Österreich Projekt: ZAMm unterwegs 20-22

Themenbereich
Land- und Forstwirtschaft inkl. Wertschöpfungskette

Untergliederung
Landwirtschaft
Chancengleichheit
Frauen
Gender
Bildung & Lebenslanges Lernen
Wissenstransfer
Innovation

Projektregion
Burgenland
Kärnten
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Vorarlberg
Wien

LE-Periode
LE 14–20

Projektlaufzeit
01.01.2020-31.12.2022 (geplantes Projektende)

Projektkosten gesamt
287683,31€

Fördersumme aus LE 14-20
193296,19€

Massnahme
Wissenstransfer und Informationsmaßnahmen

Teilmassnahme
1.2 Förderung für Demonstrationstätigkeiten und Informationsmaßnahmen

Vorhabensart
1.2.1. a) Demonstrationsvorhaben und Informationsmaßnahmen - Landwirtschaft

Projektträger
LFI Österreich

Kurzbeschreibung

Eine moderne, effiziente Agrarpolitik braucht die Sicht der Frauen. Um eine aktive Mitgestaltung in agrarischen oder kommunalen Gremien, Verbänden und Vereinen zu forcieren, wird seit 2010 der ZAMm-Lehrgang „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“ speziell für Bäuerinnen angeboten. Begleitend und ergänzend werden die verschiedensten Bildungsformate in diesem Rahmen angeboten. 

450 Bäuerinnen haben sich auf diesem Wege für die Mitarbeit in agrarischen Gremien und Organisationen qualifizieren können.

Ausgangssituation

Der Frauenanteil bei landwirtschaftlichen Betriebsleitern liegt laut INVEKOS-Daten 2016 bei 33 %. Zusätzlich werden 14 % der landwirtschaftlichen Betriebe in Ehegemeinschaften geführt. Demnach sind Bäuerinnen in vergleichbarer Anzahl wie ihre männlichen Berufskollegen mit der Betriebsführung landwirtschaftlicher Betriebe betraut. Während auf einzelbetrieblicher Ebene von einem Gleichgewicht von Frauen und Männern in der Betriebsführung gesprochen werden kann, trifft dies in der land- und forstwirtschaftlichen Interessenvertretung nicht zu. In der Agrarpolitik und in der land- und forstwirtschaftlichen Interessenvertretung sind bislang viel mehr Männer als Frauen tätig.

Im Jahr 2017 findet sich unter den neun Landwirtschaftskammerpräsidenten keine Frau. In den Vollversammlungen der Landwirtschaftskammern sind rund 19 % der Kammerräte weiblich. In den Bundesländern Niederösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg gibt es Vizepräsidentinnen und in der Sozialversicherungsanstalt der Bauern eine Obfrau.

Diese Zahlen führen vor Augen, dass die Frauen in der land- und forstwirtschaftlichen Interessenvertretung deutlich unterrepräsentiert sind. Für diese unausgewogene Beteiligung von Frauen und Männern in der land- und forstwirtschaftlichen Interessenvertretung gibt es eine Vielzahl von Gründen und Erklärungsansätzen.

Wofür brauchen agrarische Organisationen die Sicht von Mann und Frau?
Ein bunt gemischtes Gremium mit solidarischer Wertvorstellung ist offen für einen Haltungswandel und bricht mit dem traditionellen Rollenbild von agrarischen Gremien, die oft noch aus dem Zeitalter der „Old-Boys-Clubs“ stammen. Durch gemischtgeschlechtliche und altersdifferenzierte Besetzungen in Gremien entsteht eine neue Art des Miteinanders. Ein Veränderungsprozess in der Moral- und Wertehaltung („Mind & Cultural Change“) wird indiziert.

Ziele und Zielgruppen

Zielgruppe sind Bäuerinnen und Bauern, die sich aktuell in der land- und forstwirtschaftlichen Interessenvertretung bzw. anderen agrarischen und kommunalen Gremien oder agrarischen Verbänden und Vereinen engagieren bzw. engagieren wollen.

