Frischer Wind durch EIP-AGRI

Themenbereich
Innovation

23.09.2019

Die EIP-AGRI strebt danach, Synergien zu schaffen, durch die der Austausch zwischen Partnerinnen und Partnern aus unterschiedlichen Bereichen, Sektoren, Initiativen und Projekten gefördert wird. Im Mittelpunkt steht die Zusammenarbeit zwischen Landwirtinnen und Landwirten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Durch diesen Brückenschlag zwischen Praxis und Forschung sollen Probleme aus dem land- und forstwirtschaftlichen Umfeld innovativ gelöst und rascher in neue Produkte, Dienstleistungen und Technologien umgesetzt werden. Dieser Grundgedanke, mit dem die Europäische Kommission EIP-AGRI ins Leben gerufen hat, klingt sehr einfach. Nach nun mittlerweile vier Aufrufen stellt sich die Frage nach den ersten Ergebnissen. Das Netzwerk Zukunftsraum Land hat dazu mit Gerhard Pretterhofer (Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus – BMNT), Sophie Pfusterschmid (Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen) und Gabriele Gollner (Universität für Bodenkultur und Operationelle Gruppe BIOBO) gesprochen, um mehr über die aktuelle Umsetzung von EIP-AGRI in Österreich zu erfahren.

Herr Pretterhofer, welches Resümee ziehen Sie aus Sicht des BMNT nach den vier EIP-AGRI-Aufrufen?
Gerhard Pretterhofer: Es gab seit 2015 vier Aufrufe zur Einreichung von EIP-AGRI - Projekten im Rahmen des Programms LE 14–20 (Vorhabensarten 16.1.1 und 16.2.1). Insgesamt wurden 128 Ideen eingereicht und inzwischen haben sich 29 Operationelle Gruppen formiert, um innovative Projekte für die österreichische Landwirtschaft umzusetzen. Das aktuell verplante Budget für die Vorhabensarten 16.1.1 und 16.2.1 beträgt rund 10,5 Millionen Euro (EU, Bund, Länder).
Einige wenige Gruppen haben ihre Arbeit bereits abgeschlossen und jene aus dem 4. Aufruf haben gerade erst begonnen. Auch wenn viele Projekte noch im Laufen sind und es für eine Gesamtzusammenschau vielleicht noch etwas verfrüht ist, so ist für uns bereits jetzt die Themenvielfalt der Projekte und die Vielzahl der beteiligten Akteurinnen und Akteure bemerkenswert. Inhalte und Ergebnisse der einzelnen Projekte finden Sie in der Projektdatenbank des Netzwerks Zukunftsraum Land bzw. auch auf der EIP-AGRI Webseite der Kommission: https://www.zukunftsraumland.at/projekte bzw. https://ec.europa.eu/eip/agriculture/en/my-eip-agri/operational-groups/projects

Welche Rolle werden Innovation und auch die EIP-AGRI in der nächsten Periode spielen?
Gerhard Pretterhofer: Innovation und Wissenstransfer werden weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Aus aktueller Sicht wird daher die EIP-AGRI in der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 wieder umgesetzt. Es sollen auch zukünftig wieder Operationelle Gruppen bei der Suche nach Lösungen für aktuelle Probleme und Herausforderungen in der landwirtschaftlichen Praxis unterstützt werden. Akteurinnen und Akteuren in den Operationellen Gruppen sollen sich künftig verstärkt außerhalb ihres eigenen Projekts und außerhalb der Region, in der sie arbeiten, vernetzen – also mit anderen Operationellen Gruppen im europäischen Raum, mit thematisch verwandten Forschungsprojekten, mit Multiakteurprojekten im Rahmen des europäischen Programms für Forschung und Innovation – Horizon Europe und mit landwirtschaftlichen und außerlandwirtschaftlichen Organisationen.

Frau Pfusterschmid, Sie haben die EIP-AGRI im Auftrag des BMNT evaluiert. Welche ersten Erkenntnisse können Sie uns im Zusammenhang mit der Umsetzung von EIP-AGRI in Österreich mitteilen?
Sophie Pfusterschmid: Durch einen gezielten Einsatz von Wissenstransfer- und Innovationsmaßnahmen soll die Erreichung der EU2020-, GAP- und LE-Ziele unterstützt werden. Die EIP-AGRI ist dabei ein wichtiges Innovationsförderinstrument. Im Evaluierungszeitraum 2014-2018 haben sich 18 Operationelle Gruppen (OG) gebildet. Inwieweit die OG praxisrelevante Problemstellungen zur Generierung von Innovationen aufgegriffen haben, lässt sich erst zu einem späteren Zeitpunkt, nach Abschluss der Projekte, beurteilen. Auch wenn der Innovationsgrad bzw. Innovationsgehalt der Projekte zum Evaluierungszeitpunkt zum Teil noch nicht einschätzbar war, da z. B. Abschlussberichte und Ergebnisse noch ausstehen, haben sich Netzwerke gebildet, die zu hochaktuellen Problemstellungen arbeiten, nach Lösungen suchen und Wissen und Erfahrungen austauschen.
Betrachtet man die Zusammensetzungen der 18 OG, so variiert die Anzahl zwischen 4 und 28 Kooperationspartnerinnen und -partnern je OG, wobei es neben den direkten Kooperationsbeteiligten auch externe Partnerinnen und Partner bzw. einen weiteren Kreis an interessierten Betrieben gibt. In der Zusammensetzung der OG sind landwirtschaftliche Betriebe stark vertreten, ebenso vertreten sind Interessenvertretungen und Verbände, Unternehmen und NGOs. Insgesamt sind rund 190 Kooperationspartnerinnen und -partner über diese Maßnahme Teil des land- und forstwirtschaftlichen Innovationsnetzwerkes. Forschung und Wissenschaft finden sich öfter in beratenden Rollen, als strategische Partner oder externe Dienstleister. Die Zusammensetzung und Anzahl der Mitglieder der OG sind gut abgestimmt auf die inhaltliche Fragestellung und die zu erwartenden Innovationen, was daraufhin hinweist, dass durch einen Brückenschlag zwischen Praxis und Wissenschaft die angestrebten Innovationen verwirklicht werden und ein Wissenstransfer stattfindet.

