Case Study: Dynamische Waldtypisierung Steiermark – Forsite
Allgemeine Informationen
Projektlaufzeit (Start- und Enddatum) | 03/2018 bis 09/2023 |
Projektregion | Steiermark |
Förderperiode | LE 14-20 |
Maßnahme im GAP-Strategieplan | 7.6.1.c Studien und Investitionen zur Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung des natürlichen Erbes – Forst |
Finanzierung in Euro
Gesamtprojektkosten (i)+(ii)+(iii) = | 6.498.414,11 € |
+ (i) GAP Strategieplan | 100 % |
+ (ii) Private und Eigenmittel | — |
+ (iii) Andere Finanzquellen | — |
Kurzbeschreibung
Das Projekt „Dynamische Waldtypisierung Steiermark – Forsite“ hatte es sich zum Ziel gesetzt, eine auf den Standort und die klimatischen Einflüsse angepasste Planungs- und Beratungsgrundlage für die Waldbewirtschaftung in der Steiermark zu erstellen, die dynamisch an geänderte Klimamodelle und Baumarten angepasst werden kann und deren Ergebnisse allen Waldbewirtschafterinnen und Waldbewirtschaftern kostenlos digital und analog zu Verfügung stehen.
Zu Projektbeginn im Jahr 2018 wurde im Startworkshop von rund 120 Expertinnen und Experten unterschiedlichster Fachbereiche abgeklärt, ob die oben konkretisierten Ziele wissenschaftlich fundiert umsetzbar sind. Insbesondere galt es die Umsetzbarkeit des „dynamischen Ansatzes“ zu prüfen, der nach wie vor nirgends in Europa umgesetzt worden war. Zwölf Forschungsinstitutionen mit über 100 Personen arbeiteten mehr als vier Jahre interdisziplinär an dem Projekt.
Wald ist in vielerlei Hinsicht sehr wichtig für die Steiermark. Wald nimmt in der Steiermark rund 62 Prozent der Landesfläche ein. Die große Höhenamplitude von 220 Meter Seehöhe im Subillyrischen Alpenvorland bis auf 2.500 Meter Seehöhe im subalpinen Bereich und die unterschiedlichen geomorphologischen Eigenschaften der Steiermark führten zur Ausbildung zahlreicher unterschiedlicher Waldtypen. Fichte ist die Hauptbaumart. Die Forst- und Holzwirtschaft ist in der Steiermark ein wichtiger Wirtschaftsfaktor – rund 55.000 Personen leben direkt davon –, die Papier- und Holzindrustrie ist hoch entwickelt. Sieben der acht Million jährlich nachwachsenden Kubikmeter Holz sind ein wertvoller Rohstoff – vor allem in der Bioökonomie. Die steirischen Wälder bringen wichtige Leistungen für die Gesellschaft – sie sind Schutz vor Naturgefahren, sichern die Trinkwasserversorgung und sie binden rund 200 Millionen Tonnen Kohlenstoff.
Die langfristigen Aufzeichnungen zeigen, dass sich die Jahresdurchschnittstemperaturen in der Steiermark zuletzt stärker als im globalen Durchschnitt verändert haben. Durch die Verschiebung der Klimazonen des Landes wird die Eignung für manche Baumarten insbesondere der Hauptbaumart Fichte in Teilen der Steiermark abnehmen, die Waldgrenze wird sich in 100 Jahren bis maximal 800 Höhenmeter nach oben verschieben. Mit diesem Projekt sollte der Bedrohung durch den Klimawandel entgegengewirkt werden.
Es wurden umfangreiche Geländeaufnahmen, Laboranalysen, Bewertungen, Modellberechnungen, Literaturrecherchen und Ergebnisdarstellungen durchgeführt. Von den rund 400 erstellten Themenkarten wurden rund 170 aufbereitet, darunter Wasser- und Nährstoffhaushalt, Klimazonen und erstmals flächendeckend Substratkarten. 116 Standortseinheiten und 69 Sonderstandortseinheiten wurden ermittelt. Die Eignung dieser Standortseinheiten wurde für 18 Baumarten flächendeckend ermittelt. Für 18 Waldgruppen wurden waldbauliche Empfehlungen formuliert, ein Bestimmungsschlüssel für Normaldwaldstandorte erstellt und Portraits für 16 heimische Hauptbaumarten und zwei Gastbaumarten erstellt. Zahlreiche Schulungen, begleitende Öffentlichkeitsarbeit und eine große Tagung in Graz im März 2018 rundeten das Projekt ab.
