Naturgarteninitiative Tirol

Themenbereich
Umwelt, Biodiversität, Naturschutz

Untergliederung
Naturschutz
Biodiversität

Projektregion
Tirol

LE-Periode
LE 14–20

Projektlaufzeit
2019-2020

Projektkosten gesamt
183.650,15 €

Fördersumme aus LE 14-20
90.778,25 €

Massnahme
Agrarumwelt- und Klimamaßnahme

Teilmassnahme
10.1 Zahlungen für Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen

Vorhabensart
10.1.19. Naturschutz

Projektträger
Tiroler Bildungsforum und Landesverband der Tiroler Obst- und Gartenbauvereine

Kurzbeschreibung

Das Projekt „Naturgarteninitiative Tirol“ führt zwei Institutionen, das Tiroler Bildungsforum und den Landesverband der Obst- und Gartenbauvereine Tirols, zusammen, welche sich bereits seit mehreren Jahren für eine naturnahe Gestaltung von Gärten und öffentlichen Grünanlagen einsetzen. Durch das Projekt sollen Synergien genutzt werden, um das Thema noch breiter in der Bevölkerung zu streuen.

Naturnahe Gärten und öffentliche Grünflächen können durch die vermehrte Verwendung von heimischen Pflanzen (Stichwort: Blumenwiese) und eine naturnahe Gestaltung mit Stein und Totholz einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten. Um das nötige Wissen möglichst breit zu streuen, sind Bildungsangebote ein zentrales Angebot des Projektes. Ob Bürgermeisterin und Bürgermeister, Gemeindemitarbeiterin und Gemeindemitarbeiter oder Hobbygärtnerin und Hobbygärtner – Möglichst viele Personen sollen für einen vielfältig und naturnah gestalteten Lebensraum begeistert werden.

Ausgangssituation

Der Rückgang vieler Tier- und Pflanzenarten schreitet auch in Tirol weiter voran. Studien aus Deutschland und der Schweiz zeigen einen extremen Rückgang von flugfähigen Insekten (minus 76 Prozent), aber auch Singvögeln ( minus 42 Prozent). Insbesondere einst artenreiche Tallagen beherbergen durch Bodenversiegelung und intensiver Landwirtschaft nur noch eine begrenzte Anzahl an Tieren und Pflanzen. Dabei gibt es durchaus große Flächen mit ungenutztem Potential für die Artenvielfalt: Gärten und öffentliche Grünflächen. Ihr Anteil am Dauersiedlungsraumes liegt in Tirol bei etwa 10 Prozent, ihr Wert als Biotope und Trittsteinbiotope wurde lange Zeit unterschätzt. Zudem war die Gestaltung von Gärten und öffentlichen Grünanlagen in den letzten Jahrzehnten von standardisierten Bepflanzungen (exotische Gehölze, Zuchtformen) und Strukturlosigkeit geprägt. Artenvielfalt und ökologische Zusammenhänge spielten dabei eine untergeordnete Rolle.

Ziele und Zielgruppen

Wesentliche Zielsetzung des beantragten Projektes ist die Förderung einer naturnahen Gestaltung von Privatgärten und öffentlichen Grünanlagen. Durch gezielte Bildungsmaßnahmen, entsprechenden Unterlagen und Beratung soll das Wissen über Anlage und Pflege von naturnahen Gärten und Grünräumen lokal in den Gemeinden verankert werden.

Zudem sollen die Maßnahmen zu einer erhöhten Nachfrage an heimischen Pflanzen in Gartenfachbetrieben sowie zu einer erhöhten Nachfrage an naturnaher Gestaltung führen.

Die Zielgruppe des Projektes ist bewusst breit gestreut, um auf möglichst vielen Ebenen in einer Gemeinde ein Bewusstsein und Akzeptanz für ein verändertes, naturnahes Bild von Grünflächen zu schaffen. Zielgruppen sind insbesondere politische Gemeindevertreter:innen, Gemeindemitarbeiterinnen- und mitarbeiter (Bauhof, Bauamt), Gartenbesitzerinnen- und besitzer und Gemeinschaftsgärtnerinnen- und gärtner sowie Kinder.

Projektumsetzung und Maßnahmen

Für Gemeinden

Um Gemeinden von den Vorteilen naturnaher öffentlicher Grünflächen und der ökologischen, sprich pestizidfreien, Pflege überzeugen zu können, konnten diese auf ein kostenloses Beratungsangebot zurückgreifen. Zusätzlich waren Fortbildungen für Gemeindemitarbeiterinnen- und mitarbeiter zur ökologischen Pflege und naturnahen Gestaltung im öffentlichen Grün geplant.  

Für Hobbygärnterinnen- und gärtner

Bei den „Natur im Garten Familiennachmittagen“ konnten sich Personen zur naturnahen Gestaltung ihres Gartens informieren. Begleitend fand der Natur im Garten Forscherinnen- und Forscherexpress statt, bei dem Kinder spielerisch über Artenvielfalt begeistert wurden und auch selbst durch das Basteln von Wildbienen-Nisthilfen und Samenbomben aktiv werden konnten.

