Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem abgeschlossenen EIP-Projekt „Innobrotics" zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers

Themenbereich
Innovation
Land & Forst
Leader & Regionen
Umwelt & Klima

16.04.2020

Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) unterstützt seit 2015 die Umsetzung von Projektenim Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP-AGRI) um.Kernstück der Implementierung sind dabei die sogenannten „Operationellen Gruppen“ (OGs). Diese werden von interessierten Akteurinnen und Akteuren aus den Bereichen der Land- und Forstwirtschaft, Forschung, Beratung sowie des Nahrungsmittelsektors gebildet, um entsprechend ihren Interessen gemeinsam Innovationsprojekte umzusetzen.

Die ersten der meist über drei Jahre angelegten Projekte starteten im Jahr 2016. Nun sind die ersten davon abgeschlossen und die Projektkoordinatorinnen und -koordinatoren können von Ergebnissen berichten. Das Netzwerk Zukunftsraum Land hat mit Christian Werni von der Landwirtschaftskammer Steiermark über die Umsetzung und Ergebnisse des Projekts „Innobrotics“ gesprochen.

Herr Werni, wofür steht die Abkürzung „Innobrotics“ und welchen Problemen hat sich die Operationelle Gruppe Rahmen des gegenständlichen EIP-AGRI-Projekts gestellt?
„Inno“ steht für „Innovation“ und „brotics“ stammt aus dem Gattungsnamen des Maiswurzelbohrers („Diabrotica“). Mit dem Namen sollte angedeutet werden, dass es hier um innovative Maßnahmen zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers geht, wobei auch das außerpflanzenbauliche Umfeld – wie zum Beispiel die Gestaltung der Fütterung mit alternativen Früchten – mit einbezogen wurde.

Unsere Ausgangslage war die folgende: Es gab eine rasche Zunahme und Verbreitung des westlichen Maiswurzelbohrers in Österreich. Der Schädling hat auf vielen Ackerbau- und Veredelungsbetrieben große Schäden aufgrund von Lager und -Narbenfraß verursacht. Expertinnen -und Expertenmeinungen zufolge, wurde eine weitere katastrophale Entwicklung befürchtet, darüber hinaus stand das Verbot von Neonicotinoiden unmittelbar bevor. Neben den pflanzenbaulichen Problemen stellte dies vor allem die landwirtschaftliche Veredelungsindustrie vor besondere Herausforderungen.

Innovative Lösungen mussten so schnell wie möglich gefunden werden, um weitere große Wertschöpfungsverluste auf den Betrieben zu vermeiden, denn es gab zu wenig Wissen über effektive Gegenmaßnahmen. Es standen zwar einige Lösungsansätze im Raum, die jedoch gar nicht oder nur unzureichend koordiniert waren.
Unsere Projektziele waren deshalb der Erhalt der Wertschöpfung durch einen hohen Anteil an selbstproduziertem Grundfutter in der Veredelungswirtschaft sowie die bestmögliche Substitution der Hauptkultur Mais durch alternative Kulturen wie Hirse, Ackerbohne und Sojabohne. Weitere Projektbestandteile umfassten das Screening und die Testung von alternativen Futtergrundlagen zu Mais für Rind, Schwein und Huhn (Konservierungsmethoden, Verdaulichkeit, Mastleistung etc.) sowie das Testen der Futter-Alternativen im Ackerbau. Ein weiteres Ziel war die Erforschung von nachhaltig wirksamen, ökologisch verträglichen Bekämpfungsmaßnahmen der Larven und des Käfers. Darüber hinaus versuchten wir, mögliche Umsetzungsbarrieren anhand sozioökonomischer Studien zu ermitteln sowie die Ergebnisse gezielt in der konventionellen als auch biologischen landwirtschaftlichen Praxis zu verbreiten.
 
Welche wesentlichen Erkenntnisse und Ergebnisse aus dem Projekt konnten Sie beziehungsweise die Operationelle Gruppe ableiten?

Da das Projekt mit über 25 verschiedenen Versuchen in fünf Fachbereichen sehr umfangreich war, ist es wirklich schwierig die Projektergebnisse in Kürze vorzustellen. Deshalb arbeiten wir derzeit noch an einer Broschüre mit den wesentlichsten Ergebnissen und Empfehlungen für die landwirtschaftliche Praxis, welche dann auf diversen Kanälen (Landwirtschaftskammer-Homepage, Netzwerk Zukunftsraum Land, Service Point der Europäischen Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP-AGRI), Einzelberatung etc.) verbreitet werden soll.

Nichtsdestotrotz kann ich kurz über die wichtigsten Erkenntnisse berichten. Hinsichtlich der Bekämpfung des Maiswurzelbohrers gibt es kein alleiniges Allheilmittel, sondern die wirksamste Möglichkeit zur Eindämmung des Schädlings besteht in der Anwendung eines Maßnahmenpakets: frühzeitiger Anbau, Bekämpfung des adulten Käfers und der Larven sowie maßgeschneidertes Fruchtfolgenmanagement. Die Wirkung einer möglichen Sortenresistenz konnte aufgrund der Kürze des Projekts nicht untersucht werden.