Als Ergebnis wurden einerseits ein praxisorientiertes Handbuch samt Kartenteil erstellt, als auch die die Daten im WEB-GIS-Steiermark als Expertensystem für forstlich geschulte Fachleute und Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer zur Verfügung gestellt. Eine Dynamische Karte der Waldtypen im Regionalmaßstab 1:25.000 ergänzt die erwähnten Ergebnisse.
Das innovative Projekt konnte nur deshalb erfolgreich durchgeführt werden, weil in allen Bereichen Expertinnen und Experten eingesetzt wurden – von der Geländeerhebung bis zur Modellierung – die gemeinsam mit Stakeholdern und Verwaltungsorganisationen inter- und transdisziplinär mit Begeisterung und Wertschätzung in einem großen Team zusammengearbeitet haben.
Das Projekt „Dynamische Waldtypisierung Steiermark – Forsite“ stößt auch international auf großes Interesse. In Österreich haben einzelne Bundesländer geplant oder bereits begonnen, ebenfalls eine dynamische Waldtypisierung erstellen zu lassen.
Was macht dieses Projekt besonders nachahmenswert?
Die zentralen Punkte, die das Projekt „Dynamische Waldtypisierung Steiermark – Forsite“ besonders nachahmenswert machen sind:
- Die Kooperation vieler unterschiedlichster fächerübergreifender Wissensträgerinnen und -träger führt zu besonders guten Ergebnissen. Wenn viele Expertinnen und Experten, Stakeholder und Verwaltungsorganisationen das gleiche wollen und das Ziel beharrlich verfolgen, ist scheinbar Unmögliches möglich, die Arbeit motivierend und das Ergebnis besonders gut.
- Durch das Projekt steht jeder steirischen Waldbewirtschafterin und jedem steirischen Waldbewirtschafter und den Forstorganen eine wissenschaftlich fundierte Planungs- und Beratungsgrundlage für bis zu 60 Baumarten für jeden einzelnen Waldstandort zur Verfügung, welche die Klimaveränderung bis zum Jahr 2100 berücksichtigt und digital, kostenfrei und in verständlicher Form abrufbar ist.
- Das Projekt wurde flächendeckend in relativ kurzer Zeit und kostengünstiger Form (rund 6,5 Euro pro Hektar) umgesetzt und der dynamische Ansatz erlaubt jederzeit eine Anpassung an neue Klimaszenarien und Baumarten.
Warum war es wichtig, dieses Projekt umzusetzen (Kontext)
Die eine Million Hektar große steirische Waldfläche nimmt 61,4 Prozent der Landesfläche ein und erstreckt sich vom Subillyrischen Alpenvorland in der kollinen Höhenstufe (200 Meter Seehöhe) bis in den subalpinen Bereich auf 2.500 Meter Seehöhe. Diese große Höhenamplitude und die unterschiedlichen geomorphologischen Eigenschaften der Steiermark führen zu zahlreichen, verschiedenen Waldtypen und Baumartengesellschaften. Die Fichte ist mit rund 60 Prozent Anteil derzeit die Hauptbaumart der Steiermark. Rund 55.000 Personen leben in der Steiermark direkt von der Forst- und Holzwirtschaft und erwirtschaften einen Produktionswert von rund fünf Milliarden Euro. Die Steiermark hat eine sehr hochentwickelte Papier- und Holzindustrie mit hohem Rohstoffbedarf. Rund acht Millionen Kubikmeter Holz wachsen jährlich in der Steiermark nach, wovon rund sieben Millionen Kubikmeter auch tatsächlich jährlich genutzt werden. Sechzig Prozent der steirischen Wälder erbringen zusätzliche Leistungen für die Öffentlichkeit (Schutz vor Naturgefahren, Sicherstellung der Trinkwasserversorgung) deren Sicherung von besonderer Bedeutung ist. In der Steiermark sind rund 200 Millionen Tonnen Kohlenstoff in den Wäldern gebunden. Das entspricht etwa 750 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Holz gilt als zentraler Rohstoff der Bioökonomie und Biomasse hat sich mit einem Anteil von rund 50 Prozent zum wichtigsten erneuerbaren Energieträger in Österreich entwickelt. Die langfristigen Aufzeichnungen zeigen, dass sich die Jahresdurchschnittstemperaturen in der Steiermark zuletzt stärker als im globalen Durchschnitt verändert haben. Durch die Verschiebung der Klimazonen des Landes wird die Eignung für manche Baumarten insbesondere der Hauptbaumart Fichte in Teilen der Steiermark abnehmen, die Waldgrenze wird sich in 100 Jahren bis maximal 800 Höhenmeter nach oben verschieben. Mit diesem Projekt sollte der Bedrohung durch den Klimawandel entgegengewirkt werden.
