Raumberg-Gumpenstein

SaLuT – Saubere Luft in der Tierproduktion

Maßnahmen und Technologien zur Minderung der Emissionen sowie der Verbesserung des Tierwohls in der Mastschweinehaltung

Themenbereich
Innovation
EIP-AGRI

Untergliederung
Tierwohl
Luftreinhaltung
Umweltschutz
Klimaschutz
EIP Europäische Innovationspartnerschaft
Landwirtschaft

Projektregion
Steiermark

LE-Periode
LE 14–20

Projektlaufzeit
2020-2023 (geplantes Projektende)

Projektkosten gesamt
434795

Massnahme
Zusammenarbeit

Teilmassnahme
16.1 Förderung für die Einrichtung und Tätigkeit operationeller Gruppen der EIP "Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit"

Vorhabensart
16.01.1. Unterstützung beim Aufbau & Betrieb operationeller Gruppen der EIP für lw. Produktivität & Nachhaltigkeit

Projektträger
ARGE SaLuT

Kurzbeschreibung

Hohe Emissionen und damit verbundene Konflikte mit Anrainerinnen und Anrainern stellen die österreichische Tierproduktion vor die Herausforderung, umweltverträgliche und gleichzeitig dem Tierwohl entsprechende Haltungssysteme umzusetzen. Mit Emissionsmessungen im ersten emissionsarmen Tierwohlstall für Mastschweine in Österreich wird das Einsparungspotential der Emissions- und Geruchsbelastung untersucht. Die Ergebnisse werden einerseits Möglichkeiten für Neuerungen und Investitionen in der Tierproduktion aufzeigen, die die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Tierproduktionsbetriebe in der EU absichern. Andererseits entkräften sie auch die kritischen Vorbehalte von Anrainerinnen und Anrainern, sodass behördliche Genehmigungsverfahren für Stallneubauten in Zukunft schneller abgewickelt werden.

Ausgangssituation

Bisher sind die Emissionen vieler Tierproduktionsbetriebe, insbesondere der Schweinemast, hoch. Sie machen ein Drittel der gesamten Treibhausgasemissionen, die durch die Landwirtschaft freigesetzt werden, aus und führen häufig zu Konflikten zwischen tierhaltenden Betrieben und Anrainerinnen und Anrainern in den angrenzenden Siedlungsgebieten. Die beträchtlichen Geruchsemissionen sind auch die Hauptursache für oft jahrelange behördliche Genehmigungsverfahren mit letztlich negativer Beurteilung. Diese Situation hat zu einem massiven Einbruch bei den Tierzahlen geführt und gefährdet in nächster Zeit die Eigenversorgung Österreichs mit Schweinefleisch. Maßnahmen zur Emissionsreduktion sind daher dringend gesucht und auch gesetzlich gefordert. Dieses Projekt befasst sich mit praktischen Maßnahmen und Technologien zur Minderung der Emissionen sowie zur Verbesserung des Tierwohls im ersten emissionsarmen Tierwohlstall für Mastschweine in Österreich und erstellt wissenschaftlich fundierte Aussagen zu Emissionseinsparungspotentialen.

Ziele und Zielgruppen

  • Reduktion der Ammoniak- und Staubemissionen sowie der Geruchsbelastung in der Tierproduktion und quantifizierbare Aussagen zu den Emissionsreduktionspotentialen
  • Verbesserung des Tierwohls in Schweinemastställen unter Einbindung der gesetzlich implementierten Fachstelle für Tierhaltung und Tierschutz
  • Abbau bestehender bzw. Vermeidung zukünftiger Interessenskonflikte mit Anrainern und Anrainerinnen sowie Tierschützer und Tierschützerinnen 
  • Mittel- bis langfristige Sicherstellung der Eigenversorgung mit Schweinefleisch in Österreich

Hauptzielgruppe sind die österreichischen Landwirtinnen und Landwirte mit Schweinemastbetrieben.

Projektumsetzung und Maßnahmen

Die Operationelle Gruppe setzt sich aus Vertretern der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein, der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT), der Familie Neuhold (Schweinebetrieb), der Firma Schauer Agrotronic GmbH und der Firma Lorber & Partner GmbH zusammen. Sie versteht sich als Arbeitsgemeinschaft.

Im Mittelpunkt des Projektes steht die wissenschaftliche Begleitung von Planung, Bau und Betrieb des ersten emissionsarmen Tierwohlstalls für Mastschweine in Österreich durch die HBLFA Raumberg-Gumpenstein am Betrieb der Familie Neuhold. Für dieses neuartige Stallsystem lagen bislang noch keine Kennzahlen zu Emissionseinsparungspotentialen vor.

Wesentliche Projektschritte sind

  • Laufende Messungen im neuen Maststall der Familie Neuhold zur Feststellung des Emissionseinsparungspotentials bei Einsatz modernster Techniken
  • Aktive Einbindung von Stakeholdern, die der konventionellen Schweinemast kritisch gegenüberstehen, um über dieses Best Practice-System zu informieren
  • Disseminationsaktivitäten der Ergebnisse, z.B. Informationsmaterialien, Fachbeiträge für Netzwerke, Zeitschriften und bei Tagungen, Pressearbeit, Exkursionen und Betriebsbesichtigungen

Seit November befindet sich der Stall in Vollbetrieb. Seitdem wurden umfangreiche Erhebungen in folgenden Bereichen durchgeführt: 

  • Geruchsbelastung 
  • Ammoniakemissionen
  • Tierwohlevaluierung 
  • Stallklima
  • Schallemissionen und -immissionen 
  • Feinstaubbelastung 
  • Bioaerosolaufkommen 
  • Meteorologie 
  • Futtermittel- und Wirtschaftsdüngeruntersuchung 

Darüber hinaus wurde auch eine betriebswirtschaftliche Analyse des Stallsystems durchgeführt. 





