Auch im Winter klimafreundlich produziertes, frisches Gemüse aus Österreich

Themenbereich
Innovation
Land & Forst
Leader & Regionen
Umwelt & Klima

13.10.2020

Der nahende Winter bedeutet für viele österreichische Gemüsebetriebe eine ruhigere Zeit. Sie können in dieser Periode weder produzieren noch ernten. Gleichzeitig bedeutet der Winter für ernährungsbewusste Konsumentinnen und Konsumenten, welche auch auf saisonal und klimafreundlich produzierte Lebensmittel Wert legen, eingeschränkte Auswahlmöglichkeiten beim Lebensmitteleinkauf.

Das Projekt der Operationellen Gruppe (OG) „Weiterentwicklung Bio-Wintergemüse“ zeigt, dass auch in den Wintermonaten die Wertschöpfung auf österreichischen Betrieben erhöht werden kann und Konsumentinnen und Konsumenten mit qualitativ hochwertigen Gemüsen versorgt werden können. Das Ziel der Operationellen Gruppe war es, durch den Anbau von Wintergemüse die heimische Produktion von Gemüse im Winter zu steigern und essenzielle Fragen von Landwirtinnen und Landwirten zum Anbau von Wintergemüse durch Versuche und Beratung zu klären.

Derzeit wird der größte Teil des in Österreich im Winter erhältlichen Gemüses, unabhängig davon, ob es sich um bio-zertifizierte oder konventionelle Ware handelt, importiert, was einen hohen fossilen Energieverbrauch verursacht. Gleichzeitig steigt der Bedarf bei Konsumentinnen und Konsumenten nach saisonalem und klimafreundlich produziertem Gemüse auch in den Wintermonaten. Eine Möglichkeit zur Erweiterung des klimafreundlichen Gemüseangebotes bietet der heizungsfreie Anbau von heimischem Bio-Wintergemüse. Dies stellt insbesondere für österreichische Gemüsebetriebe eine interessante Produktionsnische dar. Um dieses Potenzial zu nutzen hat sich im Rahmen der „Europäischen Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI) die Operationelle Gruppe „Weiterentwicklung Bio-Wintergemüse“ formiert. Diese besteht aus sieben landwirtschaftlichen Bio-Betrieben sowie der BIO AUSTRIA, der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Schönbrunn, der Versuchsanstalt für Spezialkulturen Wies, der Gartenbauschule Langenlois und dem Lebensmittelcluster Niederösterreich. Die Gruppe verfolgte das Ziel, Möglichkeiten zu finden, Wintergemüse heizungsfrei in Österreich anzubauen. Im Zuge des Projektes wurden unter anderem Handlungsempfehlungen zum optimalen Anbauzeitpunkt, zu geeigneten Sorten und Kulturen sowie ökonomische und ökologische Kennzahlen erarbeitet. Das Projekt ist nun abgeschlossen. Netzwerk Zukunftsraum Land hat mit Christa Größ (Projektkoordinatorin) und Anna Ambrosch (Landwirtin) über ihre Erfahrungen und die Ergebnisse gesprochen.

Frau Größ, welchen Fragen und Problemen stehen Landwirtinnen und Landwirte gegenüber, die mit dem EIP-AGRI Projekt der OG Bio-Wintergemüse bearbeitet wurden?
Wir wollten mit dem Projekt „Bio-Wintergemüse“ speziell die Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter unter den Bio-Gemüsebetrieben ansprechen. Sie sind gefordert ihren Kundinnen und Kunden möglichst ganzjährig ein reiches, vielfältiges und frisches Gemüsesortiment anbieten und diese so an sich binden zu können. Vor allem im Winter steht ihr Lagergemüse in großer Konkurrenz zu frischem Importgemüse im Lebensmitteleinzelhandel, das zum Teil mit hohem Einsatz von fossiler Energie produziert und/oder transportiert wird. Ziel ist es, frisches „Grün“ ohne Heizung zu erzeugen und in den Wintermonaten zu ernten.

Worin sehen Sie konkretes Potenzial für österreichische Betriebe?
Potenzial sehe ich vor allem für vielseitige Gemüsebetriebe mit Direktvermarktung, welche die Wintermonate als Erntezeit nutzen und ihre Arbeitskräfte auch in den Wintermonaten beschäftigen sowie ein konstanteres Einkommen erwirtschaften wollen.

Sie koordinierten das Projekt „Weiterentwicklung Bio-Wintergemüse“. Welche wesentlichen Erkenntnisse oder Empfehlungen aus dem Projekt konnten Sie ableiten?
Es gibt kein gültiges „Rezept“ für den Wintergemüseanbau. Wobei ich schon sagen muss, viele Gemüsearten sind frostfester als landläufig bekannt. Der Anbau von Wintergemüse ist grundsätzlich in ganz Österreich möglich, die Anbauzeitpunkte müssen aber für jeden Standort individuell bestimmt werden. Der Unterschied zwischen begünstigten, sonnenreichen Standorten und weniger begünstigten liegt meist bei nur zwei Wochen. Kälte und Frost bewirken, dass Spinat, Karotten, Grünkohl und Co besonders aromatisch schmecken.



Frau Ambrosch, das Projekt ist nun abgeschlossen und die Ergebnisse liegen vor. Was würden Sie als aktive Landwirtin und Projektbeteiligte anderen Landwirtinnen und Landwirten raten? Was können sie aus dem Projekt mitnehmen beziehungsweise daraus umsetzen?
Gerade aufgrund der Klimaherausforderungen braucht es wesentlich mehr Gemüsebäuerinnen und -bauern die heizungsfreies, frisches Wintergemüse als ein wertvolles Mosaiksteinchen für saisonale, geschmackvolle- und ressourcenschonende Ernährung entdecken – und es lohnt sich. Jeder Hof wird die für sich passenden Wintergemüse finden. Die Vielfalt an Möglichkeiten ist enorm: Kohle, Salate, Radieschen, Kräuter, Spinat, Herbstrüben, Bundkarotten, etc.
 
Sie haben mit der Operationellen Gruppe „Weiterentwicklung Bio-Wintergemüse“ gemeinsam das EIP-AGRI Projekt umgesetzt. Wie waren Ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit zwischen Praxis und Wissenschaft und worin sehen Sie die größten Vorteile dieser Kooperation?
Besonders wertvoll war die Versuchsmöglichkeit über drei Wintersaisonen. Vor allem die Begleitung der Praxisbetriebe vor Ort, gleiche Fragestellungen an unterschiedlichen klimatischen Orten in Österreich, aber auch unterschiedliche Fragestellungen in verschiedenen Biobetrieben und die guten Auswertungen waren sehr bereichernd. Äußerst wertvoll waren das Entstehen der sensorischen Wintergemüsefibel, die arbeitswirtschaftlichen Seminare und der stetige wertschätzende Austausch aller Beteiligten.

Den Abschlussbericht, eine ausführliche Projektbeschreibung sowie weiterführende Informationen und Unterlagen finden Sie in der Projektdatenbank des Netzwerks Zukunftsraum Land unter: https://www.zukunftsraumland.at/projekte/1481

MOMOOD photography

Willkommensfest am Jaklhof 2019 Anfang Februar, wo alles frisch und heizungsfrei wächst und aufs Ernten und den Genuss im Februar wartet.

Palme Wolfgang

Die Operationelle Gruppe Wintergemüse