Ziele
Das Projekt „Dynamische Waldtypisierung Steiermark – Forsite“ hat sich folgende Ziele gesetzt:
- Eine auf den Standort und die klimatischen Einflüsse angepasste Planungs- und Beratungsgrundlage für die Waldbewirtschaftung in der Steiermark.
- Mit dem Projekt steht jeder Waldbewirtschafterin und jedem Waldbewirtschafter – kostenfrei und digital abrufbar – eine gezielt auf ihren Standort abgestimmte Empfehlung von bis zu 60 unterschiedlich geeigneten Baumarten und deren Bewirtschaftung zur Verfügung, die unterschiedliche Klimaszenarien (Jahresmitteltemperatur wie bisher, plus zwei Grad Celsius, plus 4 Grad Celsius) berücksichtigt und dabei auch Aussagen über die Baumarteneignung für den Zeithorizont 2070 bis 2100 zulässt.
- Der dynamische Ansatz erlaubt jederzeit eine Anpassung an neue Klimaszenarien und Baumarten.
- Zusammenfassung der Ergebnisse in einem praxisorientierten Handbuch samt Kartenteil in einem Geographischen Informationssystem (GIS); Veröffentlichung der Ergebnisse im WEB-GIS-Steiermark als Entscheidungshilfe bei der waldbaulichen Bewirtschaftung (Expertensystem für forstlich geschulte Fachleute sowie Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer)
- Dynamische Karte der Waldtypen, Regionalmaßstab 1: 25.000
- Sicherung der vielfältigen und umfassenden Wirkungen des Waldes (Nutz-, Schutz,- Wohlfahrts- und Erholungswirkung) und Sicherung des Wirtschaftsstandortes Steiermark.
Maßnahmen
Im Projekt „Dynamische Waldtypisierung Steiermark – Forsite“ wurden folgende Aktivitäten gesetzt:
- 2018 Startworkshop mit rund 120 Expertinnen und Experten unterschiedlichster Fachbereiche zur Abklärung, ob die oben konkretisierten Ziele wissenschaftlich fundiert umsetzbar sind, insbesondere galt es die Frage des „Dynamischen Ansatzes“ zu prüfen, der nach wie vor bislang nirgends in Europa umgesetzt worden war.
- Einrichtung einer Steuerungsgruppe
- Ausarbeitung des Detailprojektes mit sieben Arbeitspaketen für die diversen Projektpartner
- Erstellung und Unterzeichnung eines Kooperationsvertrages für die insgesamt zwölf Projektpartner
- Begleitende Öffentlichkeitsarbeit für Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer und den forstlichen Beratungsdienst der Steiermark mit Pressearbeit und Dienstbesprechungen
- Koordination für die Unterstützung der Geländearbeiten: Information von Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern, Sicherung der Zufahrtsmöglichkeiten für die Erhebungsarbeiten, Organisation Schrankenschlüssel und dergleichen.
- 2018 Start der Geländeerhebungen Fachbereich Geologie
- Insgesamt arbeiteten zwölf Forschungsinstitutionen mit über 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mehr als vier Jahre interdisziplinär in sieben Arbeitspaketen an dem Projekt:
- Umfangreiche Geländeaufnahmen, Laboranalysen, Bewertungen, Modellberechnungen, Literaturrecherchen und Ergebnisdarstellungen.
- Zahlreiche begleitende Expertinnen- und Expertenworkshops, Abstimmungs- und Koordinierungssitzungen.
