Gesunde Schulküche

Konzeptentwicklung, Umsetzung und Begleitung für gesunde, schmackhafte und nachhaltige Schulküchen auf Basis regional erzeugter Lebensmittel

Themenbereich
Land- und Forstwirtschaft inkl. Wertschöpfungskette
Kulinarik

Untergliederung
Landwirtschaft
Kulinarik
Lebensmittelverarbeitung
Gastronomie
Gemeinschaftsverpflegung
Kurze Versorgungsketten
Gesundheit
LEADER
Interkommunale Kooperation

Projektregion
Vorarlberg

Lokale Aktionsgruppe
LAG REGIO-V Regionalentwicklung Vorarlberg

LE-Periode
LE 14–20

Projektlaufzeit
13.07.2021-28.02.2023

Projektkosten gesamt
125.741,00 Euro

Fördersumme aus LE 14-20
75.444,30

Massnahme
Förderung zur lokalen Entwicklung (CLLD)

Teilmassnahme
19.2. Förderung für die Durchführung der Vorhaben im Rahmen der von der örtlichen Bevölkerung betriebenen Strategie für lokale Entwicklung

Vorhabensart
19.2.1. Umsetzung der lokalen Entwicklungsstrategie

Projektträger
ARGE Gesunde Schulküche

Kurzbeschreibung

Für die Verpflegung in Schulen und Kindergärten entstand jeweils im Rahmen des Projekts in den Gemeinden Hittisau und Doren im Bregenzerwald eine Frischeküche. Im Zuge von Neubau und Sanierung der Schulen in Hittisau wurde eine Produktionsküche für die Verpflegung von Kindern und Jugendlichen von der Kleinkindbetreuung über Kindergarten, Volks- und Mittelschule bis zur Polytechnischen Schule errichtet. Für die Mittelschule Doren wurde eine eigene Frischeküche aufgebaut, die Volks- und Mittelschule sowie den Kindergarten versorgt. Die Küche im Gemeindesaal wurde dafür ertüchtigt. Beide Schulstandorte verfügen jetzt über eine tägliche Frischeküche, die eine gesunde und genussvolle Versorgung mit saisonalen, regional und nachhaltig erzeugten Lebensmitteln sicherstellt. Die Beschaffung der Lebensmittel erfolgt soweit möglich über eine direkte Beziehung zwischen Landwirtinnen und Landwirten und den Schulküchen. Die Küchenteams der beiden Schullokale tauschen sich regelmäßig aus.

Ausgangssituation

In Hittisau besteht der Schulerhalterverband aus den drei Gemeinden Hittisau, Riefensberg und Sibratsgfäll. Der Verband und baut bzw. saniert bis 2024 Volks-, Mittel- und polytechnische Schule. Zwei Baukörper werden neu errichtet, ein Baukörper wird saniert. Die Gemeinden übernehmen Verantwortung für zukunftstaugliche Entscheidungen: Das spiegelt sich wieder in einer energie- und ressourcenschonenden regionalangepassten Bauweise in Holz. In Doren wurde die aus den 1970er Jahren stammende Mittelschule 2012 nach einer umfassenden Sanierung nach den energetisch und ökologisch sehr anspruchsvollen Kriterien der Mustersanierung eröffnet. Bisher wurde dort extern gekocht und warm angeliefert. Die Gemeinden Hittisau und Doren sind Teil der Klima- und Energiemodellregion Vorderwald sowie des Naturparks Nagelfluhkette und befördern über diese Netzwerke eine Bewahrung der Natur- und Kulturlandschaft sowie eine gemeinsame Energie- und Klimapolitik. Verantwortung übernahm der Schulerhalterverband Hittisau auch für eine gesunde und nachhaltige Verpflegung der Kinder und Jugendlichen: Ende 2020 wurde die ursprünglich geplante Aufwärmküche verworfen und einstimmig für die Errichtung einer Produktionsküche entschieden.

