Neue Publikation: Klimaschutzpotenzial der GAP-Strategiepläne (EU-27) 2023-2027

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Auf der Grundlage der Programmplanungsdaten der APG und der durchschnittlichen Emissions- und Entnahmeeffekte landwirtschaftlicher Verfahren liefert die Studie grobe Schätzungen des maximalen potenziellen Beitrags bestimmter GAP-Interventionen und GLÖZ-Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels.

Die Studie mit dem Titel „Rough estimate of the climate change mitigation potential of the GAP Strategic Plans (EU-27) over the 2023-2027 period“ stellt zum ersten Mal eine Verbindung zwischen den Instrumenten der GAP-Strategiepläne (CSP), wie z. B. dem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) und den GAP-Interventionen und ihrem Minderungspotenzial, in den 27 Mitgliedstaaten (d. h. 28 LSP) her.

Die Methodik stützt sich auf Programmplanungsdaten aus den Länderstrategiepapieren des GAP-Programmplanungszeitraums 2023-2027, grobe Schätzungen der erwarteten Inanspruchnahme und auf durchschnittliche Emissions- und Entnahmekoeffizienten für landwirtschaftliche Verfahren, Treibhausgasemissionen, die Verbesserung des CO2-Abbaus und die Erhaltung bestehender Kohlenstoffbestände.

Die angewandte Methodik beruht auf einer Reihe von Annahmen und Vereinfachungen, die in den verschiedenen Phasen der Analyse erforderlich sind. Es hängt davon ab, ob den landwirtschaftlichen Methoden Koeffizientenwerte zugewiesen werden, um ihren potenziellen Beitrag zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, zur Verbesserung des Kohlenstoffabbaus oder zum Schutz der Kohlenstoffbestände im Boden oder in der Biomasse (im Vergleich zu konventionellen landwirtschaftlichen Verfahren) abzuschätzen. Es hängt auch von den Informationen in den LSP ab, um eine Fläche zu schätzen, auf der unterschiedliche landwirtschaftliche Verfahren angewendet werden.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die 28 CSPs das Potenzial haben, mit einem geschätzten Durchschnitt von 35 Mio. t CO₂ pro Jahr im Zeitraum 2023-2027 einen positiven Beitrag zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und zum verstärkten Abbau von Treibhausgasen zu leisten. Was die landwirtschaftlichen Praktiken betrifft, so machen die Fruchtfolge oder Diversifizierung, die Ausweitung von Deckfrüchten und die Umstellung auf ökologischen Landbau 74 % des geschätzten Minderungspotenzials aus. Darüber hinaus deutet die Analyse der 28 CSPs auf einen potenziell positiven Beitrag zum Schutz bestehender Kohlenstoffsenken hin, der sich EU-weit auf 32 Mio. t CO₂ pro Jahr beläuft.

Ob dieses Potenzial jedoch voll ausgeschöpft wird, hängt davon ab, ob die Maßnahmen von den Landwirten letztendlich angenommen werden, inwieweit die geförderten Methoden jedes Jahr einen zusätzlichen Nutzen bringen und ob diese Methoden bereits im vorangegangenen GAP-Programmplanungszeitraum finanziert wurden (d. h. der Mitnahmeeffekt), der zum jetzigen Zeitpunkt nicht bewertet werden kann. Darüber hinaus werden Maßnahmen außerhalb der Länderstrategiepapiere dazu beitragen, die Ziele für die Emissionsreduktion und den Emissionsabbau bis 2030 zu erreichen.

Diese Studie kann als Ausgangspunkt für die Verfeinerung der Methodik auf der Grundlage von Daten der Mitgliedstaaten und die Verbesserung der Inventare der Treibhausgasemissionen und des Treibhausgasabbaus dienen. Wichtig ist, dass der Beitrag anderer Politiken und Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten über die Länderstrategiepapiere hinaus umgesetzt werden, und deren Minderungspotenzial in der Studie nicht berücksichtigt werden.

Neue Publikation: Studie über die Vereinfachung und den Verwaltungsaufwand in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)

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In der Studie wurden die Hauptursachen für die Komplexität und den Verwaltungsaufwand für die Begünstigten, ihre Ursachen und die damit verbundenen Kosten untersucht, wobei sie sich auf Informationen stützte, die von der Europäischen Kommission im Rahmen einer im März 2024 eingeleiteten und von 27 000 Teilnehmern in der gesamten EU beantworteten „gezielten Konsultation zur Vereinfachung“ gesammelt wurden. Andere Primärdaten wie Interviews mit Landwirtinnen und Landwirten, Organisationen auf EU-Ebene, Verwaltungsbehörden für die GAP-Strategiepläne und Interessenträgern in allen 27 Mitgliedstaaten sowie Befragungen anderer GAP-Begünstigter und Beratungsdienste wurden herangezogen.

Bei der qualitativen und quantitativen Analyse der Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit der GAP-Unterstützung wurde deutlich, dass der hohe Aufwand und die hohen Kosten im Zusammenhang mit der Beantragung der Beihilfe für alle Arten von Begünstigten und Interventionen zu erwarten sind, einschließlich Schwierigkeiten bei der Vorbereitung der Anträge aufgrund unklarer und instabiler Vorschriften oder mangelhafter Kommunikation der Behörden. Übermäßige und sich wiederholende Informationspflichten sowohl innerhalb als auch außerhalb der GAP-Vorschriften kennzeichnen die Aufzeichnungs- und Berichterstattungsaufgaben.

Die Studie bestätigte die bei den gezielten Konsultationen gewonnenen Erkenntnisse, wonach die Landwirtinnen und Landwirte bei verschiedenen Verwaltungsaufgaben in hohem Maße auf externe Unterstützung angewiesen sind, was die von den Begünstigten getragenen Gesamtkosten erhöht.

Im Einklang mit den Ergebnissen der gezielten Konsultation sind die Einhaltung des Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen (GLÖZ), z. B. GLÖZ 8 und 6, und die Beantragung spezifischer GAP-Interventionen wie Öko-Regelungen und Investitionsförderung die Bereiche mit der größten Komplexität.

Obwohl die EU-Rechtsvorschriften am häufigsten als Hauptursache für den Verwaltungsaufwand genannt wurden, ergab die Analyse, dass bis zu 60 % des Aufwands teilweise auf die Umsetzungsentscheidungen der Mitgliedstaaten zurückzuführen sind. Ein erheblicher Teil dieser Belastung wird als unnötig angesehen und stellt somit eine potenzielle Überregulierung dar.

In der Studie wurden auch Vorschläge für eine weitere Vereinfachung der GAP und konkrete Maßnahmen gesammelt, die von den Mitgliedstaaten bereits umgesetzt wurden.

