Nachlese: Lebensräume verbinden – ÖPUL-Maßnahmen als Chance für die Biodiversität
Artenvielfalt ist für funktionierende Ökosysteme und eine nachhaltige Landwirtschaft unverzichtbar. Viele Arten übernehmen wichtige Aufgaben wie Bestäubung, Schädlingsregulation oder Humusbildung und tragen wesentlich zur Nahrungsmittelproduktion bei. Viele von ihnen – etwa der Wiesenknopf-Ameisenbläuling – haben allerdings komplexe Lebensraumansprüche und sind auf bestimmte Pflanzen oder Tiere angewiesen. Der Verlust von Lebensräumen gefährdet daher direkt ihre Existenz. Ein wichtiger Faktor, der dem Verlust der Artenvielfalt entgegenwirken kann, ist die Vernetzung von Lebensräumen. Die Veranstaltung „Lebensraumvernetzung mit ÖPUL-Maßnahmen“ widmete sich am 28. April 2025 dieser Thematik.
Vernetzung als Schlüsselstrategie
Studien zeigen alarmierende Rückgänge von Insektenpopulationen – lokal auch bis zu 75 % in nur drei Jahrzehnten. Um diese Entwicklung zu stoppen, betonte der Ökologe Georg Derbuch, sei es zentral, Strukturen in der Landschaft zu erhalten und zu vernetzen. Dazu gehören lineare Strukturen wie Hecken oder Gräben sowie Trittsteinbiotope wie Feldgehölze und Teiche. Diese fördern die Mobilität und das Überleben vieler Tierarten. Wichtig dabei sei auch die Verwendung regionaltypischer Gehölze, regionalen Saatguts und eine enge räumliche Verknüpfung der Elemente, da viele Tiere nur geringe Distanzen überwinden können. Elisabeth Kerschbaumer, von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, stellte die Maßnahmen des Österreichischen Agrarumweltprogramms ÖPUL vor, die zur Lebensraumvernetzung beitragen. Hecken, Raine und Uferrandstreifen zählen ebenso zu den förderfähigen Landschaftselementen wie Feldgehölze, Tümpel und Einzelbäume- und Sträucher. Besondere Bedeutung haben Biodiversitätsflächen, für deren Anlage und Pflege es klare Vorgaben gibt. Auch werden Zuschläge für die Umsetzung zusätzlicher Leistungen angeboten. Ziel ist eine gleichmäßige Verteilung von Lebensräumen in der Landschaft.
Lebensraumvernetzung in der Praxis
Zahlreiche Praxisbeispiele zeigen, wie Biodiversitätsförderung sowohl in intensiven Ackerbauregionen als auch in intensiven Grünlandgebieten gelingen kann. Der Ökologe Harald Schau sowie der Landwirt Paul Weiß berichteten von gemeinschaftlich umgesetzten und konzertiert angelegten Strukturen, in intensiv genutzten Ackergebieten, im Osten Österreichs. Paul Weiß ging hierbei noch gesondert auf die erfolgreiche Organisation und Finanzierung der Anlage von Biodiversitätsflächen durch die örtliche Jagdgesellschaft sowie die Unterstützung durch die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde ein. Der Landwirt Stefan Schmidt, dessen Betrieb ebenfalls in einer intensiven Ackerbauregion liegt, erläuterte die Umsetzung von Biodiversitäts- und Vernetzungsmaßnahmen auf seinem Betrieb und betonte neben der dauerhaften Flächenbegrünung die reduzierte Bodenbearbeitung. Ale drei betonten die Bedeutung von Altgrasstreifen, die über den Winter stehenden gelassen werden.
Andreas Badinger und Tanja Moser stellten ihre Grünlandbetriebe in Salzburg und Vorarlberg vor. Sie berichteten von der gezielten Umsetzung von Biodiversitätsmaßnahmen und der Anlage von neuen Strukturen – etwa der bewussten Anlage von Grasstreifen, auch mitten durch Intensivgrünland oder der bewussten Pflanzung bestimmter Baumarten. Thomas Labuda, vom Österreichischen Kuratorium für Landtechnik, stellte zudem ein Projekt vor, das in drei Modellregionen – vom Flachgau bis zum Waldviertel – überbetriebliche Lebensraumvernetzung testet und Wissen über Artenvielfalt und Lebensraumvernetzung vermittelt.
Erfolg für Naturschutz und Landwirtschaft
Die vorgestellten Beiträge zeigen eindrucksvoll, dass der Erhalt und die Förderung von Biodiversität kein Widerspruch zur landwirtschaftlichen Nutzung darstellt – im Gegenteil: Artenvielfalt bildet die Grundlage für langfristige Ertragsfähigkeit, ökologische Stabilität und regionale Wertschöpfung. Unterschiedlichste Maßnahmen – von Biodiversitätsflächen über Mehrnutzenhecken bis zu Agroforstsystemen – leisten wichtige Beiträge zur Lebensraumvernetzung und sind durch das ÖPUL gezielt förderbar. Entscheidend ist dabei die enge Zusammenarbeit von Landwirtinnen und Landwirten, Naturschutz, Jagd und Verwaltung sowie eine regionale, praxisnahe Umsetzung. Die vorgestellten Beispiele belegen, dass Biodiversität durch Engagement, Beobachtung und Kooperation erfolgreich erhalten und gefördert werden kann.