Während der Projektlaufzeit konnten wir bereits einzelne Projektergebnisse über Vorträge an mehr als 1200 Praktikerinnen und Praktiker pro Jahr weitergeben. Der Kontakt zwischen Landwirtinnen und Landwirten und Beraterinnen und Beratern ist auch über das Projektende hinaus nachhaltig. Das gesamte im Projekt erworbene Wissen wird in den kommenden Jahren in die Konsultation einfließen.

Was würden Sie im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Maiswurzelbohrers als erstes raten?

Wir empfehlen den Landwirtinnen und Landwirten wenn möglich, bereits auf präventive Maßnahmen (Fruchtfolge, früher Anbau et cetera) zu setzen, damit es erst gar nicht zu einem großen Käferdruck und den damit verbundenen Problemen am Betrieb kommt. Wie bereits zuvor erwähnt, gibt es kein alleinstehendes Allheilmittel gegen den Maiswurzelbohrer. Wichtig ist, die genannten Maßnahmen zu bündeln und vor allem auch an die Gegebenheiten am Betrieb anzupassen. Wenn doch Probleme mit dem Käfer auftreten, dann sollte nicht zu lange gewartet werden, sondern gleich der Kontakt mit der landwirtschaftlichen Beratung gesucht werden, um zielgerichtet und schnell Gegenmaßnahmen zu setzen.
 
Sie haben gemeinsam mit Ihrer Operationellen Gruppe das EIP-AGRI-Projekt umgesetzt. Wie waren Ihre Erfahrungen bezüglich der Zusammenarbeit zwischen Praxis und Wissenschaft?
Praxis und Wissenschaft haben in diesem Projekt sehr gut zusammengearbeitet. Es hat sich einmal mehr bestätigt, dass sowohl die Universität für Bodenkultur als auch die Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg- Gumpenstein sehr praxisnahe arbeiten, ohne dabei den „wissenschaftlichen Boden“ zu verlassen. Die Landwirtinnen und Landwirte haben die Erfahrung gemacht, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ergebnisse sehr verständlich und praktisch präsentieren können. Unserer Meinung nach ist die Europäische Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP- AGRI) ein optimales Instrument, um aktuelle Probleme der landwirtschaftlichen Praxis möglichst zeitnah zu lösen. Entscheidend für die gute Zusammenarbeit und somit auch für die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Projektes ist, dass entweder alle Projektbeteiligten dieselbe Sprache sprechen oder die Projektleitung als „Übersetzung" fungiert.

Meine Einschätzung ist, dass es immer noch zu viele Vorbehalte hinsichtlich einer gelungenen Zusammenarbeit zwischen Praxis und Wissenschaft gibt, was zum Glück beim Innobrotics-Projekt nicht der Fall war.
 
Was hätten Sie gerne vorher schon gewusst, beziehungsweise, was würden Sie anderen Operationellen Gruppen (OGs), die noch in der Umsetzung sind raten?

Da die Europäische Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP-AGRI) völlig neu war und es keinerlei Erfahrungen damit gab, konnten alle Beteiligten während der Umsetzung des Projekts noch viel dazu lernen. Viele Fragen und auch Hürden konnten erst während des Betriebs der Operationellen Gruppe festgestellt werden, welche aber immer mit der Hilfe des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT)  und der Innovationsbrokerin des Netzwerks Zukunftsraum Land geklärt beziehungsweise überwunden werden konnten. Die gesammelten Erfahrungen aus dem Innobrotics-Projekt konnten wir bereits in das neue Projekt „Ammosafe“ miteinfließen lassen, was die Projektumsetzung erleichtert und optimiert.  

Die bürokratischen Anforderungen sind sehr umfangreich und steigen mit zunehmender Anzahl an beteiligten Projektpartnerinnen und -partnern. Man muss auf jeden Fall von Anfang an genug Kapazitäten für das Projektmanagement einplanen, vor allem wenn man auch international präsent sein will. Sinnvoll wäre ein eigenes Budget für die Verbreitung von Ergebnissen aus bereits erfolgreich abgeschlossenen Projekten, um gerade auch den internationalen Austausch zu fördern. 

Die gezielte Ergebnisverbreitung ist immens wichtig, um den Wissenstransfer bis hin zum bäuerlichen Betrieb zu gewährleisten. Dieser Tätigkeit muss in jedem Projekt genügend Beachtung geschenkt werden.

Links und weitere Informationen zum Projekt finden sie in der Projektdatenbank des Netzwerks Zukunftsraum Land unter folgendem Link: https://www.zukunftsraumland.at/projekte/1475