Die Ergebnisse unterstreichen die positive Rolle der Digitalisierung bei der Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Begünstigten. Die Vereinfachung kann auch durch einen verstärkten Rückgriff auf vereinfachte Kostenoptionen und eine bessere Kommunikation und Unterstützung durch die Behörden, z. B. durch Schulungen und kostenlose Beratung, gefördert werden.

Die Studie wurde vom EU-GAP-Netzwerk mit Unterstützung des Europäischen Evaluierungs-Helpdesk für die GAP durchgeführt.

Neue Publikationen aus Deutschland zur Förderung von Insektenvielfalt

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Rund 80 % der Wildpflanzenarten und 75 % der wichtigsten Kulturpflanzenarten sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen? Insekten sichern etwa 35 % der weltweiten Nahrungsmittelproduktion, und allein in Deutschland wird der wirtschaftliche Nutzen der Bestäubung auf rund 3,8 Milliarden € pro Jahr geschätzt.

Gleichzeitig zeigen zahlreiche Studien einen dramatischen Rückgang der Biomasse fliegender Insekten – verursacht unter anderem durch intensive Landwirtschaft, den Eintrag von Stoffen und Flächenverbrauch. Der Schutz und die Förderung von Insekten und Biodiversität sind dringend notwendig – und auf vielfältige Weise möglich.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, haben die Bodensee-Stiftung, der Global Nature Fund, das Netzwerk Blühende Landschaft, die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall und Nestlé Deutschland im Rahmen des EU-LIFE-Projekts „Insektenfördernde Regionen“ zusammengearbeitet. Ziel war es, regionale Netzwerke zur Förderung von Insekten aufzubauen und die Zusammenarbeit verschiedener Landnutzungsgruppen zu stärken.

Zum Abschluss des Projekts konnten folgende Ergebnisse präsentiert werden:

  • Leitfaden für mehr und bessere Insektenförderung auf Landschaftsebene
    Der 62-seitige Leitfaden zeigt eine Vielzahl an Ansätzen auf, wie Insekten- und Biodiversitätsschutz über klassische Blühstreifen hinaus gelingen kann. Die Rolle von Landwirtschaft, Lebensmittelbranche, Forstwirtschaft, Kommunen und Unternehmen wird beleuchtet.
    Instrumente für insektenfreundliches Management werden anhand ihrer Vorteile erklärt und durch gute Praxisbeispiele ergänzt. Fördermöglichkeiten, Bildungs- und Beratungsangebote sowie Strategien zur Akzeptanzförderung sind zielgruppenspezifisch aufbereitet.
    Denn: Wirksamer Biodiversitäts- und Insektenschutz gelingt nur im Zusammenspiel aller Akteur:innen.
  • Biodiversität fördern – Maßnahmen für mehr Insektenvielfalt in Landwirtschaft, Kommunen und Gärten
    Der Leitfaden wird ergänzt durch einen 46-seitigen Maßnahmenkatalog, der von über 60 Demonstrationsbetrieben im Projekt erprobt wurde. Die Sammlung reicht von „Ackerrandstreifen“ bis zu „weiten Reihen“ und umfasst Maßnahmen in Ackerbau, Grünland, Obstbau, Weinbau sowie im Garten. Eine Übersicht biodiversitätsfördernder Strukturen rundet den Katalog ab.

Beide Publikationen stehen auf Deutsch und Englisch zum Download bereit.

EU-Umfrage zur Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel

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ICF, ein in Brüssel ansässiges Beratungsunternehmen, wurde von der GD AGRI beauftragt, eine Studie zur Anpassung an den Klimawandel in der Landwirtschaft in der EU mit Schwerpunkt Wassermanagement durchzuführen. Ziel dieser Studie ist es, zu verstehen, wie sich der Klimawandel und das Wetter auf Landwirtinnen und Landwirte auswirken und wie sie mit Änderungen ihrer Systeme und Praktiken, einschließlich Investitionen, Arbeitsweisen und Informationsnutzung, darauf reagieren.

Im Rahmen dieser Studie soll direktes Feedback von Landwirtinnen und Landwirten eingeholt werden. Zu diesem Zweck wurde eine Umfrage entwickelt.

Die wertvollen Erkenntnisse der Landwirtinnen und Landwirte tragen zu einem besseren Verständnis der aktuellen Klimaauswirkungen und Anpassungspraktiken bei und bilden die Grundlage für zukünftige politische Maßnahmen zur Unterstützung des Sektors.

Die Umfrage ist in allen 24 EU-Sprachen verfügbar und endet am 6. Juni 2025!

Nachlese: Lebensräume verbinden – ÖPUL-Maßnahmen als Chance für die Biodiversität

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Lebensmittelversorgung
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Artenvielfalt ist für funktionierende Ökosysteme und eine nachhaltige Landwirtschaft unverzichtbar. Viele Arten übernehmen wichtige Aufgaben wie Bestäubung, Schädlingsregulation oder Humusbildung und tragen wesentlich zur Nahrungsmittelproduktion bei. Viele von ihnen – etwa der Wiesenknopf-Ameisenbläuling – haben allerdings komplexe Lebensraumansprüche und sind auf bestimmte Pflanzen oder Tiere angewiesen. Der Verlust von Lebensräumen gefährdet daher direkt ihre Existenz. Ein wichtiger Faktor, der dem Verlust der Artenvielfalt entgegenwirken kann, ist die Vernetzung von Lebensräumen. Die Veranstaltung „Lebensraumvernetzung mit ÖPUL-Maßnahmen“ widmete sich am 28. April 2025 dieser Thematik.

Vernetzung als Schlüsselstrategie
Studien zeigen alarmierende Rückgänge von Insektenpopulationen – lokal auch bis zu 75 % in nur drei Jahrzehnten. Um diese Entwicklung zu stoppen, betonte der Ökologe Georg Derbuch, sei es zentral, Strukturen in der Landschaft zu erhalten und zu vernetzen. Dazu gehören lineare Strukturen wie Hecken oder Gräben sowie Trittsteinbiotope wie Feldgehölze und Teiche. Diese fördern die Mobilität und das Überleben vieler Tierarten. Wichtig dabei sei auch die Verwendung regionaltypischer Gehölze, regionalen Saatguts und eine enge räumliche Verknüpfung der Elemente, da viele Tiere nur geringe Distanzen überwinden können. Elisabeth Kerschbaumer, von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, stellte die Maßnahmen des Österreichischen Agrarumweltprogramms ÖPUL vor, die zur Lebensraumvernetzung beitragen. Hecken, Raine und Uferrandstreifen zählen ebenso zu den förderfähigen Landschaftselementen wie Feldgehölze, Tümpel und Einzelbäume- und Sträucher. Besondere Bedeutung haben Biodiversitätsflächen, für deren Anlage und Pflege es klare Vorgaben gibt. Auch werden Zuschläge für die Umsetzung zusätzlicher Leistungen angeboten. Ziel ist eine gleichmäßige Verteilung von Lebensräumen in der Landschaft.