- In mehr als 500 Personenmonaten wurden mehr als 400 verschiedene Themenkarten erstellt und rund 170 davon aufbereitet (Substratkarten, Wasserhaushalt, Nährstoffhaushalt, Klimazonen und andere).
- 116 Waldstandortseinheiten und 69 Sonderwaldstandortseinheiten wurden ausgeschieden.
- Für 18 Baumarten wurde die Eignung flächig modelliert.
- Sämtliche Modellierungen liegen für zwei Klimaszenarien (RCP 4.5, RCP 8.5) und drei Zeitscheiben (1989-2018, 2036-2065, 2070-2100) vor, das sind jeweils fünf Datensätze.
- Umfangreiche waldbauliche Empfehlungen und Anpassungsmaßnahmen für 16 Waldgruppen wurden in verständlicher Form aufbereitet.
- Bestimmungsschlüssel für Normalwaldstandorte wurde erstellt.
- Baumartenportraits für 16 heimische Hauptbaumarten und zwei Gastbaumarten formuliert.
- Digitale Aufbereitung der Ergebnisse im WEB-GIS-Steiermark und unter www.waldbauberater.at
- Sämtliche relevante Daten stehen am OGD-Portal des Landes Steiermark kostenfrei allgemein zum Download zur Verfügung
- Projekt und Ergebnisse wurden im Rahmen einer internationalen Fachtagung in der Messe Graz am 10. und 11. März 2022 rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern präsentiert.
- In den Jahren 2022 und 2023 Überarbeitung der Modellberechnungen durch Adaptierung mit neuem Waldlayer notwendig – gleichzeitig Berücksichtigung und Einarbeitung von Rückmeldungen aus der Praxis
- Im Jahr 2023 Erstellung von Beratungsunterlagen mit Herausgabe einer 56-seitigen Broschüre und eines Buches in zwei Bänden (insgesamt 807 Seiten) mit der Beschreibung der Methoden und der Darstellung der finalen Ergebnisse des Projektes Dynamische Waldtypisierung.
- Umfangreiche Schulungen der Beratungsdienste und begleitende Öffentlichkeitsarbeit, Vorträge bei diversen Stellen und Veranstaltungen in Österreich.
- Implementierung der Ergebnisse in den forstlichen Beratungsdienst und in die forstliche Förderungsabwicklung
- Laufend umfassende Öffentlichkeitsarbeit mit Beiträgen in diversen Medien, Vorträgen und so weiter
- Grundlage für viele Folgeprojekten (Forstgenetik, Aufbereitung von Unterrichtsmaterialien, Laubholzbroschüre, Projekt „Waldpower“ und andere)
Beteiligte Stakeholder und ihre Rollen
Als Stakeholder waren die Landwirtschaftskammer Steiermark und die Land & Forst Betriebe Steiermark unter der Projektleitung des Landes Steiermark – Landesforstdirektion in der Steuerungsgruppe vertreten.
Wissenschaftliche Projektpartner waren
Universität für Bodenkultur Wien
- Institut für Waldbau, Department für Wald- und Bodenwissenschaften
- Institut für Waldökologie, Department für Wald- und Bodenwissenschaften
- Institut für Meteorologie, Department für Wasser, Atmosphäre, Umwelt
- Institut für Holztechnologie und nachwachsende Rohstoffe, Department für Materialwissenschaften und Prozesstechnik
Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft
- Institut für Waldökologie und Boden
- Institut für Naturgefahren
Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Erdwissenschaften
JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH
R-AquaConSol GmbH
WLM Büro für Vegetationsökologie und Umweltplanung, Klosterhuber & Partner OG
ALPECON Wilhelmy e.U., Technisches Büro für Geowissenschaften
GeoSphere Austria (vormals Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik)
Landeslandwirtschafskammer Steiermark
Land & Forst Betriebe Steiermark
Land Steiermark mit diversen Abteilungen (ABT10, ABT14, ABT15, ABT17)
Ergebnisse und Wirkungen
Wirkungen quantitativ:
- Verbesserungen im Klima- und Umweltschutz: Darstellung der quantitativen und qualitativen Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald in der Steiermark; Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt für 3 Zeitscheiben (heute, 2050 und 2085) und zwei Klimamodelle (RCP 4.5 und RCP 8.5) auf kleinräumiger Rasterdarstellung auf 30 mal 30 Meter (Berechnung 10 mal 10 Meter).