Ergebnisse und Wirkungen


Ergebnisse

Im Rahmen der umfangreichen Erhebungen konnten äußerst poitive Ergebnisse erzielt werden, die das große Potenzial des Stallkonzepts aufzeigen.  

Geruchsbelastung: 
  • Es konnte eine Reduktion der Geruchsemission um 95 % gegenüber konventioneller Haltung beobachtet werden.
  • Im Nahbereich von Anrainern und Anrainerinnen ist trotzdem eine sorgfältige Planung erforderlich, da die Emissionen diffus entweichen.

Ammoniakemissionen: 
  • Mit dem Stallsystem wird eine Reduktion der Ammoniakemissionen um 80 % gegenüber Standardfaktor der VDI erreicht. (relevant auch für NEC)

Tierwohlevaluierung: 
  • Das untersuchte Haltungssystem verbessert das Tierwohl maßgeblich (mehr Platz und Funktionstrennung, Einstreu, Zugang zu Außenklima, Reduktion der Spaltbodenfläche, optimiertes Stallklima) 
  • Der systemrelevante Kotwurfschlitz konnte als ausreichend verletzungssicher bewertet werden. 
  • Die beobachtete Tierverschmutzung war insgesamt sehr gering. 
  • Es besteht das Potenzial zur Haltung unkopierter Tiere.

Stallklima:
  • Die Messergebnisse für die relative Luftfeuchte sind sehr
    zufriedenstellend. Aus der geringen Luftfeuchte resultiert ein reduzierter Hitzestress (THI)
  • Der in Beton ausgeführte luftführende Unterbau puffert nicht nur die
    Temperatur sondern vor allem auch die Feuchte, im Sommer wie auch im Winter. 
  • Zuluftvorwärmung am kältesten Tag lag bei 12,3 Kelvin. Es ist davon auszugehen, dass die kühleren Temperaturen nicht nur einen positiven Effekt im Hinblick auf das Tierwohl und die Wirtschaftlichkeit bewirken, es muss dabei zudem darauf hingewiesen werden, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Ammoniakminderung auch durch diese kühleren
    Bedingungen bewirkt wird.
  • Im Hinblick auf die relative Luftfeuchte ergeben sich, sowohl in der kältesten Woche mit bis zu minus 6°C als auch in der wärmsten Woche mit bis zu 36°C, Messdaten die innerhalb aller Empfehlungen gültiger Literatur liegen.
  • Dieses neue Stallsystem kommt in der kalten Jahreszeit zudem gänzlich ohne mechanische Ventilation aus. Der Kohlendioxidgehalt der Stallluft wurde nach Abschalten der Ventilation mit einem Maximum von 3600 ppm gemessen.

Schallemissionen und -imissionen: 
  • Der Vergleich des ermittelten Schall-Emissionsfaktors von LWA,1 Schwein-Ma,SaLuT = 60,9 dB im Tages- und Abendzeitraum entspricht beinahe exakt jenem Wert aus dem Praxisleitfaden Schalltechnik in der Landwirtschaft (LW,1 Schwein-Ma,TA = 61,0 dB) für zwangsbelüftete Mastschweinestallungen (UBA, 2013)
  • Der Immissionseintrag ist verglichen mit einem zwangsbelüfteten Stall geringer
  • Emissionsarme Tierwohlställe der untersuchten Bauweise sind zwar schalltechnisch nicht ganz außer Acht zu lassen (höhere Immissionen im unmittelbaren Nahbereich möglich), zeigen jedoch beim ausbreitungsrechnerischen Vergleich eine geringere flächenhafte Lärmbelastung.

Feinstaubbelastung: 
  • Das Emissionsaufkommen wird beeinflusst von Aktivität der Tiere und den Einstreuvorgängen. 
  • Die Partikelanzahl ist im Herbst/Winter tendenziell höher (Luftrate, Feuchtegehalt der Luft)
  • Partikelanzahl bei unterschiedlichen Einstreumethoden signifikant unterscheidbar. Als Best-Practice-Methode ist die Automatisierung der Einstreutechnik und Entstaubung.

Bioaerosolaufkommen: 
  • Bioaerosolkonzentrationen können in Immission durch Windschwankungen und turbulente Windströmungen fallweise stark differieren
  • Hintergrundwerte können aufgrund anderer Emissionsquellen, wie benachbarte Stallgebäude,
    div. Produktionsstätten oder angrenzende Wege und Straßen, in ihrer Höhe schwanken
  • LA-MRSA verbreiten sich wie auch andere MRSA vorwiegend durch direkten Kontakt bzw. durch
    Schmierinfektionen. Um der Verbreitung von LA-MRSA aus dem Stall durch Schmierinfektionen entgegenzuwirken, sollten die entsprechenden Hygienemaßnahmen eingehalten werden, insbesondere
    beim Verlassen des Stallgebäudes eine ausreichende Hände-Hygiene durchgeführt werden.

Betriebswirtschaftliche Analyse: 
  •  Die Kosten für Tierwohlställe sind zwar hoch, es besteht aber kein eklatanter Abstand zu herkömmlichen Stallungen
  • Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit hat neben der betriebliche Ausgestaltung und Ausnutzung (z.B. m² pro Tier) v.a. auch die Nutzungsdauer (Vermarktbarkeit!).

Wirkungen
  • Das Projekt lieferte erstmals Kennzahlen für dieses neuartige Stallsystem zu den oben genannten Untersuchungsgegenständen.
  • Das Projekt zeigt praxistaugliche Umsetzungsmöglichkeiten zur Umsetzung der der NEC-Richtlinie zur Reduzierung der Ammoniakemissionen im Bereich der Tierproduktion auf.