Lebensraumvernetzung in der Praxis
Zahlreiche Praxisbeispiele zeigen, wie Biodiversitätsförderung sowohl in intensiven Ackerbauregionen als auch in intensiven Grünlandgebieten gelingen kann. Der Ökologe Harald Schau sowie der Landwirt Paul Weiß berichteten von gemeinschaftlich umgesetzten und konzertiert angelegten Strukturen, in intensiv genutzten Ackergebieten, im Osten Österreichs. Paul Weiß ging hierbei noch gesondert auf die erfolgreiche Organisation und Finanzierung der Anlage von Biodiversitätsflächen durch die örtliche Jagdgesellschaft sowie die Unterstützung durch die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde ein. Der Landwirt Stefan Schmidt, dessen Betrieb ebenfalls in einer intensiven Ackerbauregion liegt, erläuterte die Umsetzung von Biodiversitäts- und Vernetzungsmaßnahmen auf seinem Betrieb und betonte neben der dauerhaften Flächenbegrünung die reduzierte Bodenbearbeitung. Ale drei betonten die Bedeutung von Altgrasstreifen, die über den Winter stehenden gelassen werden.

Andreas Badinger und Tanja Moser stellten ihre Grünlandbetriebe in Salzburg und Vorarlberg vor. Sie berichteten von der gezielten Umsetzung von Biodiversitätsmaßnahmen und der Anlage von neuen Strukturen – etwa der bewussten Anlage von Grasstreifen, auch mitten durch Intensivgrünland oder der bewussten Pflanzung bestimmter Baumarten. Thomas Labuda, vom Österreichischen Kuratorium für Landtechnik, stellte zudem ein Projekt vor, das in drei Modellregionen – vom Flachgau bis zum Waldviertel – überbetriebliche Lebensraumvernetzung testet und Wissen über Artenvielfalt und Lebensraumvernetzung vermittelt.

Erfolg für Naturschutz und Landwirtschaft
Die vorgestellten Beiträge zeigen eindrucksvoll, dass der Erhalt und die Förderung von Biodiversität kein Widerspruch zur landwirtschaftlichen Nutzung darstellt – im Gegenteil: Artenvielfalt bildet die Grundlage für langfristige Ertragsfähigkeit, ökologische Stabilität und regionale Wertschöpfung. Unterschiedlichste Maßnahmen – von Biodiversitätsflächen über Mehrnutzenhecken bis zu Agroforstsystemen – leisten wichtige Beiträge zur Lebensraumvernetzung und sind durch das ÖPUL gezielt förderbar. Entscheidend ist dabei die enge Zusammenarbeit von Landwirtinnen und Landwirten, Naturschutz, Jagd und Verwaltung sowie eine regionale, praxisnahe Umsetzung. Die vorgestellten Beispiele belegen, dass Biodiversität durch Engagement, Beobachtung und Kooperation erfolgreich erhalten und gefördert werden kann.

Landjugend Österreich: Interaktive Hofübernahme/Hofübergabe Broschüren

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Kompakt, verständlich und interaktiv:
Innerhalb von 10 Minuten werden die wichtigsten Infos rund um die Hofübernahme und Hofübergabe kompakt und verständlich in einem interaktiven Videoformat zusammengefasst. Die interaktive Aufbereitung der Materialien erlaubt es, individuell durch die verschiedenen Bereiche rund um die Hofübernahme zu navigieren und Zusatzinformationen herunterzuladen.

Die Landjugend Österreich hat die wichtigsten Tipps und Tricks für eine gelungene innerfamiliäre, aber auch außerfamiliäre Hofübernahme in den beiden bewährten Broschüren zusammengefasst. Dabei werden sämtliche Aspekte des Übergabeprozesses aus menschlicher, rechtlicher und steuerlicher Sicht behandelt. Diese Inhalte sind nun auch in Form einer interaktiven Hofübernahme/Hofübergabe Broschüre verfügbar. In Form von Kurzvideos werden junge Landwirtinnen und Landwirte durch den Prozess begleitet. Eingebettet sind außerdem Downloadmöglichkeiten zu weiterführenden Informationen und Checklisten sowie Weiterleitungen zu verschiedenen Kontaktdaten, die bei Fragen der Hofübernahme mit Rat und Tat unterstützen.

Mehr Informationen zur Hofübernahme und zur Initiative „Hofübernahme im Fokus – die Zukunft unserer Landwirtschaft“ sind HIER zu finden.

Podcast Tipp: Mutige Frauen braucht das Land!

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Bei einer gemeinsamen Wanderung entstand die Podcast-Idee. Raffaela Lackner und Elisabeth Leitner wollten ein gemeinsames Projekt starten, abseits ihres beruflichen Alltags. Sie waren es leid, immer nur Negatives über den ländlichen Raum, seine Unzulänglichkeiten und mögliche Abwanderungsgründe von Frauen zu hören. Ihr Projekt sollte einen positiven Beitrag leisten, denn ihre Erfahrungen waren ganz andere.

Am Land wimmelt es nämlich nur so von weiblicher Größe, von faszinierenden Frauen, die sich mutig dem Alltag stellen und den ländlichen Raum durch ihr Wirken und ihr Wesen gestalten und bereichern. Das wollen die beiden zeigen, und so starteten sie im Februar 2021 den Podcast „Mutige Frauen braucht das Land“, der bereits den Steirerin Award erhalten hat und auch einmal bei den Ö3 Podcast Awards unter den Finalist:innen war.

Einmal im Monat bringen die beiden eine Folge heraus. Das Spektrum reicht von Gründerinnen und Wiedereinsteigerinnen zu Bürgermeisterinnen und Politikerinnen bis zu Geschäftsführerinnen, Aussteigerinnen, Aufsteigerinnen und jedenfalls allesamt Macherinnen. Darunter befinden sich Polizistinnen, Landwirtinnen, Gastwirtinnen, Forscherinnen, Ärztinnen, Sportlerinnen, Regionalmanagerinnen, Diätologinnen, Künstlerinnen, Handwerkerinnen, Feministinnen, Bäckerinnen, Pädagoginnen, Filmemacherinnen, Studentinnen, Forstwirtinnen und noch so viel mehr mutige Frauen.

Raffaela und Elisabeth treffen diese Frauen vor Ort, dort wo sie wirken. Sie sprechen über deren Leben und fragen nach ihren Visionen und Lebenskonzepten. Nach ihren Strategien, Sehnsüchten und Weisheiten, aber auch nach Hoppalas und Wendepunkten in ihrem Leben. „Bei jedem Gespräch ist etwas dabei, dass uns bewegt, weiterbringt, Kraft und Motivation schenkt.“ meinen die beiden Frauen, die für das Projekt selbst auch eine Portion Mut mitgebracht haben. Sie haben sich die notwendigen Skills selbst beigebracht und machen den Podcast in ihrer Freizeit. „Unsere Belohnung ist es, wenn wir positives Feedback erhalten, die Hörer:innen unseren Podcast abonnieren und weitersagen und uns mutige Frauen empfehlen.“

Zu hören gibt es den Podcast auf allen gängigen Podcast Plattformen!