- Vermehrte Verwendung von klimafitten Baumarten bei der Aufforstung von Mischwäldern, die die Resistenz und Resilienz von Wäldern verbessern helfen
- Rund 170 Themenkarten, die flächendeckend gänzliche neue Informationen für rund eine Million Hektar Wald in der Steiermark für unterschiedliche Zeitscheiben und Klimamodelle bereitstellen, bedeuten einen Quantensprung im Wissen für diese großen Gebiete und das Ökosystem Wald insgesamt.
- Wirtschaft: Wenn ein Verlust von „gesundem Wald“ eine technische Verbauung notwendig macht, würde das einen Kostenfaktor von zumindest 1 zu 100 bedeuten. Diesen gilt es zu verhindern.
Wirkungen qualitativ:
- Verbesserungen im Klima- und Umweltschutz: Bewusstmachung des laufenden Klimawandels und seine Auswirkungen auf die Umwelt. Die Ergebnisse erlauben eine zielsichere und raschere Reaktion auf zu erwartende Veränderungen für das Ökosystem Wald. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt für drei Zeitscheiben (heute, 2050 und 2085) und zwei Klimamodelle (RCP 4.5 und RCP 8.5).
- Wirtschaft: Umfassende Informationen zur Waldbewirtschaftung für eine bessere Absicherung des betriebswirtschaftlichen Risikos für land- und forstwirtschaftliche Betriebe in der Steiermark (rund 40 000 Forstbetriebe). Umfassende neue Grundlagendaten für politische und wissenschaftliche Entscheidungsträgererinnen und -träger sowie den Sachverständigendienst der Verwaltung, welche die bestmögliche Sicherstellung der umfassenden Wirkungen des Waldes gewährleisten und so den Lebensraum für viele Menschen in der Steiermark sichern. Durch das Projekt steht jeder steirischen Waldbewirtschafterin und jedem steirischen Waldbewirtschafter sowie den Forstorganen der Beratungsinstitutionen eine Planungs- und Beratungsgrundlage für bis zu 60 Baumarten für jeden einzelnen Waldstandort zur Verfügung, welche die Klimaveränderung bis zum Jahr 2100 berücksichtigt und digital sowie kostenfrei abrufbar ist.
- Gesellschaft: Quantensprung im Wissen und in der Abschätzung der Folgen des Klimawandels auf den Wald. Zukunftsweisende Perspektiven für die forstliche Bewirtschaftung und deren Betriebsführende und damit zusätzliche Absicherung der Generationennachfolge und zur Sicherung der Entwicklung des ländlichen Raums. Neue und umfassende Grundlagendaten für alle am ländlichen Raum interessierten Personen; der dynamische Ansatz erlaubt jederzeit eine Anpassung an neue Klimaszenarien und Baumarten.
Mehrwert durch Vernetzung
Das Projekt „Dynamische Waldtypisierung Steiermark – Forsite“ zeigt, welche „Quantensprünge“ durch eine gute Zusammenarbeit in einem großen Netzwerk möglich sind:
- Kooperation vieler unterschiedlichster fächerübergreifender Wissensträgerinnen und Wissensträger führt zu besonders guten Ergebnissen. Wenn viele Expertinnen und Experten, Stakeholder und Verwaltungsorganisationen das gleiche wollen und das Ziel beharrlich verfolgen ist scheinbar Unmögliches möglich, die Arbeit motivierend und das Ergebnis besonders gut.
- Das Projekt hat Vorbildcharakter für sämtliche forstliche Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und hat einen komplett neuen Weg der Charakterisierung von Waldstandorten aufgezeigt.