Vertiefende Workshops, Vorträge und ab 2020 Webinare ergänzten das Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten.

Personen, die ihren Garten naturnah umgestalten wollten, konnten eine vergünstigte Beratung in ihrem Garten in Anspruch nehmen. Ziel war es vor Ort aufzuzeigen, welche heimischen Pflanzen sich im Garten eignen würden und wie der Garten insgesamt ökologisch aufgewertet werden kann.

Zusätzlich konnten sich Interessierte für die Natur im Garten Plakette bewerben, um ein sichtbares Zeichen für die Artenvielfalt zu setzen. Angemeldet erhalten dabei zusätzlich eine kurze, einstündige Beratung in ihrem Garten.

Öffentlichkeitsarbeit und Informationsmaterial

Zwei Mal im Jahr wurde Gemeindezeitungen ein Pressetest zu einem Naturgarten-Thema zur Verfügung gestellt.

Informationsstände bei Messen und Veranstaltungen sollten das Thema zusätzlich streuen. Dafür wurden zusätzlich drei Broschüren ausgearbeitet: „Heimische Stauden“, „Gartenhecken neu gedacht“ und „Wege zum Naturgarten“.

Ergebnisse und Wirkungen

Die Nachfrage nach Wissen über naturnahe Gestaltungsmöglichkeiten war sowohl bei Gemeinden als auch bei Hobbygärtnerinnen- und gärtnern sehr hoch, was sich auch in der hohen Anzahl durchgeführter Veranstaltungen und Beratungen wiederspiegelt.

Im zweijährigen Projektzeitraum konnten 51 Beratungsgespräche mit Gemeindevertreterinnen- und vertretern durchgeführt werden, und diese von den Vorteilen naturnaher Gestaltung und ökologischen Pflege informierten werden.

Für Gemeindemitarbeiterinnen- und mitarbeiter wurde eine Fortbildung zum Thema „Pestizidfreie Alternativen in der Beikrautbekämpfung“ sowie drei dreiteilige Lehrgänge zur „Anlage naturnaher Blumenwiesen im öffentlichen Grün“ durchgeführt. Dabei konnten über 1.500 Quadratmeter naturnahe, heimische Blumenwiesen im öffentlichen Raum neu entstehen.

In Privatgärten fanden 58 Beratungen zur naturnahen Gestaltung statt. Zusätzlich wurden 189 kurze, einstündige Beratungen im Rahmen der Verleihung der Natur im Garten Plakette durchgeführt.

In drei Natur im Garten Familiennachmittagen, 21 vertiefenden Workshops und Vorträgen, drei Vernetzungstreffen von Tiroler Naturgärtnerinnen- und gärtnern sowie in 23 durchgeführten Online-Vorträgen waren die Inhalte dabei breit gestreut – von der Förderung von Vögeln und Wildbienen, der Verwendung heimischer Sträucher und Stauden bis zum Anbau von Gemüse und Obst im Naturgarten.

2019 konnte durch die Teilnahme an diversen Messen und Veranstaltungen das Thema Naturgarten einer breiten Masse zugänglich gemacht werden. 2020 vielen diese Veranstaltungen pandemiebedingt aus.

Die Wirkung der Bildungsmaßnahmen war auch in Gärtnereien zu spüren, die eine vermehrte Nachfrage nach heimischen Pflanzen verzeichneten. Im Projektzeitraum eröffnete zudem Tirols erste Wildstaudengärtnerei – ein eindeutiges Zeichen, dass in der Gartengestaltung viel in Veränderung ist.

Erfahrung

Veränderung benötigt Zeit und Aufklärung – auch Veränderung in Gärten und öffentlichen Grünräumen. Neben intensiver Bildungs- und Medienarbeit ist dabei besonders der persönliche Kontakt mit Gemeinden für den Erfolg entscheidend. Eine intensive Begleitung der Projekte, auch wenn personalintensiv, zahlt sich aus. Denn so bestehen naturnahe Grünflächen auch langfristig.

Gemeinde, die sich entschließen im öffentlichen Raum Rasenflächen durch Blumenwiesen zu ersetzen, müssen sich in den ersten ein bis zwei Jahren auch auf negative Stimmen aus der Bevölkerung einstellen, obwohl die positiven Rückmeldungen überwiegen.

Um hier schon vorab die Bevölkerung für ein solches Projekt zu begeistern, wurde in einer Gemeinde eine öffentliche Grünfläche zusammen mit dieser neu gestaltet. Damit wird diese Fläche von den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr als Gemeindefläche gesehen, sondern als „unsere“ Grünfläche. Diese Form der Bürgerbeteiligung wird auch in Zukunft weiterverfolgt werden.