Ziele:
Die Stärkung der fachlichen Kompetenzen und des persönlichen Erfolges durch Weiterbildung.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten umfassende Weiterbildungsmöglichkeiten für ihre Tätigkeit in der land- und forstwirtschaftlichen Interessenvertretung, in anderen agrarischen und kommunalen Gremien bzw. agrarischen Verbänden und Vereinen.

Durch den regen Austausch der Funktionärinnen während den „Funktionärin-nen.Krafttrainings“ vernetzen sich die Funktionärinnen über die Bundeslandgrenzen hinaus und nutzen dieses Netzwerk, um sich gegenseitig in ihrer Vertretungsarbeit zu unterstützen.

Bäuerinnen in interessenspolitischen Führungsfunktionen können auf das Angebot einer prozessorientierten Begleitung zurückgreifen.

Durch die Integration des Handbuches „Professionelle Vertretungsarbeit der Bäuerinnen im ländlichen Raum“ in den Lehrgang „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“ und durch das Angebot von Informations- und Weiterbildungsveranstaltungen zum Handbuch werden Bäuerinnen Fragen zur politischen Arbeit beantwortet. Weiters werden dadurch Möglichkeiten der aktiven Mitgestaltung des ländlichen Raums aufgezeigt.

Durch die Umsetzung und das Monitoring der „Charta für partnerschaftliche Interessenvertretung in Österreich“ werden eine partnerschaftliche Gestaltung der Interessenvertretung und das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses in agrarischen Organisationen geschaffen.

Durch eine Imagekampagne „Rolle und Vielfalt des Berufes Bäuerin“ wird das Ansehen der Bäuerinnen und Landfrauen in der Gesellschaft verbessert.

Mit der „ZAMm unterwegs Akademie“ wird jungen Bäuerinnen, Quereinsteigerinnen und Neueinsteigerinnen der erste Kontakt mit der Interessenpolitik erleichtert. Außerdem erhält diese Zielgruppe einen guten Überblick über die Bildungsangebote.

ZAMm unterwegs Zertifikatslehrgangs-Teilnehmerinnen, Absolventinnen, Bezirksbäuerinnen und Landesbäuerinnen bekommen die Möglichkeit, sich über die Bundesländergrenzen hinweg zu vernetzen (im Rahmen der Exkursionen nach Wien und nach Brüssel, internationale Reise, Wintertagung des Ökosozialen Forums).


Projektumsetzung und Maßnahmen

Koordination und Projektmanagement
Zu den Aufgaben der Projektleitung gehören das Zusammenstellen des Projektteams, das Zusammensetzen und das Einberufen von Arbeitsgruppen, die Durchführung von Koordinationstreffen und -gesprächen, Steuerungsgruppensitzungen und Arbeitsgruppentreffen sowie das Vor- u. Nachbereiten diverser Sitzungen. Gemeinsam mit der ARGE Österreichische Bäuerinnen werden zwei moderierte Strategiesitzungen stattfinden, in denen das Projekt evaluiert und die weitere Vorgehensweise festgelegt wird.

Funktionärinnen.Krafttraining: Umsetzung
Bei der Strategieklausur am 4. und 5. April 2018 wurde beschlossen, dass das nächste Funktionärinnen.Krafttraining das Thema "Resilienz" behandeln soll. Unter dem Motto "Wenn du einen Fehler von mir findest, kannst du ihn behalten" werden bundesweit die Inhalte entwickelt und konzeptioniert. Sechs Funktionärinnen. Krafttraining- Seminare sollen zu diesen Themen stattfinden. Anmelden können sich zu diesen Seminaren Absolventinnen des Zertifikatslehrgangs (ZLG), um sich weiter zu qualifizieren und dabei über die Bundeslandgrenzen hinaus Kontakt zu ZLG Absolventinnen zu halten.

ZAMm unterwegs ZLG „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“: Pilot-Projekt „ZAMm ZLG für Frauen und Männer“
Der ZAMm unterwegs-Lehrgang „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum" wurde 2009 bundesweit entwickelt und durchgeführt. Seit 2012 wird der Lehrgang auf Bundeslandebene organisiert und angeboten.
Erstmals ist in der Bildungssaison 2017/18 sind das Handbuch „Professionelle Vertretungsarbeit der Bäuerinnen im ländlichen Raum“ und die Charta für partnerschaftliche Interessenvertretung in der Land- und Forstwirtschaft in den Lehrgang eingeflossen.