- Intensiver Lernprozess und Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den unterschiedlichsten Fachrichtungen unterschiedlicher wissenschaftlicher und privater Firmen, Institutionen und der öffentlichen Verwaltung
Neue Möglichkeiten für Vernetzung und Kooperation waren eines der Ergebnisse des Projekts:
- Intensive Kooperation und Zusammenarbeit unterschiedlichster Fachrichtungen und Institutionen
- Intensiver Informations- und Erfahrungsaustausch innerhalb und zwischen allen obgenannten Institutionen und deren handelnden Personen
- Zusätzlich intensiver Austausch mit Land Tirol
- Institut für Ökologie und Landschaft, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Freising (Deutschland)
- Abteilung Boden und Klima, Bayrische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Freising (Deutschland)
- ProHolz Steiermark insbesondere im Bereich Öffentlichkeitsarbeit
- Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft
- Agrarmarkt Austria, Wien
Innovation
Im Projekt wurde mit dem dynamischen Ansatz, basierend auf umfangreichen Geländeerhebungen, vor allem der erstmals erstellten Standortskarten inhaltlich und der Zusammenarbeit zahlreicher Institutionen und Organisationen aus Wissenschaft, Praxis und Verwaltung organisatorisch ein neuer, innovativer Weg beschritten und ebenso innovative Ergebnisse erzielt:
Das weitgehende Fehlen von Standortskarten in der Steiermark machte einen neuen methodischen Ansatz bei der Standortserkundung und Kartierung der vorkommenden Waldstandorte notwendig. Eine wissenschaftliche Herausforderung stellt dabei die Berücksichtigung von zukünftig veränderten Klimabedingungen dar, die sich auch auf die Klassifizierung von Standorten und Waldtypen auswirken wird. Auf Grund der zu erwartenden Veränderungen der Wasser-, Wärme- und Nährstoffhaushalte im Bereich von wenigen Jahrzehnten muss von der klassischen Standortskartierung, die ein statisches (über lange Zeit unveränderliches) System von Standortseinheiten mit einheitlichen Eigenschaften unterstellt und das hypothetische Konzept der potentiell natürlichen Vegetation nach Tüxen (1956) benutzt, abgegangen werden. Die dynamische Waldtypisierung beschreibt stattdessen ein System von veränderlichen Standortszuständen. Selbst, wenn es zu keiner weiteren Erwärmung mehr kommen sollte, würde es zu einer Verschiebung der Höhenstufen und der Waldgrenze kommen. Im Rahmen dieses Forschungs- und Entwicklungsprojektes wurde erstmals ein neuer wissenschaftlicher Ansatz gewählt, wo bei der Klassifikation und Kartierung der Waldstandorte, der Beschreibung der Standortseinheiten und der Ableitung von waldbaulichen Maßnahmen die veränderlichen Klimabedingungen mitberücksichtigt worden sind. Die in den letzten Jahrzehnten mit Hilfe von Computermodellen erstellten (statischen) Waldtypenkarten von Tirol oder Südtirol basierten zumeist auf den aktuellen und historischen Klimabedingungen, zukünftige Veränderungen sind dort nicht berücksichtigt worden. Als wissenschaftliche Basis für die Ableitung der Waldstandorte und die Abschätzung der Baumarteneignung wurden in diesem Projekt nun empirische Daten (Standorts- und Bestandesinformationen) sowie digital vorliegende Standortsdaten verwendet. Auf Basis der Waltypisierung konnte eine waldbauliche Charakterisierung der Standorte erfolgen und die Baumarteneignung für die wichtigsten Baumarten erarbeitet werden. Die erarbeiteten Grundlagen sollen den Praktikerinnen und Praktikern bei waldbaulichen Entscheidungen helfen, vor allem bei der Baumartenwahl im Klimawandel.
Entscheidend für das Gelingen war konsequente und kooperative flexible Projektleitung, das Knowhow der handelnden Personen, die große Kooperationsbereitschaft, hohe Kompromissbereitschaft und die konsequente und beharrliche Verfolgung des Zieles.
Die geologischen Grundlagendaten wurden durch die Verbesserung der geologischen Karte und die erstmalige Erstellung von Substratkarten enorm erweitert und damit erst die Basis für die weitreichenden Modellierungen der Waldstandorte geschaffen.
Die wichtigsten Lernerfahrungen
Die wichtigsten Lernerfahrungen des Projekts „Dynamische Waldtypisierung Steiermark – Forsite“ sind folgende:
- Gute Vorbereitung des Projektes und Abstimmung mit Politik, Stakeholdern, Verwaltung und Förderstellen zur Vermeidung von unliebsamen Überraschungen im Vorfeld des Projektstarts sind für eine erfolgreiche Umsetzung unbedingt notwendig.