Wesentlich für die Entscheidungen in Doren und Hittisau zu selbst geführten Frischeküchen ist der vollständige Gestaltungsspielraum bezüglich der Qualität und Herkunft der Lebensmittel, der Verarbeitungsweise und der Speiseplangestaltung. Damit kann eine gesunde Verpflegung der Kinder und Jugendlichen sichergestellt werden. Zudem trägt die Verwendung regional und nachhaltig erzeugter Lebensmittel zum Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft sowie zur Sicherung der bäuerlichen Produktion und Beförderung der Kreislaufwirtschaft bei. Die Frischeküchen sollen den Mittagstisch für die Schulen (Volksschule, Mittelschule, Polytechnische Schule) sowie für die beiden Kindergärten und Kleinkindbetreuungen bereitstellen. Das LEADER-Projekt bietet in Doren die Möglichkeit, Projektergebnisse in einen bereits laufenden Betrieb zu übernehmen und hier gleichzeitig für die Neukonzeption in Hittisau zu lernen und Synergien zu nutzen. Die Neueröffnung der Schulen in Hittisau eröffnet die einmalige Chance, von Beginn an hohe Akzeptanz für ein neues regionales Verpflegungskonzept zu erhalten.

Ziele und Zielgruppen

  • Erstellung eines Betriebs- und Verpflegungskonzepts für Schulküchen und Schulrestaurants in Doren und Hittisau mit Versorgung der Kindergärten und Kleinkindbetreuungen, Kostenplanung für beide Standorte
  • Einbindung der Schulküchenphilosophie in das pädagogische Konzept der Schulen
  • Einbindung/Information von Schulerhalterverband, Lehrpersonen, Schülerinnen und Schülern, Eltern und Bevölkerung in die Konzeptentwicklung und Umsetzung
  • Gesunde Schulküche in Doren ab Herbst 2021 und Hittisau ab Herbst 2022 mit Vorbildwirkung für eine gesunde, regionale und nachhaltige Frischeküche in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung
  • Qualitätssicherung im laufenden Betrieb (Menüs, Einbindung der beteiligten Akteure)
  • Abgestimmte Speiseplanung mit regional erzeugten Lebensmitteln (Gemeinde, Region Vorderwald, Land Vorarlberg, Österreich; Erweiterung des Radius je nach Verfügbarkeit der Lebensmittel) nach den Vorgaben einer gesunden, schmackhaften, klimafreundlichen und zielgruppengerechten Verpflegung
  • Austausch zwischen den Schulen in Hittisau und Doren im Sinne einer kollegialen Beratung und Nutzung von Synergien
  • Beachtung von Ressourcen- und Energieeffizienz, Vermeidung von Abfällen
  • Direkte Beziehungen zwischen Landwirtinnen und Landwirten und Küchen mit definierten Qualitätskriterien für die Erzeugung der Lebensmittel
  • Einbindung von Schülerinnen und Schülern in Schulküche und Essensausgabe
  • Steigerung des Bewusstseins für die gegenseitigen Ansprüche zwischen Landwirtinnen, Landwirten und Küchen
  • Steigerung der Wertschöpfung regionaler nachhaltiger landwirtschaftlicher Produktion
  • Impulse zur Diversifizierung in landwirtschaftlichen Betrieben hin zu einer breiteren Produktvielfalt in der Region Vorderwald
  • Kooperation und Synergien mit übergeordneten Institutionen aus Gesundheit, Bildung, Landwirtschaft und Klimaschutz


Projektumsetzung und Maßnahmen

Betriebs- und Verpflegungskonzept
Die Wertehaltung der beiden Schullokale wurde in einem intensiven Prozess interdisziplinär erarbeitet und niedergeschrieben. Das Konzept besteht aus drei Teilen und beschreibt, wie Kochhandwerk und Esskultur gelebt werden. Der Qualitätsleitfaden gilt für beide Standorte und schafft einen Rahmen für eine nachhaltige und gesunde Frischeküche. Die einzelnen Abläufe an den beiden Standorten wurden in Factsheets für die Zielgruppen Küchenteam, pädagogische Betreuung und Verwaltung/Küchenträger festgehalten. Die Factsheets werden regelmäßig durch die Schullokalstandorte aktualisiert und sind Handwerkszeug für die aktiv am Schullokal beteiligten Personen. Dritter Bestandteil des Konzepts ist die Beschreibung der Wort-Bild-Marke LOKAL. Zwei Exkursionen zum Küchenstandort der Esskultur Lustenau lieferten wertvolle Anregungen für das Konzept.