 Der Lehrgang „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“ war bis zum Bildungsjahr 2017/18 ausschließlich weiblichen Teilnehmerinnen vorbehalten. Für das Bildungsjahr 2018/19 wurde beschlossen, dass diese Bildungsoffensive auch Männern ermöglicht werden soll

Unternehmerischer Bäuerinnen- und Bauerntreff: Konzeptionierung der Roadshow 2020
Der Unternehmerische Bäuerinnen- und Bauerntreff wurde im Projekt „ZAMm – Zukunftsorientierte agrarwirtschaftliche Motivation“ entwickelt. Es ist ein Angebot für alle Landwirtinnen und Landwirte, die ihre unternehmerischen Kompetenzen weiterentwickeln möchten. Im Rahmen der Strategieklausur der BeratungsreferentInnen 2020 wurde die „Stärkung der ganzheitlichen UnternehmerInnenkompetenz in der Land- und Forstwirtschaft“ als Ziel ausgearbeitet. Unter anderem soll dies durch das Anbieten von Bäuerinnen- und Bauerntreffs geschehen.

Handbuch „Professionelle Vertretungsarbeit der Bäuerinnen im ländlichen Raum“ Durchführung von Seminaren
Im Projekt „ZAMm unterwegs 2015 – 2016“ wurde das Handbuch „Professionelle Vertretungsarbeit der Bäuerinnen im ländlichen Raum“ erstellt. In den Bundesländern wurden dazu Informationsveranstaltungen durchgeführt. Dafür wurden für die bundesweite Verwendung drei unterschiedlich lange Formate mit passenden PowerPoint-Präsentationen entwickelt. Eine MultiplikatorInnen-Schulung hat stattgefunden. Damit die Funktionärinnen aus dem Handbuch möglichst effizient und ohne großen Aufwand Handlungskompetenzen entwickeln können, sollen mittels weiteren Bildungsveranstaltungen (z. B. Workshops) einzelne Kapitel des Handbuches aufgearbeitet werden. Auch für die BeraterInnen sollen Schulungen zur Sensibilisierung der Notwendigkeit von gemischtgeschlechtlichen Gremien und gut ausgebildeten FunktionärInnen abgehalten werden.

Medientraining für Multiplikatorinnen:
Die Bundesbäuerin und die Landesbäuerinnen und ihre Stellvertreterinnen nehmen in der Öffentlichkeit eine große Präsenz ein und werden sehr oft für Interviews angefragt und auch gerne spontan bei Veranstaltungen interviewt. Damit sie besser auf diese Herausforderung vorbereitet sind, wird ab 2019 für die Bundes- und Landesbäuerinnen ein Medientraining organisiert.

Imagekampagne: Rolle und Vielfalt des Berufes Bäuerin
Um die Bildungsmaßnahmen besser bekanntzumachen, werden neun ZAMm-LehrgangsabsolventInnen aus allen Bundesländern in diversen Online- und Printmedien der agrarischen Welt vorgestellt. Dadurch soll weiterhin aufgezeigt werden, dass die Arbeit einerseits als Bäuerin und ergänzend als Funktionärin einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft, aber auch eine persönliche Bereicherung darstellt. Anhand von Testimonials lässt sich diese Bildungsmaßnahme sehr anschaulich darstellen.

ZAMm unterwegs-Website: Relaunch
Die Website zamm-unterwegs.at soll einen Relaunch erleben, um noch stärker die Bildungsprodukte von „ZAMm unterwegs“ zu vermarkten. Ein neues „Gadget“ für die ZAMm unterwegs Webpage soll ein für Lehrgangsteilnehmerinnen und Absolventinnen aber auch allen anderen interessierten Personen zugänglicher Bereich sein. Dieser ZAMm VIP-Bereich wird ZAMm Absolventinnen und ZAMm Lehrgangsteilnehmerinnen bzw. allen InteressentInnen die Möglichkeit geben, sich mittels eines Steckbriefs vorzustellen und sich auch in diesem Zuge als Mentorinnen für neue FunktionärInnen zur Verfügung zu stellen. Ebenso können Ergebnisse von diversen Fragestellungen des ZAMm Lehrganges dem ZAMm VIP-Besucher zur Verfügung gestellt werden.

