Nachbericht: „Kommt und lebt bei uns“ - Austauschformat zu Regionalentwicklungsansätzen rund um Zuzug, Rückkehren, Dableiben und Multilokalität

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10.12.2023

Der demografische Wandel mit all seinen Folgewirkungen für Wirtschaft, Daseinsvorsorge und den sozialen Zusammenhalt hat in vielen Regionen dazu geführt, die Gestaltung von Lebensqualität hoch auf die Agenda der Regionalentwicklung zu setzen. Ziel ist dabei in den meisten Fällen die Attraktivität für Zuzug und Rückkehr zu erhöhen. Am 23. November trafen sich zu diesem Thema über 70 Praktikerinnen und Praktiker in Leoben, um sich über ihre Erfahrungen auszutauschen.

Die Region als Lebensraum zu attraktiveren ist seit jeher eines der Kernthemen der Regionalentwicklung. Während der letzten Jahre hat sich aber die aktive Gestaltung von Lebensqualität und Lebensraum im Wettbewerb um Zuzug von Wohnbevölkerung mehr und mehr professionalisiert und es entstanden vielfältige Ansätze, um Lebensqualität zu verbessern und die Vorteile der Region als "Lebensstandort" zu kommunizieren. Am 23. November lud das Netzwerk Zukunftsraum Land in Zusammenarbeit mit der LEADER-Region Steirische Eisenstraße Praktikerinnen und Praktiker aus der Kommunal- und Regionalentwicklung ein, sich zu bisherigen Erfahrungen auszutauschen.

Nach einer Eröffnung durch Bürgermeister Wallner und einer kurzen Einführung zu Entscheidungstheorien von Michael Fischer eröffneten Lena Schartmüller und Barbara Steinbrunner von der Technischen Universität (TU) Wien den Vormittag mit einer Präsentation ihrer Studie zu „Räumlichen Handlungsmöglichkeiten im Kontext Multilokalität und Ländlicher Raum“.
Diese zeigt für die Handlungsfelder Wohnen, Mobilität, Infrastruktur, Arbeit und Teilhabe basierend auf Bedürfnissen/Anforderungen multilokal lebender Personen Handlungsmöglichkeiten auf, die von Praktikerinnen und Praktikern in bestehende Prozesse integriert werden können.

Mit dem „LE-Kompass" (Ines Peinhaupt) und dem „hotspot! Innviertel" (Maria Dietz) wurden zwei Initiativen vorgestellt, die im Ausland angeworbenen Arbeitskräften den Zuzug und das Ankommen vor Ort erleichtern. Neben der eigentlichen Fachkraft werden dabei auch oft Partnerin beziehungsweise Partner am Arbeitsmarkt unterstützt und Kinderbetreuung (oft bilingual) organisiert.

„Get-the-most“, ein Projekt der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) Eisenstraße Niederösterreich, hat sich zum Ziel gesetzt, die Bindung zu jungen Menschen, die die Region verlassen, aufrechtzuerhalten. Dafür werden Stammtische zur Vernetzung in Wien organisiert, die mit einer Mischung aus Fachinputs, News aus der Region, Verkostung regionaler Produkte und interessanten Locations das Interesse wecken.

In der Tiroler Region KUUSK (Kufstein – Untere Schranne – Kaiserwinkel) setzt man auf regionales Employer Brand Management. Das bedeutet in diesem Fall, Betriebe aus Tourismus, Handwerk, Industrie und Gewerbe bei Angeboten der Berufsorientierung sowie Verbesserung des Arbeitsumfelds in Zusammenhang mit Diversität und Inklusion zu unterstützen.

Christine Sitter (LAG Nockregion Oberkärnten) berichtete vom Vorhaben, die Nockregion zur „besten Lebens- und Arbeitsregion“ weiterzuentwickeln. Die Initiative kombiniert unterschiedliche Entwicklungsstränge, die neben einem strategischen Kernprojekt ein Lehrlingsprojekt, ein Projekt zum touristischen Employer Development und Employer Branding sowie die Entwicklung eines Kompetenzzentrums für Regionalentwicklung umfassen - ihrem Motto folgend „wir alle sind Standortentwickler:innen“.

Das Regionalmanagement Obersteiermark Ost bietet mit ihrem Projekt “come back and create" eine Plattform, die junge Menschen darauf aufmerksam macht, wie sie im Rahmen von Abschlussarbeiten und Praktika ihre Kompetenzen in bestehende Firmen einbringen können.

Sepp Wallenberger schloss den Präsentationsteil mit Erkenntnissen aus vielen Jahren Wohnen im Waldviertel ab. Er betonte die Wichtigkeit von Kontinuität und Zielgruppenorientierung, indem konsequent die Perspektive derer eigenommen werden sollte, die einen Standort suchen. 

Die anschließende Diskussion im „Open Space“ verstärkte einige Erkenntnisse der Inputs:
  • Wohn- und Lebensstandortentwicklung sind keine kurzfristigen Unterfangen. Es braucht eine mittel- bis langfristige Perspektive bis sich Wirkungen zeigen. Um über diese Zeit die Veränderungsenergie aufrecht zu erhalten, sind klare und für alle verständliche Zielsetzungen zu formulieren.

  • Bisherige negative Sprachbilder zu demografischer Entwicklung oder Zuzug müssen durch positive ersetzt werden („es ist eine Bereicherung, wenn Menschen von Außerhalb kommen“).

  • Die Regionalentwicklung hat oftmals eine wichtige Rolle als Impulsgeberin und als Drehscheibe, denn Kooperationen und Netzwerke sind weitere zentrale Erfolgsfaktoren. Dabei gilt es, Vertrauen unter den Akteurinnen und Akteuren aufzubauen, die von Unternehmen über Gemeinden bishin zu den Schulen und Vereinen reichen. Vielfach wurde genannt, dass Unternehmen wichtig sind, um Menschen in die Region zu bringen, aber viele weitere dafür verantwortlich sind, dass diese langfristig hierbleiben und sich wohl fühlen. 

  • Gerfried Tiffner (LAG Steirische Eisenstraße) hob in seinem Abschlussstatement hervor, bei der Zielgruppenorientierung besonders den Blickwinkel von Frauen einzunehmen und schloss die inhaltliche Klammer der Veranstaltung mit Verweisen zur Wichtigkeit von Willkommenskultur und dem Einflussfaktor Klimawandel auf künftige Wanderungsbewegungen.