Dürfen wir vorstellen? Die Farmfluencer! – Geflügelhof Daller

Innovation
Lebensmittelversorgung
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Vor zwei Jahren hat der Verein Wirtschaften am Land das Projekt farmfluencer_at ins Leben gerufen. Farmfluencer sind junge Bäuerinnen und Bauern, die über soziale Medien Einblicke in die Landwirtschaft geben. 24 Farmfluencer aus ganz Österreich zeigen der Gesellschaft das echte Leben am Hof und erklären, was die österreichische Land- und Forstwirtschaft leistet. Mit authentischen und informativen Beiträgen erreichen sie tausende Menschen und bringen dabei nicht nur die schönen Seiten der Landwirtschaft näher, sondern beleuchten auch die Herausforderungen, mit denen sie tagtäglich konfrontiert sind. Gerade in einer Zeit, in der ein Großteil der Bevölkerung die Verbindung zur Landwirtschaft verloren haben, leisten die Farmfluencer wertvolle Aufklärungsarbeit. Zusammen mit der Jungen Landwirtschaft Österreich (JLW) möchten sie die Agrarkommunikation auf die nächste Stufe heben. Bei diesem gemeinsamen Projekt liegt ein besonderer Fokus auf den Themen Tierwohl, Kreislaufwirtschaft und der Reduzierung von Lebensmittelverschwendung. Um das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit zu schärfen und positive Veränderungen zu bewirken.

Wir haben mit Anna Daller vom Geflügelhof Daller über das Thema „Mut“ gesprochen:

Mut bedeutet, auch in unsicheren Zeiten nach vorne zu gehen. Was hat dich dazu bewogen, dich als Farmfluencerin digital zu zeigen und Einblicke in deinen landwirtschaftlichen Alltag zu geben? Wo liegen deine Schwerpunkte?

Ich habe mit Social Media angefangen, um zu zeigen, wie viel Arbeit es ist, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen, was Nebenerwerb heißt und auch Frauen in der Landwirtschaft zu vertreten und zu zeigen, dass Frauen genau die gleiche Rolle am Betrieb einnehmen können wie Männer. Ich will zeigen, was so eine Bäuerin alles machen muss und vor allem machen kann. Ich will auch für Resilienz stehen und Hürden mit einer Prise Humor nehmen und auch so teilen.

Der Schwerpunkt an meinem Betrieb ist die Direktvermarktung der Nudeln. In diesen Bereich stecke ich auch die meiste Zeit und Energie, um dies auszubauen. Dazu gehört die derzeit kleine Legehennenhaltung. Wir haben auch Ackerbau am Betrieb. Mit dem Ackerbau will ich mich in den nächsten Jahren dann noch tiefer befassen. Leider fehlte dafür bis jetzt immer die Zeit.

In Zeiten des Klimawandels, wirtschaftlicher Herausforderungen und gesellschaftlicher Veränderungen braucht es innovative Ansätze. Welche mutigen Entscheidungen hast du in deinem Betrieb getroffen, um zukunftsfähig zu bleiben?

Ich bin tatsächlich erst das zweite Jahr Betriebsführerin und habe deshalb noch wenige große Schritte gewagt bis dato, die Ideen und Pläne sind aber definitiv da. Ein großes Projekt war die Umstellung von den Elterntieren damals auf die kleine Legehennenhaltung. Ich habe überlegt, was die Konsument:innen wollen und das war eindeutig mehr Tierwohl und Transparenz. Wir haben somit einen sehr großräumigen Stall mit Fenstern für viel Tageslicht und im Hofladen Fenster in den Hühnerstall, wo die Konsument:innen beim Einkauf direkt auch sehen, wie es den Tieren geht, von denen die Produkte kommen.

Ein weiteres Projekt war der neue Trockenraum für die Nudeln, den wir Ende letztes Jahr aufgestellt haben. Die Nudelproduktion soll in weiterer Folge mit Sonnenenergie betrieben werden. Dieses Jahr werde ich den Auslauf für die Hühner noch fertig machen, für noch mehr Tierwohl.

Veränderungen sind oft mit Unsicherheiten verbunden und manchmal läuft nicht alles nach Plan. Gab es in deinem Berufsalltag Momente des „Scheiterns“ beziehungsweise des Wieder-Aufstehens – und was/ hast du daraus für dich (und deinen Betrieb) gelernt?

Tatsächlich gab es damals, als ich angefangen habe nach der Schule am Betrieb zu arbeiten, einen großen Moment der Ungewissheit. Es gab in dieser Zeit einige gesetzliche Änderungen, welche sich direkt auf unseren Betrieb ausgewirkt haben. Der Betrieb ist 2017 so umgebaut worden, dass ich in Zukunft zwei Gruppen Bio-Lege-Elterntiere halten und von der Landwirtschaft leben kann. Aufgrund der Änderungen, die damals gefordert waren und der daraus resultierenden Probleme, haben wir uns entschieden, die Elterntierhaltung aufzugeben. 

Ich habe dann mit der Betriebsübernahme den Schritt gewagt, wieder Hühner einzustellen, aber im kleinen Rahmen, um selbst alle Rahmenbedingungen für meine Tiere und mich bestimmen zu können. Ich habe aus diesen Tiefpunkten gelernt, dass man immer auf kurzfristige Änderungen vorbereitet sein muss und für einen erfolgreichen Betrieb ausreichend finanzielle Puffer braucht, um auf solche Situationen entsprechend reagieren zu können. Vor allem will ich aber auch in Zukunft daran arbeiten, meinen Betrieb vielseitig aufzustellen, um nicht auf eine einzelne Einkommensquelle angewiesen zu sein, da dies auch eine höhere Krisensicherheit gewährleistet.

Was gibt dir persönlich Kraft und Zuversicht, trotz der vielen Herausforderungen, mit Leidenschaft und Innovationsgeist in die Zukunft der Landwirtschaft zu blicken?

Ich sehe meinen Betrieb als Chance, dass ich aus dem, woran meine Eltern ihr ganzes Leben gearbeitet haben und was sie über die Jahre aufgebaut haben, etwas Großartiges machen kann. Ein Bauernhof ist eine Chance, sich mit Ehrgeiz, Engagement und viel Mut etwas aufzubauen und sich selbst zu verwirklichen. Diese Chance bekommt nicht jede/r in ihrem/seinem Leben und ich bin sehr dankbar dafür. 