Charta für partnerschaftliche Interessenvertretung in der Land- und Forstwirtschaft:
Im „ZAMm unterwegs-Projekt 2015-2016" wurde die Charta für partnerschaftliche Interessenvertretung in der Land- und Forstwirtschaft ausgearbeitet und beim Bundesbäuerinnentag 2017 von den Präsidenten der Landwirtschaftskammern und den Landesbäuerinnen unterschrieben. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, neue Partnerschaftsorganisationen hinzuzugewinnen. Damit die Vereinbarungen keine „Lippenbekenntnisse“ bleiben, soll ein professionelles Werbekonzept die Vorteile von gemischtgeschlechtlichen Teams hervorheben und so durch bewusstes Recruiting die tatsächliche Erhöhung von Funktionärinnen in agrarischen Organisationen erreicht werden.

Exkursion „Interessenspolitische Landschaft Österreichs“
Bei der zweitägigen Exkursion nach Wien zum Thema „Interessenspolitische Landschaft in Österreich" werden die Landwirtschaftskammer, das Parlament und das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus besucht. Vorträge von führenden Mitarbeiterinnen der SVB und der AMA runden die Lehrfahrt ab. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das erste Kennenlernen von ZAMm-Teilnehmerinnen aus den anderen Bundesländern. Ziel ist, den Funktionärinnen einerseits einen Überblick über die interessenpolitische Landschaft Österreichs zu geben, andererseits soll auch der Austausch österreichweit forciert werden.

Exkursion zu den europäischen Institutionen nach Brüssel
Bei dem dreitägigen Studienaufenthalt werden die europäischen Institutionen wie die Europäische Kommission, Europäisches Parlament, Rat der Europäischen Institution, Copa Cogeca und die ständige Vertretung Österreichs von den Teilnehmerinnen des ZLG „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“ besucht. Ziel dieser Exkursion ist es, einen Überblick über die Abläufe der europäischen Institutionen und ein größeres Verständnis für Entscheidungen auf Europaebene zu entwickeln.

Bundesbäuerinnentagung 2022
Der Bundesbäuerinnentag hatte als Motto "Die Zukunft beginnt jetzt". Der Bundesbäuerinnentag hat am 25.05.2022 im Eventhotel Pyramide in Vösendorf stattgefunden und 850 Bäuerinnen haben daran teilgenommen.
 
Wissenstransfer Wintertagung für den Agrarpolitischen Tag: Durchführung
Im Zuge der Wien-Exkursion wird jährlich der Agrarpolitische Tag der Wintertagung besucht.

Ergebnisse und Wirkungen

Zum jetzigen Zeitpunkt durch das Projekt bereits tatsächlich erzielte Effekte
Der Lehrgang „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“ wurde mittlerweile von mehr als 450 Frauen absolviert. Durch jährliche Aufbauseminare werden einschlägige Weiterbildungen angeboten. Dadurch hat sich ein Netzwerk an Frauen gebildet. Die daraus entstandenen Kontakte können u.a. bei der Besetzung von agrarischen Gremien relevant sein 

Eine weitere wichtige Maßnahme ist die „Charta für partnerschaftliche Interessensvertretung für Land- u. Fortwirtschaft“.

Erfahrung

Unsere Erfahrungen mit Bäuerinnen die eine Funktion in einer Organisation inne haben oder anstreben, zeigen immer wieder deutlich auf, dass der ländliche Raum einen Wertewandel durchläuft. In modernen, bäuerlichen Familien wird sowohl Haushalt und Kindererziehung als auch landwirtschaftliche Tätigkeiten partnerschaftlich erledigt. Das Rollenbild der Bäuerin hat sich zur selbstbewussten und gleichberechtigten Partnerin gewandelt. Diese Entwicklung ist eine wichtige Basis für unsere Forderung nach mehr Frauen in agrarischen Gremien.
Unterstützung für unsere Forderung bekommen wir von der Landwirtschaftskammer Österreich, ohne diese wir das Projekt ZAMm unterwegs nicht in diesem Umfang vorantreiben könnten.