Die Gemeinden der Energieregion Vorderwald wurden regelmäßig über die Entwicklung der Schullokale informiert. Das Energieteam besichtigte das Schullokal Doren. Die Bürgermeister der Region informierten sich bei einem gemeinsamen Mittagessen im Schullokal Doren zusammen mit den Projektmitwirkenden. Erste Gespräche zu „Vorarlberg am Teller“ fanden statt.

Belieferung bis Zubereitung
In Doren wurde im November 2021 mit einem eigenen Küchenteam in der vorhandenen Saalküche begonnen, die Mittagsverpflegung für die Mittelschule frisch zuzubereiten. Dafür wurde eine Köchin gesucht und angestellt. Die Einarbeitung im Rahmen des LOKAL-Konzepts war ebenso Gegenstand des Projekts wie die Beratung zur Ertüchtigung der Kücheninfrastruktur, die Logistik zwischen Saalküche und Ausgabestandort sowie Lieferantensuche und –besuche. Die in Doren gemachten Erfahrungen lieferten in Hittisau wertvolle Hinweise.

In Hittisau galt es, die Küche für eine optimale Verbindung zwischen Restaurant und Küche zu planen. Der Essensausgabebereich ist wichtiger Kommunikationsbereich, die Küche ist vom Restaurant aus gut einsehbar. Die Transparenz des Kochhandwerks manifestiert sich auch in der Verglasung der Küche zum öffentlichen Außenraum. Die Ausstattung des Schullokals mit Geschirr und Möbeln war zu beraten und zu entscheiden. In Hittisau wurde ein Küchenteam neu eingestellt. Der Küchenleiter wurde eingeschult und in der Speiseplanung sowie Optimierung der Abläufe mehrere Monate begleitet. Die Erzeugungsbedingungen verwendeter regionaler Lebensmittel wurden in persönlichen Gesprächen bei den Lieferantenbesuchen vor Ort besprochen genauso wie Liefermöglichkeiten, Mengen und Rhythmen geklärt.

Die Factsheets des Konzepts dokumentieren Lieferunternehmen, Lieferrhythmen, Kriterien für die Speiseplangestaltung, Umgang mit Getränken, Essenszeiten, Essenszahlen der verschiedenen Einrichtungen, Abläufe bei der Essensausgabe/Anmeldung/Abrechnung, Ferienregelungen, Mehrfachnutzung der Räume, Dienstpläne, Verantwortlichkeiten von Küchenleitung und Verwaltung, Austausch- und Feedbackformate sowie die Kontaktdaten der Beteiligten.

Identifikation und Qualitätssicherung
Die Abläufe in den beiden Schulrestaurants wurden in Kooperation mit den Beteiligten festgelegt:

  • wie erfolgt die Essensausgabe
  • wie wird Salat/Rohkost präsentiert
  • wie kann eine bargeldfreie Abwicklung gewährleistet werden
  • wie erfolgt die Anmeldung und Abrechnung
  • welche Getränke werden angeboten
  • wie werden Warteschlangen bei der Essensausgabe vermieden
  • wie wird die Wertehaltung von LOKAL in den Schulrestaurants sichtbar
  • wie kommen tagesaktuelle Essenszahlen in die Küche
  • wie werden die Speisepläne nach dem Vier-Augen-Prinzip erstellt und wo werden sie präsentiert, dass Gäste und Eltern gleichermaßen Zugriff haben.
  • Gäste-Feedback lieferte wichtige Hinweise zur ständigen Verbesserung.