Du bekommst mit einem Bauernhof ein Buch mit vielen Seiten, die du alle so beschreiben kannst, wie du willst. Dieser Gedanke schafft es (welche Hürden auch in Zukunft auf mich zukommen werden), dass ich mit Zuversicht Lösungen und neue Wege finde.

Mut ist ansteckend und Vorbilder können viel bewirken. Was würdest du anderen jungen Menschen raten, die sich für die Landwirtschaft interessieren, aber vielleicht Angst vor den Unsicherheiten und Herausforderungen in diesem Beruf haben?

Ich würde ihnen raten, mutig zu sein und den Sprung ins kalte Wasser zu wagen, wenn Begeisterung dafür da ist. Die Landwirtschaft bietet so viele Chancen, sich selbst zu verwirklichen, Spezialist:in in Gebieten zu werden, wo die wenigsten überhaupt einen Einblick bekommen. Ich habe den Betrieb mit 24 Jahren übernommen. Es ist eine große Herausforderung am Anfang und man weiß vieles nicht und einiges geht am Anfang auch schief. Man darf nicht gleich entmutigt werden und braucht ein dickes Fell. Ich bin ein Mensch, der immer Rückhalt braucht, weshalb ich auch noch neben der Landwirtschaft arbeiten gehe. Dies ist eine Option für Menschen, die auch dieses Sicherheitsnetz brauchen, falls etwas schief geht. Etwas, das ich den Menschen aber mitgeben will, ist, dass der Beruf Landwirtin und Landwirt harte Arbeit bedeutet. Er fordert Resilienz und Ehrgeiz. Vor allem am Anfang, wenn man sich erst etwas aufbauen will, muss man die Arbeit oft vor andere Dinge stellen. Ich würde den Menschen aber auch mitgeben, dass sie daran arbeiten sollen, etwas aufzubauen, das nicht das ganze Leben lang bedeutet, die Arbeit vor alles andere zu stellen.

Gibt es Momente, in denen du spürst, dass es als Frau in der Landwirtschaft besonderen Mut braucht? Wenn ja, wie gehst du damit um?

Ich fühle mich als Frau in der Landwirtschaft oft unter Druck, mir keine Fehler erlauben zu dürfen. Vor allem, weil ich dafür einstehe, dass Frauen in der Landwirtschaft das Gleiche können wie Männer. Ich bin darum immer eher ängstlich, wenn ich etwas Neues lerne oder probiere, dass mich jemand dabei sieht, wie ich es nicht kann. Da brauche ich immer sehr viel Mut, trotzdem den Schritt zu wagen – sei es, Gülle fahren lernen oder mit der Motorsäge schneiden etc.

Es braucht für mich als Frau auch viel Mut, um Hilfe zu bitten. Ich versuche zwar immer nach dem Motto „Improvise – Adapt – Overcome“ zu leben und will zeigen, wie stark ich als Frau bin und was ich alles kann, aber manchmal reichen meine Kraft oder meine Fähigkeiten nicht und ich muss um Hilfe bitten. Da muss ich mich selbst auch immer überwinden.

Was bedeutet „Mut“ für dich persönlich? 

Mut bedeutet für mich, für meine Werte, meinen Glauben und für mich selbst einzustehen.  Mut bedeutet, für mich einzustehen und mich nicht von anderen klein machen zu lassen. 

Es bedeutet immer an mich und meine Fähigkeiten zu glauben. 

Mut bedeutet aber auch, einen Schritt zurückzugehen und sich neu zu orientieren, wenn es notwendig ist.

 

Anna Daller im Interview mit Stephanie Topf, Netzwerk Zukunftsraum Land

Zwischen Strategie und Struktur: Wie Gleichstellung in der GAP-Umsetzung gelingen kann

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Die Arbeitsgruppe Geschlechtergleichstellung im Rahmen des GAP-Strategieplans wurde eingerichtet, um die Gleichstellung der Geschlechter in der Umsetzung und Wirkung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu verbessern. 

Im GAP-Strategieplan ist die Geschlechtergleichstellung als ein zentrales Querschnittsthema verankert. Ziel ist es, Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern im landwirtschaftlichen Sektor und im ländlichen Raum sicherzustellen sowie bestehende Ungleichheiten abzubauen. Wir sprachen mit Veronika Resch-O’Hogain, Leiterin der Arbeitsgruppe, über deren Ziele, Maßnahmen und Wirkungen:

Frau Resch-O’Hogain, Sie leiten diese Arbeitsgruppe, was war die zentrale Motivation für deren Einrichtung?

Gleichstellung ist ein Thema, das alle Lebens- und Politikbereiche betrifft – so auch die Landwirtschaft und Regionalentwicklung. Vor etlichen Jahren las ich in einer österreichischen Tageszeitung zum Thema Gleichstellung den Satz: „Verbale Aufgeschlossenheit bei gleichbleibender Verhaltensstarre“. Dieser Satz beschreibt für mich die Situation sehr treffend. Zwar wird in der männlich dominierten Agrarpolitik heute niemand mehr die wichtige Rolle von Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben infrage stellen, doch die Bereitschaft, Veränderungen zugunsten von Frauen herbeizuführen, bleibt überschaubar. 

Genau hier setzt die Arbeitsgruppe an: Wir wollen Möglichkeiten ausloten, wie Gleichstellung in der Umsetzung und Wirkung des GAP-Strategieplans verbessert werden kann. Wir, das sind in diesem Fall Stakeholder aus den Bereichen Agrarpolitik und ländliche Entwicklung, wie Kammern, Regierungsorganisationen und NGOs. 

Es ist mir wichtig zu betonen, dass wir nicht bei null anfangen. In den vergangenen Jahren wurden bereits konkrete Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt – oft unter Einbeziehung von Expert:innen in gemeinsamen Arbeitsgruppen. Dennoch bleibt viel zu tun.

Wie ist das Thema Geschlechtergleichstellung im GAP-Strategieplan strukturell verankert?

Die GAP-Strategieplan Verordnung gibt neun spezifische Ziele vor, welche durch die Umsetzung der Fördermaßnahmen erreicht werden sollen. Das Ziel 8 bezieht sich ausdrücklich auf die „Förderung […] der Gleichstellung der Geschlechter, einschließlich der Beteiligung von Frauen an der Landwirtschaft, sozialer Inklusion…“. Der Auftrag ist somit klar und deutlich formuliert – doch wie dieser erreicht werden soll, bleibt offen. Es lassen sich nicht auf den ersten Blick Fördermaßnahmen erkennen, die genau auf diese Zielsetzungen fokussieren. Daher verfolgen wir in Österreich den Ansatz, dass viele der bestehenden Maßnahmen eine Wirkung in Richtung Gleichstellung entfalten können – vorausgesetzt sie werden tatsächlich gleichstellungsorientiert umgesetzt. Hier gibt es viele Möglichkeiten, aber derzeit noch wenig Erfahrungen, welche Maßnahmen tatsächlich die Situation von Frauen in der Landwirtschaft verbessern. 