In Ihrer Evaluierung haben Sie auch die Aktivitäten der Innovationsbrokerin, Johanna Rohrhofer, analysiert. Welche Erkenntnisse können Sie bereits ableiten?
Sophie Pfusterschmid: Vernetzung, Wissenstransfer und Kommunikation durch Operationelle Gruppen und deren Beziehungen zum Umfeld sind wichtige Erfolgsfaktoren für die EIP-AGRI. Das Netzwerk Zukunftsraum Land unterstützt durch die Tätigkeit der Innovationsbrokerin und durch die Darstellung und Verbreitung der Aktivitäten, Zielsetzungen und geplanten Innovationen der Operationellen Gruppen auf ihrer Homepage, Projektdatenbank und Veranstaltungen wesentlich den transdisziplinären Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis, zwischen den OG untereinander und den Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im ländlichen Raum.
Auch bei der Antragstellung, der Unterstützung beim Aufbau von neuen Innovationsnetzwerken und bei der Suche von Konsortialpartnerinnen und -partnern hat sich die unterstützende und beratende Funktion der Innovationsbrokerin als wichtiger Erfolgsfaktor herausgestellt. Dies geht auch aus einer Evaluierungsstudie zum Netzwerk Zukunftsraum Land, erstellt 2019 von der Metis GmbH, hervor, in der die Innovationsbrokerin als sehr positiv, hilfreich und serviceorientiert von den Befragten wahrgenommen wird.

Frau Gollner, Sie haben eines der ersten EIP-AGRI Projekte in Österreich koordiniert und schließen ihr Projekt aktuell gerade ab. Wie ist Ihr Resümee im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis?
Gabriele Gollner: Das „Bottom-up-Prinzip“, also die Problemstellungen und innovativen Ideen der Praxis aufzugreifen und im Zuge von Praxisfeldversuchen zu testen war für uns eine sehr sinnvolle und spannende Erfahrung. Neuartige, innovative Bodenbearbeitungsmethoden wurden mit den bisherigen Methoden verglichen und dabei wertvolle Erfahrungen gemacht.
Die Koordination der einzelnen Akteurinnen und Akteure war manchmal herausfordernd, weil jede und jeder Beteiligte einen individuellen eigenen Blickwinkel und eine eigene Herangehensweise hat. Gesamtheitlich betrachtet befruchten und motivieren sich die landwirtschaftliche Praxis und die Forschung enorm und die Zusammenarbeit ist für beide Seiten ein Gewinn.
Die Erfahrungen, die wir in unserem EIP-AGRI Projekt gemacht haben, waren so bedeutend, dass wir auch im 4. Aufruf wieder ein Projekt eingereicht haben und wir freuen uns, dass wir auch dieses Projekt umsetzen dürfen.

Aktuell fassen Sie die Ergebnisse zu konkreten Handlungsanleitungen für Praktikerinnen und Praktiker zusammen. Wo werden die Ergebnisse nachzulesen sein?
Gabriele Gollner: Wir gestalten zurzeit gerade eine eigene Broschüre für die landwirtschaftliche Praxis, die Broschüre wird online zugänglich sein (BIO AUSTRIA Homepage, BOKU/IFÖL-Projektseite). Zusätzlich werden die Ergebnisse auch in diversen Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Ein kurzer Einblick zum EIP-Projekt BIOBO „Ertragsentwicklung und Humusaufbau über reduzierte Bodenbearbeitung und organische Düngungsmaßnahmen“ steht bereits jetzt online zur Verfügung: https://boku.ac.at/nas/ifoel/arbeitsgruppen/ag-bodenfruchtbarkeit-und-anbausysteme/projekte/biobo

Gerhard Pretterhofer ist Mitarbeiter der Abteilung VII / 6 (Innovation, Lokale Entwicklung und Zusammenarbeit) im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus. Dort ist er u.a. für die Abwicklung der EIP-AGRI im Rahmen des Programms LE 14–20 verantwortlich.
Sophie Pfusterschmid ist Mitarbeiterin der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen. Sie hat im Auftrag des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus die EIP-AGRI in Österreich evaluiert.
Gabriele Gollner ist an der Universität für Bodenkultur im Institut für Ökologischer Landbau (IFÖL) tätig. Sie ist Projektleiterin von zwei EIP-AGRI Projekten (OG-BIOBO und OG Wassersparender Bio-Ackerbau).

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