Kommunikation
Für die beiden Schullokale wurde eine eigene Marke LOKAL/Schullokal entwickelt. Die Bildsprache repräsentiert die Wertehaltung und spiegelt sich in den Speiseplänen, der Adjustierung und in den Restaurants wieder. Die Schullokale haben umfangreiche Grafikvorlagen (Speisepläne, Faltblatt, Logos, Sujets, Slogans, …) für die weitere Verwendung. Die Marke darf nur von Schullokalen verwendet werden, die die Wertehaltung nach dem Konzept leben. Ein Faltblatt dokumentiert die Schullokalphilosophie.

Kommunikationsformate innerhalb der Küchenstandorte sowie zwischen den Standorten wurden implementiert und fördern gute Abläufe und die Nutzung von Synergien zwischen den Standorten.

Ergebnisse und Wirkungen

  • Seit November 2021 versorgt das Schullokal Doren Schul- und Kindergartenkinder am Standort Doren mit täglich frisch gekochten Menüs. Seit November 2022 ist das Schullokal Hittisau nach der gleichen Philosophie in Betrieb.
  • Die Schullokale Doren und Hittisau verfügen über eigene Betriebs- und Verpflegungskonzepte; über die Einrichtung definierter Kostenstellen bei der Finanzverwaltung erfolgen Kostenplanung und –controlling.
  • Die Schulküchenphilosophie wurde auf öffentlichen Infoabenden pädagogischen Fachkräften, Eltern und Interessierten vorgestellt; ein interdisziplinäres Ernährungsteam bespricht regelmäßig Themen zum Schullokal und zur Ernährungsbildung.
  • An beiden Standorten gab und gibt es eine intensive Begleitung der Küchenteams zur Qualitätssicherung. Die wöchentliche Speiseplanung wurde mehrere Monate an beiden Standorten gecoacht. Es gibt eine abgestimmte Speiseplanung mit regional erzeugten Lebensmitteln nach den Vorgaben einer gesunden, schmackhaften, klimafreundlichen und zielgruppengerechten Verpflegung.
  • Es gibt ein regelmäßiges Austauschformat der beiden Schullokale Hittisau und Doren im Sinne einer kollegialen Beratung und Nutzung von Synergien.
  • Ressourcen- und Energieeffizienz sowie die Vermeidung von Abfällen ist Grundhaltung bei allen Abläufen.
  • Die Küchenleitungen pflegen direkte Beziehungen zu den Landwirtinnen und Landwirten, die frische Lebensmittel für das Schullokal liefern; es erfolgt eine Abstimmung bezüglich Verfügbarkeit (zum Beispiel Schlachttermine und Saisonalität von Produkten) sowie der gegenseitigen Erwartungshaltung.
  • Die Schulkinder kennen die Küchenphilosophie; vor allem den jüngeren Kindern werden die Menüs und die verwendeten Lebensmittel von den Betreuungspersonen täglich bei der Essensausgabe erklärt.
  • Es gibt Impulse zur Diversifizierung in landwirtschaftlichen Betrieben hin zu einer breiteren Produktvielfalt in der Region Vorderwald, vor allem hinsichtlich der Produktion von Gemüse.
  • Die Schullokale sind auch in übergeordneten Institutionen für ihre nachhaltige Ausrichtung bekannt. Das Konzept wurde als Best Practice Beispiel beim Verein „Zukunft Essen“ aufgenommen.


Erfahrung

Die Entwicklung einer Mittagsverpflegung für Kinder auf Grundlage einer fundierten, zukunftsfähigen und niedergeschriebenen Wertehaltung ist ein wichtiger Baustein für die Gesunderhaltung der Kinder und für die nachhaltige Entwicklung unseres Lebensraums. Die Beziehung zum Essen und die Herkunft der Lebensmittel werden sichtbar und erlebbar. Damit zeigen die Schullokale den Nutzerinnen und Nutzern, welche Zusammenhänge von der Landschaftsgestaltung über die Lebensmittelproduktion und das Kochhandwerk bis hin zum schön angerichteten und leckeren Menü bestehen – Zusammenhänge, die in unserer globalisierten Welt zunehmend verloren gegangen sind. Mit der Führung einer eigenen Produktionsküche haben die Gemeinden Verantwortung mit 100 Prozent Gestaltungsspielraum übernommen.