Die Ausgestaltung der Förderprogramme ist je nach EU-Mitgliedsstaat sehr unterschiedlich, besonders spannend finde ich dabei die Ansätze anderer Länder wie Spanien oder Irland, die proaktiv vorgehen. Ihre Evaluierungen werden wertvolle Erkenntnisse liefern.

Was bedeutet aus Ihrer Sicht Gleichstellung im landwirtschaftlichen/ländlichen Kontext, und warum ist sie für eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums so wichtig?

Ein Wirtschaftssektor oder eine Region kann sich nur dann langfristig gut entwickeln, wenn alle Menschen – unabhängig vom Geschlecht – eine finanzielle Existenz nach ihren Lebensentwürfen aufbauen und soziale Absicherung erreichen können. Doch Statistiken zeigen: Frauen haben oft einen schwierigeren Zugang zu Ressourcen. Sie erben seltener Betriebe – die häufigste Form des Eigentumserwerbs in der Landwirtschaft – und stoßen immer noch auf veraltete Rollenbilder in Familie, Werbung oder Beratung. Diese schränken ihre Entfaltungsmöglichkeiten ein oder erschweren sie zumindest erheblich. 

Frauen sind zudem nicht entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil in politischen Gremien vertreten; das gilt sinngemäß auch für die Mitsprache in den diversen Ebenen der Interessensvertretungen.

Dank engagierter Frauen und Männer wurden bereits Fortschritte erzielt. In der höheren landwirtschaftlichen Ausbildung sind Mädchen stark vertreten. Auch die Forderung von Frauen an politischer Mitsprache und Entscheidungsbefugnis wird aufgrund von Eigeninitiativen oder durch Programme vorangetrieben – doch handelt es sich meist um Einzelfälle und nicht um einen systemischen Ansatz.

Kurz gesagt: „Gleichstellung bedeutet, dass Frauen für ihre Arbeit in der Landwirtschaft gleiche finanzielle und soziale Absicherung sowie Anerkennung und politische Mitsprache erhalten – Voraussetzungen für gute Partnerschaften.“ Hier ist meiner Ansicht nach noch viel zu tun – von beiden Geschlechtern. Denn nur wer repräsentiert ist, kann sicherstellen, dass die eigenen Perspektiven und Rechte in politischen Maßnahmen, Programmen und Rechtstexten berücksichtigt werden.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung von Gleichstellungsmaßnahmen im landwirtschaftlichen Bereich? 

Die größte Herausforderung sehe ich derzeit darin, überhaupt gemeinsame Ziele für Gleichstellungsmaßnahmen im landwirtschaftlichen Bereich zu definieren. Dafür müssen Entscheidungsträger:innen zunächst von den Vorteilen einer Gleichstellung überzeugt werden. Es ist ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft und für ein demokratisches System, wenn jede und jeder sich frei entfalten kann – ohne durch Rollenbilder eingeschränkt zu werden.

In Einzelgesprächen oder Workshops stoße ich oft auf zurückhaltende Zustimmung auf strategischer Ebene. Doch wenn ich konkret frage, ob man sich für die eigenen Kinder gleiche Chancen wünscht – sei es beim Zugang zu (finanziellen) Ressourcen oder bei der Entlohnung für Arbeitsleistungen und Absicherung –, ist die Antwort ein klares „Ja“.

Sobald dieser Wille zur Gleichstellung vorhanden ist, bleibt jedoch die Frage: An welchen Stellschrauben soll gedreht werden? Zum Glück können wir hierzu auf die Erkenntnisse von österreichischen Wissenschaftler:innen zurückgreifen, die zu diesem Thema schon langjährig forschen. Auch auf EU-Ebene werden derzeit mehrere Horizon-Projekte umgesetzt, die sich genau diesem Thema widmen.

Aufgrund der eingangs beschriebenen Situation fokussieren wir in unserer Arbeitsgruppe auf das Förderprogramm GAP-Strategieplan mit dem Ziel in wenigen ausgewählten Maßnahmen noch in der laufenden Umsetzung Gendermainstreaming-Ansätze einzubauen und haben hierzu einen konkreten Maßnahmenplan aufgestellt.

Die Arbeitsgruppe hat einen umfassenden Maßnahmenplan erarbeitet. Davon sind 3 Schwerpunkbereiche nun in Umsetzung: Gleichstellung in der Beratung, in Investitionen sowie im regionalen Kontext. Wie kam es zu dieser Priorisierung? 

Der GAP-Strategieplan umfasst zahlreiche Maßnahmen, die sich beispielsweise hinsichtlich Zielsetzung (Nutzen auf betrieblicher Ebene oder auf regionaler Ebene), förderwerbenden Personen (Einzel-Antragsteller:innen versus kooperative Akteur:innen), landwirtschaftlicher Kontext oder ländlicher Raum unterscheiden. In Workshops haben wir diese Vielfalt anhand einiger Kriterien eingegrenzt. Die Priorisierung erfolgte beispielsweise anhand des Budgetvolumens, denn Interventionen mit hoher Dotierung lassen eine höhere Wirkung bei verbesserter Geschlechtergleichstellung erwarten. Außerdem sollte ein Handlungsspielraum gewährt sein – also Steuerungsschrauben, an denen auch während der laufenden Planumsetzung gedreht werden kann. Im Sinne einer evidenzbasierten Politikumsetzung sollte auch die Möglichkeit zur Erhebung von Daten und entsprechende Evaluierungsmöglichkeiten genutzt werden können. 

Daraus ergab sich der Fokus auf die drei Bereiche: 

  • land- und forstwirtschaftliche Beratung, 
  • Investitionen und Diversifizierungstätigkeiten auf landwirtschaftlichen Betrieben, 
  • Fokus auf eine Region und den dort umgesetzten Maßnahmen zur Stärkung des ländlichen Raums. 

Ich freue mich, dass wir in all diesen Bereichen mit den entscheidenden Playern, also jenen Organisationen, die die Maßnahmen umsetzen, sehr konstruktiv zusammenarbeiten. So konnten wir in mehreren Workshops mit Vertreter:innen der Landwirtschaftskammern aus deren konkreten Erfahrungen in Beratungssituationen lernen und gemeinsam Lösungsansätze diskutieren.

Für den regionalen Fokus wurde die LEADER-Region Hermagor ausgewählt. Wird es weitere Pilotregionen geben?

Die LEADER-Region Hermagor hat sich als Pilotregion angeboten – ein wichtiger Schritt! Wir analysieren dort die bestehende lokale Entwicklungsstrategie unter dem Aspekt des Gendermainstreamings. Es geht also darum, sicherzustellen, dass bei der Umsetzung der geplanten Schwerpunkte und Projekte Frauen und Männer gleichermaßen profitieren. Um dies zu bewältigen, muss zuerst Wissen über die unterschiedlichen Bedürfnisse/Nutzungsverhalten von Männern und Frauen aufgebaut werden (Infrastruktur zur Mobilität, Dienstleistungen etc.). 

