Flüchtlinge im ländlichen Raum: Langer Weg zwischen Ablehnung und Respektierung

Workshop des Netzwerks Zukunftsraum Land – Integration braucht viel Zeit – Regionale Strukturen erfolgreich einsetzen

Themenbereich
Leader & Regionen

04.05.2017

Interkulturelles Lernen sowie die Koordination der regionalen Bildungsarbeit standen im Mittelpunkt eines Workshops, den das Netzwerk Zukunftsraum Land Ende April über die Betreuung und Integration von Flüchtlingen im ländlichen Raum durchgeführt hat. Fazit der Veranstaltung in Attnang-Puchheim: Kulturelles Wissen wie nationale und regionale Traditionen wird vielfach unbewusst durch Nachahmung und Alltagserfahrung erlernt, Integrationsprozesse benötigen daher vor allem Zeit.

Das, was von der aufnehmenden Gesellschaft als Normalität empfunden wird, kann von den Zuwanderern nicht in kurzer Zeit erlernt und nachvollzogen werden. So der Tenor der Diskussionen bei der Netzwerkveranstaltung. Die daraus resultierenden Irritationen könnten zumindest reduziert werden, wenn man diesen Umstand bewusst wahrnimmt und akzeptiert, dass Integrationsprozesse ausreichend Zeit benötigen.

Die Entwicklungsphasen im Umgang mit Diversität wurden beim Netzwerk-Workshop ebenfalls diskutiert. Dabei zeigte sich, dass der Weg von der Ablehnung und Abwertung kultureller Unterschiede bis zu einem respektvollen Umgang in der Regel ein Weg der kleinen Schritte bzw. von sechs Phasen ist und die Fähigkeit, mit Differenzen konstruktiv umzugehen, nur langsam wächst – auch hier spielt also der Faktor Zeit eine wichtige Rolle.

Als Beispiel für eine erfolgreiche Koordination der regionalen Bildungsarbeit wurde das Projekt RIKK vorgestellt. RIKK steht für regional – interkulturell – kompetent und ist eine Kooperation des Vereins für Regionalentwicklung in den Bezirken Vöcklabruck und Gmunden, der regionalen Caritas sowie der LEADER-Regionen Vöckla-Ager und Traunsteinregion. Diese bildeten gemeinsam die ARGE RIKK und unterstützten insbesondere zwischen 2011 und 2015 Vernetzung, Weiterbildung und konkrete Projekte zum Thema interkulturelles Lernen auf breiter Basis, etwa in Kindergärten, Schulen und in der regionalen Wirtschaft.

Eine wichtige Erkenntnis des Projekts: Auch im Bereich Integration geht es um regionale Ressourcen, also um Wissen, Fähigkeiten und Strukturen, die es in der Region schon gibt, die man für Integrationsarbeit nutzen und weiterentwickeln kann. Kurz: Das Thema Integration muss in den bestehenden Strukturen verankert werden, wie dies im Rahmen von RIKK z.B. mit einem Kompetenzteam der Personalverantwortlichen von Unternehmen erfolgt ist.

Ein interessanter Zugang zum Thema Integration wurde von der Region Hermagor präsentiert. Dort wird Migration als Chance gesehen, den Bevölkerungsverlust und Facharbeitermangel durch Zuwanderung zu kompensieren. Dies, so die Erfahrungen aus Hermagor und das Ergebnis der Diskussion in der Arbeitsgruppe, ist aber nur möglich, wenn konkrete Maßnahmen für Zuwanderer gesetzt werden wie z.B. regelmäßige Deutschkurse vor Ort, begleitende Maßnahmen vor allem am Beginn der Zuwanderung sowie regelmäßige Angebote, um das Zusammenleben mit den „Einheimischen“ zu fördern. Nur so kann auch für Zuwanderer eine Lebensqualität realisiert werden, die diese zum Bleiben in einer ländlichen Region veranlasst und die übliche Abwanderung in die Stadt verhindert.