufenthaltsdauer der Teilnehmenden im Projekt und zum Anderen wurden dem Gutshof weniger Personen vermittelt, da die Finanzierung für deren Beschäftigung nicht gegeben war. Dies stellte die Arbeitsassistenz, welche die Koordination und Arbeitsanleitung der Projektteilnehmenden übernahm vor große Herausforderungen, da die Einschulung  der „neuen“ viel Zeit erforderte und wenig Personal bei gleichbleibender Arbeit vor Ort war. Auch wenn die Ursprungsidee, im besonderen die Zielgruppe verändert bwz. während der Projektlaufzeit erweitert wurde, kann abschließend zusammengefasst werden, dass die Umsetzung des EIP-AGRI-Projektes eine enorme Bereicherung war. Die ursprünglichen Ziele wurden zwar nicht zur Gänze erreicht, es konnte jedoch ein Ort geschaffen werden, der für Menschen mit Schwierigkeiten unterschiedlichster Art Raum bietet und neben dem Ziel der Teilqualifizierung, auch das persönliche Wachstum gefördert werden konnte. Das Agrarprojekt hat gezeigt, dass es möglich ist, ökologisch und sozial verantwortliche landwirtschaftliche Praktiken zu implementieren, die sowohl den Bedürfnissen der Umwelt als auch den Bedürfnissen der Gemeinschaft entsprechen, und dass Landwirtschaft nicht nur ein Wirtschaftszweig, sondern auch ein Mittel zur Stärkung der Gemeinschaft ist. Das Projekt Heidensand zeigt auch, dass es in der Landwirtschaft immer noch Raum für Innovation und Fortschritt gibt. Durch die kreative Herangehensweise in der Landwirtschaft und in der Zusammenarbeit mit anderen Landwirten hat sich gezeigt, dass es möglich ist, eine nachhaltigere und effektivere Landwirtschaft zu betreiben. Die Zielgruppe konnte erweitert werden und das Angebot somit einer größeren Gruppe Menschen zur Verfügung gestellt werden. Mit dem Projekt Ausbildungs-Fit vom Sozialministerium wurde das Angebot für junge Menschen in der beruflichen Orientierung bis zum 21. bzw. 24. Lebensjahr erweitert. Dies wiederum ermöglicht auch nach Ablauf des EIP-Projektes den Fortbestand des Gutshofs Heidensand. Wir hoffen, dass unsere Arbeit dazu beitragen wird, andere Landwirte und Gemeinden zu inspirieren, ähnliche Projekte in ihren eigenen Gemeinden umzusetzen. Heidensand ist ein Beispiel dafür, wie wir als Gesellschaft nachhaltige Landwirtschaft betreiben und gleichzeitig die Bedürfnisse unserer Gemeinschaft erfüllen können. Durch das Projekt konnten viele Personen in eine Arbeitsstelle integriert werden und Ressourcen erhalten bzw. ausgebaut werden.

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