Gemeinsam mit der Region werden Gleichstellungsziele und Maßnahmenansätze für konkrete Umsetzungsvorhaben erarbeitet. Um diesen Prozess zu begleiten, finanzieren wir eine Expertin, welche die Verantwortlichen der LEADER-Region über den Zeitraum von mehreren Monaten gezielt unterstützt.

Aufbauend auf den Erfahrungen der LEADER-Region Hermagor möchten wir langfristig auch anderen Regionen Handlungsempfehlungen zur Verfügung zu stellen. Dabei wollen wir auch den Austausch mit anderen Fonds, wie beispielsweise dem ESF+, nutzen beziehungsweise auf Erkenntnisse von Regionen setzen, die aus Eigeninitiative eine Vorreiterrolle beim Thema Chancengleichheit einnehmen.

Welche Ergebnisse erwarten Sie sich von den laufenden Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf die langfristige Wirkung im landwirtschaftlichen Sektor?

Ich erwarte kleine, aber messbare Fortschritte auf struktureller Ebene, wie beispielsweise landwirtschaftliche Beratungsangebote, die explizit Frauen und Männer ansprechen und wo auf die Finanz- und Arbeitszeitressourcen aller am Hof Lebenden eingegangen wird. Hier geht es darum, die guten Leistungen einzelner Berater:innen in die Breite zu tragen. Außerdem erwarte ich mir auf Basis unserer Evaluierungsprojekte ein besseres Verständnis darüber, wie Frauen an den landwirtschaftlichen Investitionsförderungen teilhaben. Ähnliches gilt für die Umsetzung von LEADER-Projekten. 

Langfristig erhoffe ich mir, dass wir aufgrund unserer guten Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe und den umgesetzten Projekten das Thema Chancengleichheit positiv besetzen können und somit dazu beitragen, dass sich eine gleichstellungsorientierte Kultur in der Agrarpolitik entwickelt. Diese sollte sich in den Zielsetzungen und Ausgestaltungen zukünftiger Politikmaßnahmen und Gremienbesetzungen widerspiegeln. 

Für mich steht fest: langfristige Erfolge können nur gemeinsam erreicht werden – durch aktive Beteiligung beider Geschlechter.

Veronika Resch-O’Hogain ist Mitarbeiterin der Abteilung II/2: Koordination GAP-Strategiepläne und EU-Fischereifonds im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft. 

Interview: Netzwerk Zukunftsraum Land/ Stephanie Topf

Gender Mainstreaming in der Agrarpolitik – Interview mit Heide Cortolezis

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Die Arbeitsgruppe Geschlechtergleichstellung im Rahmen des GAP-Strategieplans wurde eingerichtet, um die Gleichstellung der Geschlechter in der Umsetzung und Wirkung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu verbessern. Im GAP-Strategieplan ist die Geschlechtergleichstellung als ein wichtiges Querschnittsthema verankert. Sie zielt darauf ab, Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern im landwirtschaftlichen Sektor und im ländlichen Raum sicherzustellen und bestehende Ungleichheiten abzubauen. 

Wir haben mit Heide Cortolezis, die als Fachexpertin Teil der Arbeitsgruppe (AG) ist, gesprochen. Im Gespräch erklärt sie die Bedeutung von Gender Mainstreaming in der Agrarpolitik und wie dieses Prinzip in der Arbeit der AG umgesetzt wird.

Frau Cortolezis, Sie sind Expertin für Gender Mainstreaming. Was bedeutet dieser Ansatz konkret – besonders im Kontext der Landwirtschaft und des ländlichen Raums?

Gender Mainstreaming (GM) ist ein strategisches Instrument, das darauf abzielt, Gleichstellung systematisch in allen Bereichen mitzudenken – auch in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum. Es geht darum, Veränderungen bewusst zu gestalten, und das funktioniert nur, wenn man gemeinsam erkennt, warum etwas verändert werden muss (der „Case for Action“) und welches Ziel man dabei verfolgt. Damit Gender Mainstreaming wirklich umgesetzt wird, muss klar benannt werden, was im jeweiligen Kontext unter Gleichstellung verstanden wird und wohin die Entwicklung führen soll. Diese Zielsetzung muss auf strategischer Ebene erfolgen. Erst dann können Strukturen – wie Zuständigkeiten, Entscheidungswege, Verfahren oder Budgeteinsätze – so angepasst werden, dass sie konkret zur Erreichung dieser Ziele beitragen.

Wie haben Sie Ihre Expertise in die Arbeit der Arbeitsgruppe Geschlechtergleichstellung eingebracht? Gab es spezielle Aspekte des Gender Mainstreamings, die Sie besonders betonen wollten?

In meiner Arbeit in der Arbeitsgruppe war es mir wichtig zu betonen, dass Gleichstellung nicht nur „Frauensache“ ist. Alle Maßnahmen zur Entwicklung von Landwirtschaft und ländlichem Raum sollten immer auch danach gefragt werden, wie sie sich auf Frauen und Männer unterschiedlich auswirken. Leider bleibt die Gender-Perspektive in der Praxis oft auf einzelne Projekte für Frauen beschränkt. Dabei geht es nicht nur darum, etwas für Frauen zu tun, sondern durch ihre aktive Beteiligung etwas für die Landwirtschaft insgesamt zu erreichen. Das volle Potenzial beider Geschlechter zu nutzen, ist entscheidend für die Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe – wird aber oft durch traditionelle Strukturen ausgebremst.

Welche Herausforderungen oder Hürden sehen Sie aktuell bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming in agrarpolitischen Programmen wie dem GAP-Strategieplan?

Eine der größten Hürden ist, dass klare Gleichstellungsziele oft fehlen – dabei sind sie ein zentraler Bestandteil von Gender Mainstreaming. Es wird selten eindeutig formuliert, was Gleichstellung in einem bestimmten Programm überhaupt bedeutet und was konkret erreicht werden soll – etwa durch Fördermaßnahmen oder Projekte. Wenn das unklar bleibt, fehlen auch die konkreten Schritte, um Gleichstellung gezielt voranzubringen. Ohne strategischen Rahmen und ohne klare Kommunikation nach außen bleibt das Thema oft vage – und verliert dadurch an Wirkung.

Gender Mainstreaming wird oft als Werkzeug zur Förderung von Gleichstellung gesehen. Wenn Sie die aktuelle Umsetzung mit der Implementierungsphase der AG – etwa um 2018 – vergleichen: Erkennen Sie Unterschiede in der Herangehensweise oder im Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit?