- Die Einrichtung einer Steuerungsgruppe mit Vertretern der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer hat sich als äußerst zielführend und unterstützend erwiesen. Eine genaue Zieldefinition beziehungsweise auch Nichtzieldefinition ist unabdingbar zur Vermeidung von Missverständnissen und zum Abbau von eventuell vorhandenem Misstrauen oder Vorurteilen.
- Für eine erfolgreiche Projektabwicklung waren klare Strukturen und Zuständigkeiten enorm wichtig. Eine sorgfältige Planung und Auswahl der Projektpartnerinnen und -partner, zum Beispiel durch Expertinnen und Experten mit entsprechendem Fachwissen, war von großer Bedeutung. Fehler bei der Datenerfassung im Gelände können zu fehlerhaften Ergebnissen führen, daher sollte an den Kosten für Expertise nicht gespart werden.
- Regelmäßige Besprechungen und deren schriftliche Dokumentation sowie eine laufende Kommunikation über den Projektfortschritt waren für die Projektdurchführung wichtig, um die Ziele zu erreichen. Der ehrliche und offene Umgang mit Informationen schaffte Vertrauen und Verständnis. Durch den wertschätzenden Umgang miteinander konnten gemeinsame Lösungen gefunden werden und Hindernisse wurden leichter überwunden.
- Um Informationen zielgerichtet zu vermitteln, waren und ist eine gute und umfassende Öffentlichkeitsarbeit von großer Bedeutung. Es war wichtig die Zielgruppe gut zu erreichen und alle relevanten Informationen verständlich zur Verfügung zu stellen. Die Umsetzung in die Praxis ist Knochenarbeit und verlangt Konsequenz, laufende Kommunikation und großes Durchhaltevermögen – braucht also einen „langen Atem“
Übertragbarkeit
Die Methodik gilt als Basis für weitere Projekte in Österreich und darüber hinaus.
Das Projekt hat Vorbildcharakter für sämtliche forstliche Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und hat einen komplett neuen Weg der Charakterisierung von Waldstandorten aufgezeigt.
Und wurde das Projekt bereits kopiert? In der Region, in Österreich oder international?
In den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich und Burgenland wird die Dynamische Waldtypisierung gerade umgesetzt. Die Bundesländer Tirol, Vorarlberg in Österreich und Bayern in Deutschland erarbeiten ebenfalls zeitgleich eine Waldtypisierung nach diesem Ansatz und Südtirol hat die Absicht bekundet zeitnah ebenfalls ein solches Projekt umzusetzen. Abschließend soll noch in den Bundesländer Salzburg und Kärnten ein solches Projekt umgesetzt werden. Nachdem personelle und finanzielle Ressourcen nur eingeschränkt zur Verfügung stehen ist eine raschere flächendeckende Umsetzung nicht möglich. Die Dynamische Waldtypisierung wird auch als Vorzeigeprojekt in internationalen wissenschaftlichen Tagungen und Veranstaltungen präsentiert.
Einbeziehung junger Menschen
Es gab mit diesem Projekt für einige Jahre insbesondere auch für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Arbeit mit hohem Innovationscharakter, wo sie wertvolle Erfahrung für ihr weiteres Berufsleben sammeln konnten. Durch die Umsetzung dieses Projektes in den anderen Bundesländern Österreichs und durch unterschiedlichste Folgeprojekte entsteht auch großer Bedarf an Arbeiten im forstwissenschaftlichen Sektor und damit chancenreiche Zukunftsaussichten für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Mitarbeit an diesem Projekt kann Start und Sprungbrett für erfolgreiche wissenschaftliche Karrieren sein.
Synergien mit anderen EU-Politiken
Wurden zusätzlich zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) andere EU Förderquellen für dieses Projekt genutzt? Nein
Trägt dieses Projekt zu den Zielen anderer europäischer und internationaler Politiken bei? Ja, zu
- Europäischer Grüner Deal
- Langzeitvision für ländliche Gebiete in Europa bis 2040 (EU Long Term Vision)
- EU Biodiversitätsstrategie 2030
- EU Digitalisierungsstrategie
- UN-Nachhaltigkeitsziele SDG
Links
Projekt-Website und Downloads: www.waldtypisierung.steiermark.at
Website Waldbauberater und Downloads: www.waldbauberater.at
Stundenbild und didaktische Umsetzungsvorschläge „Dynamische Waldtypisierung“ für den Schulunterricht Download: