Projekt „KLAUEN-Q-WOHL“ zur Verbesserung der Klauengesundheit und des Tierwohls bei Milchkühen

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12.05.2021

Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen bei Milchkühen entstehen durch Mängel in der Haltung, in der Fütterung oder in der Hygiene. Sie können zu Lahmheiten führen und damit das Wohlbefinden der Tiere beeinträchtigen. Für die Landwirtinnen und Landwirte bringen sie meist finanzielle Einbußen mit sich. Im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP-AGRI) hat sich das innovative Projekt „KLAUEN-Q-WOHL“ das Ziel gesetzt, die Klauengesundheit bei Milchkühen zu verbessern. Am Projekt nehmen Landwirtinnen und Landwirte, Klauenpflegerinnen und Klauenpfleger, Expertinnen und Experten aus Zucht- und Herdenmanagement, IT, der Landwirtschaftskammer Österreich, der Tiergesundheitsdienste, der Universität für Bodenkultur, der Veterinärmedizinischen Universität sowie der Rinderzucht Austria teil.

Der erste Schritt war der Aufbau einer digitalen Infrastruktur für die standardisierte zentrale Erfassung und Dokumentation von Klauen- und Lahmheitsdaten. Dafür wurden Klauen- und Tierwohlparameter definiert und Auswertungen konzipiert.  Im Zusammenhang mit der Häufigkeit der verschiedenen Befunde können dann Risiko- und Einflussfaktoren für die Entstehung dieser Krankheiten sowie Verbesserungsvorschläge und Maßnahmen abgeleitet werden. 

Die Ergebnisse stehen den Landwirtinnen und Landwirten für das Herdenmanagement und für die Zucht zur Verfügung und unterstützen sie dabei, tier- und betriebsindividuelle Verbesserungsmaßnahmen vorzunehmen. Sie leisten somit einen wichtigen Beitrag für das Tierwohl und die Nachhaltigkeit in der Milcherzeugung.

Das Projekt steht vor dem Abschluss und Netzwerk Zukunftsraum Land hat mit Frau Marlene Suntinger von ZuchtData, die das Projekt weitgehend koordiniert hat und mit Landwirt Andreas Täubl über ihre Erfahrungen und die Ergebnisse gesprochen.

Marlene Suntinger, ZuchtData

Frau Suntinger, welchen aktuellen Problemstellungen stehen Landwirtinnen und Landwirte in Bezug auf Klauengesundheit und Tierwohl bei Milchkühen gegenüber?

Klauen- und Gliedmaßenprobleme gehören nach Fruchtbarkeitsstörungen sowie Eutererkrankungen zu den häufigsten Abgangsursachen von Milchkühen. Im Kontrolljahr 2020 gingen in Österreich 7,4 % der Kühe wegen Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen (ZuchtData, 2021) ab. Grundsätzlich gibt es in Österreich wenige Informationen zur Klauengesundheit.

Lahmheiten und Klauengesundheitsprobleme sind für das Tierwohl sehr belastend, sind aber auch für die Landwirtinnen und Landwirte mit mehr Arbeitsaufwand und mehr Kosten verbunden. In Österreich gibt es bislang noch keine Zuchtwerte, um gezielt auf Tiere mit weniger Klauenproblemen selektieren zu können. Das Projekt schafft die Grundlage auch dafür. Grundsätzlich besteht ein negativer genetischer Zusammenhang von Klauengesundheit  und Milchleistung. Beispiele aus der Praxis zeigen, dass durch gezieltes Management auch bei höherer Milchleistung eine gute Klauengesundheit möglich ist. 

Worin sehen Sie konkretes Potenzial für die Verbesserung der Klauengesundheit und des Tierwohls von Milchkühen? 
Bis jetzt gab es wenig Daten zu den Klauengesundheitsstörungen in Österreich. Für eine zielgerichtete Verbesserung ist eine entsprechende Datenbasis notwendig, damit Herdenmanagementwerkzeuge und züchterische Maßnahmen entwickelt werden können.

Durch das Projekt kam erstmals eine Vernetzung von Klauenpflegerinnen und -pflegern sowie Landwirtinnen und Landwirten, die oft auch selbst die Klauenpflege vornehmen, zustande. Die Daten werden im Rinderdatenverbund mit anderen Daten aus der Leistungsprüfung zusammengeführt und Auswertungen im „Herdenmanager“ des Landeskontrollverbandes (LKV) bereitgestellt.  Darauf aufbauend kann zielgerichtet die Klauengesundheit verbessert werden.

Sie koordinierten das Projekt „KLAUEN-Q-WOHL". Welche wesentlichen Erkenntnisse oder Empfehlungen aus dem Projekt konnten Sie ableiten? Welche ersten Schritte sollten unternommen werden, um die Klauengesundheit und das Tierwohl zu verbessern?
Geschulte Personen, dies können neben Klauenpflegerinnen- und pflegern auch Landwirtinnen und Landwirte selbst sein, garantieren optimale Klauenpflege. Die richtige Interpretation der Auswertungen der Klauenbefunde gibt Hinweise auf mögliche Ursachen und schafft Bewusstsein für Risiko- und Einflussfaktoren. 

Im LKV-Herdenmanager stehen den Landwirtinnen und Landwirten im Klauenmodul und über die Handy-App Klauenprofi einfach zu bedienende EDV-Werkzeuge zur Verfügung. Mit Zustimmung der Landwirtin beziehungsweise des Landwirts können die Auswertungen im LKV-Herdenmanager auch von der betreuenden Tierärztin beziehungsweise vom betreuenden Tierarzt genutzt werden. Das Erfolgsrezept zur Verbesserung der Klauengesundheit könnte man so zusammenfassen: Dokumentieren - Analysieren - Maßnahmen setzen - Evaluieren.




Landwirt Andreas Täubl aus Krieglach, Steiermark

Herr Täubl, das Projekt steht vor dem Abschluss und die Ergebnisse liegen vor. Was würden Sie als aktiver Landwirt im Projekt anderen Landwirtinnen und Landwirten raten?
Ich mache meine Kolleginnen und Kollegen auf die Vorteile und Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung aufmerksam. Früher hatten wir auf unserem Betrieb Papieraufzeichnungen. Nun ist quasi das ganze Leben einer Kuh übersichtlich dokumentiert und jederzeit nachvollziehbar. 

Die Klauenpflege ist für das Tierwohl von sehr großer Bedeutung und ich rate jeder Landwirtin und jedem Landwirt dazu. Viele Schmerzen können bei den Tieren im Vorhinein reduziert oder vermieden werden. Die „Klauen-App“ ist sehr leicht zu bedienen; ich habe in Gesprächen mit anderen Landwirtinnen und Landwirten gehört, dass sie diese vor allem wegen ihrer einfachen Handhabung einsetzen.

Was können Sie sich langfristig aus dem Projekt mitnehmen? Was werden Sie behalten? 
Die elektronische Dokumentation durch die App ist das wichtigste. Das Ziel ist es, dass viele Klauenpflegerinnen- und pfleger dabei mitmachen. Wir sind gerade dabei, die App und das Programm den Landwirtinnen und Landwirten vorzustellen. Coronabedingt ist die Kommunikation derzeit nur online möglich.

Das langfristige Ziel ist, die Klauengesundheit besser in die Zuchtwertschätzung zu integrieren und diese darin abzubilden. Die App soll außerdem in Richtung Früherkennung weiterentwickelt werden. 

Wie waren Ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit zwischen Praxis und Wissenschaft und worin sehen Sie die größten Vorteile dieser Zusammenarbeit?
Durch den Austausch mit der Wissenschaft erhielten wir Landwirtinnen und Landwirte neue Zugänge zu den Abläufen und Gegebenheiten auf unseren Betrieben. Wir machten viele neue Erfahrungen und die Weiterentwicklung der Klauenpflege war nur durch diese intensive Zusammenarbeit möglich, die für beide Seiten bereichernd war – eine klassische Win-Win-Situation!


Links und weiterführende Informationen zum Projekt finden sich in der Projektdatenbank des Netzwerks Zukunftsraum Land.