Ja, es gibt deutliche Unterschiede. In der Förderperiode 2014–2020 wurden im Zuge der Ex-ante-Evaluierung zwar Ziele und Empfehlungen für mehr Gleichstellung erarbeitet, aber nur teilweise umgesetzt. Die damalige Arbeitsgruppe hat viele Maßnahmen angestoßen, jedoch eher breit gestreut.

Im aktuellen Konzept wird nun gezielter und tiefer gearbeitet – einzelne Maßnahmen oder Interventionen stehen im Fokus, werden dafür aber mit allen Beteiligten intensiv und mit klaren Zielsetzungen bearbeitet. Das macht den Umsetzungsprozess transparenter und nachvollziehbarer – und schafft eine gute Grundlage, um diese Herangehensweise künftig auf weitere Bereiche zu übertragen.

Wie bewerten Sie die bisherigen Maßnahmen der Arbeitsgruppe in den Bereichen Beratung, Investitionen und regionale Umsetzung aus der Perspektive des Gender Mainstreamings?

Im Bereich Beratung wurde intensiv und erfolgreich mit allen relevanten Ebenen zusammengearbeitet:
Praxis: Berater:innen aus dem Feld,
Umsetzung: Landwirtschaftskammern,
Ausbildung: Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik.

Gemeinsam wurden die Beratungssituation und bestehende Weiterbildungsangebote analysiert. Daraus entstand eine „Landkarte der Hebelpunkte“, die zeigt, wo im Beratungsprozess Gleichstellung besonders wirksam gefördert werden kann. In Workshops mit den Organisationen und dem BML wurden daraufhin klare Ziele und konkrete Schritte zur Umsetzung und strukturellen Veränderung definiert – ein echter Fortschritt.

Im Bereich Investitionen analysiert derzeit die BAB (Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen) Investitionsprojekte hinsichtlich ihrer Gender-Wirkung – also zum Beispiel Anzahl, Volumen und Themen der geförderten Projekte in der landwirtschaftlichen Erzeugung und Diversifizierung. Auf Basis dieser Daten werden die nächsten Maßnahmen entwickelt.

Die regionale Umsetzung hat leider etwas später begonnen. Erste Schritte wurden mit zwei Workshops gemacht, in denen ein gemeinsames Verständnis von Gender Mainstreaming erarbeitet wurde. Der wichtige Austausch mit dem Vorstand ist für Ende April 2025 geplant – ein zentraler Meilenstein für die weitere Verankerung.

Inwiefern trägt die Auswahl der LEADER-Region Hermagor als Pilotprojekt dazu bei, Gender Mainstreaming auf regionaler Ebene zu verankern?

Die Pilotregion wird ihre bestehende Lokale Entwicklungsstrategie um Gleichstellungsziele ergänzen. Jenseits von „sex-counting“ und strategischen Feldern, in denen eindeutig Frauen und Männer als solche sichtbar sind, soll nachvollziehbar werden, was es bedeutet, wenn „alle in allen Bereichen eine Gleichstellungsperspektive“ einnehmen.

Neben der inhaltlichen Verankerung von Geschlechtergleichstellung in der Lokalen Entwicklungsstrategie gilt es mit der LAG – vor allem mit jenen Akteurinnen und Akteure der LAG, die in steuernden und entscheidenden Funktionen sind (Vorstand/ Projektauswahlgremium) – zu konkretisieren, welches Governance- und Steuerungssystem praktikabel ist.

Wir hoffen, die Ergebnisse sind gut auf andere Leader-Regionen übertragbar.

Welche langfristigen Wirkungen erhoffen Sie sich durch die Maßnahmen der Arbeitsgruppe im Hinblick auf eine nachhaltigere und gerechtere Agrarpolitik?

Im Bereich Beratung ist eine sehr positive Veränderung zu erwarten, da alle beteiligten Organisationen tatsächlich gebündelt den gemeinsam formulierten Gleichstellungszielen zuarbeiten und die vereinbarten Schritte umsetzen.

Im Bereich Investitionen sind spannende Evaluierungsergebnisse zu erwarten. Falls sich Muster hinsichtlich geschlechtsspezifisch konnotierter Themen/ Arbeitsbereiche, Förderwerberinnen und Förderwerber, Investitionshöhen, etc. identifizieren lassen, können die Strukturen dahingehend verändert werden, dass die wirtschaftlichen Leistungen und der Beitrag zur Sicherung und Entwicklung der Betriebe von Frauen und Männern explizit die gleiche Bewertung und Anerkennung erhalten. Und es gibt noch weitere Maßnahmen, die die AG während der Programmlaufzeit umsetzen möchte.

 Wo sehen Sie bereits positive Entwicklungen im Bereich der Geschlechtergleichstellung im ländlichen Raum?

Es gibt bereits eine wachsende Bereitschaft unter den Akteur:innen, sich hinter das gemeinsame Ziel zu stellen, die ländliche Entwicklung geschlechtergerecht zu gestalten. Das heißt: Frauen und Männer sollen gleichermaßen mitentscheiden, mitgestalten und Verantwortung übernehmen können – in allen Bereichen des Lebens, sei es in der Produktion, im sozialen Miteinander oder in der Familienarbeit. Dieses Verständnis findet zunehmend Unterstützung, und viele Akteur:innen ziehen in diese Richtung mit.

Der politische Diskurs über Frauen ist aber nach wie vor gekennzeichnet durch den Blick auf Frauen in ihren privaten Rollen, sprich „Mütter“ oder durch den Versuch, Frauen in Richtung männlich „upzugraden“.  Obwohl Frauen im ländlichen Raum mittlerweile über eine ebenso gute oder höhere Ausbildung wie Männer verfügen, mit Kettensägen umgehen und Traktor fahren können, neue Einkommensmöglichkeiten am Hof erschließen, sind alle bisherigen Aufgaben und Zuschreibungen aus den alten Gender-Rollen bei ihnen geblieben.

Daher verfügen sie über weniger Zeit ihr vorhandenes Potential einzusetzen. Ihre Mitgestaltungsmöglichkeiten werden oft durch Vorgaben zur Zusammensetzung von Gremien und zeitliche Organisation von Sitzungen eingeschränkt. Es braucht also mehr Mut für „Männerförderprojekte“, um die männliche Geschlechterrolle auch am Land ganz aktiv zu verändern und zu erweitern.

„Upgrade“ in Richtung weiblich: Mehr Kuchenbacken, mehr Vaterschaft, etwas mehr Zurückhaltung, wenn sie im Gremium nichts wirklich Wichtiges zu sagen haben, dafür die Arbeitskleidung von allen waschen und bügeln, …

Da liegt noch viel Kulturarbeit vor uns. Aber zumindest die Strukturen könnten wir schnell ändern.

 

Interview: Netzwerk Zukunftsraum Land/ Stephanie Topf