Artenvielfalt im zukünftigen ÖPUL: ein Ausblick

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Innovation
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11.08.2021

Elisabeth Süßenbacher*

Die heimische Kulturlandschaft mit ihren vielfältigen Nutzungstypen ist nicht nur Erholungsraum für den Menschen, sondern stellt Nahrungs-, Lebens- und Rückzugsort für unzählige Tiere und Pflanzen dar. Damit Wiesen, Weiden und Felder nicht verbuschen und verwalden, müssen diese -zumindest in unseren Breiten- bewirtschaftet und gepflegt werden. Diese wertvolle Aufgabe übernehmen Bäuerinnen und Bauern seit Jahrhunderten und leisten dadurch einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität und zur Erhaltung unserer abwechslungsreichen Kulturlandschaft.
Vor dem Hintergrund des europaweiten Rückgangs der Biodiversität stellen die EU-Zukunftsstrategien „Biodiversität 2030+“ und „Vom Hof auf den Tisch“ den Agrarsektor vor große Herausforderungen. Durch die Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik soll die Landwirtschaft auf dem Weg zur Erreichung dieser ambitionierten Biodiversitätsziele bestmöglich unterstützt werden. In Österreich nimmt hier insbesondere das Agrarumweltprogramm ÖPUL eine wichtige Rolle ein.
 
Was bringt das neue ÖPUL für die Biodiversität?
Das ÖPUL 2023+ verfolgt auch künftig einen horizontalen Ansatz, mit dem möglichst flächendeckend Umweltleistungen erbracht werden sollen. Teilnehmende Bäuerinnen und Bauern erhalten Ausgleichszahlungen für geringere Erträge, Mehraufwendungen oder zusätzliche Kosten, die mit der Einhaltung biodiversitätsfördernder Auflagen einhergehen. Artenreiche Landwirtschaftsflächen werden im ÖPUL wie bisher durch die Förderung des bäuerlichen Naturschutzes, die Bewirtschaftung von Bergmähdern, Almen und artenreichen Wiesenflächen gefördert. Daneben werden im ÖPUL Landschaftselemente wie (Obst-)Bäume, Büsche, Blühflächen und Bienenweiden angelegt, erhalten und gepflegt. Unterstützt werden außerdem Landwirtinnen und Landwirte, die gefährdete Nutztierrassen (zum Beispiel Kärntner Blondvieh, Tiroler Steinschaf) halten oder seltene Kulturpflanzen (zum Beispiel Ötztaler Lein, Vorarlberger Riebelmais) anbauen.
 
Mehr Blühflächen
In der kommenden Förderperiode wird der Anteil der verpflichtend anzulegenden Biodiversitätsflächen im Grünland und Acker im Rahmen der horizontalen ÖPUL-Maßnahme „Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung und Biologische Wirtschaftsweise“ (UBBB) deutlich erhöht (von aktuell 5 Prozent auf 7 Prozent). Zukünftig müssen auch Biobetriebe Biodiversitätsflächen anlegen und darüber hinaus besteht die Möglichkeit für eine freiwillige Anlage von Biodiversitätsflächen über das geforderte Mindestmaß hinaus, weshalb mit einer signifikanten Steigerung der Blühflächen zu rechnen ist. Gemeinsam mit Landwirtschafts- und Naturschutzexpertinnen und -experten wurden für Biodiversitätsflächen ambitioniertere Bewirtschaftungsauflagen festgelegt, die für Bäuerinnen und Bauern zwar höhere Anforderungen bedeuten, ihnen aber auch mehr Flexibilität einräumen. Optional besteht künftig sowohl im Acker als auch im Grünland die Möglichkeit, Biodiversitätsflächen mit sehr artenreichen, regionalen Saatgutmischungen (mindestens 30 Arten aus 7 Pflanzenfamilien) neu einzusäen.
 
Biodiversitäts-Schulungen
Damit die Neueinsaat der Blühflächen gelingt und für Flächen auch geeignete Standorte und Bewirtschaftungsoptionen ausgewählt werden, sorgen maßgeschneiderte Bildungs- und Beratungsangebote. In den verpflichtenden ÖPUL-Schulungen mit Biodiversitätsschwerpunkt erhalten Landwirtinnen und Landwirte praxisorientierte Tipps und Empfehlungen für die Pflege von Biodiversitätsflächen, lernen die dafür geeigneten Pflanzenarten und deren Eigenschaften kennen und erfahren, welche positiven Auswirkungen solche Flächen auf die Umwelt haben. Im besten Fall werden dadurch Freude und Begeisterung für die Natur geweckt und das Bewusstsein hinsichtlich der Auswirkungen der Bewirtschaftung auf die Biodiversität geschärft.
 
Bäuerlicher Naturschutz
Für die Erhaltung und Entwicklung von ökologisch besonders wertvollen Landwirtschaftsflächen spielt die gezielte Naturschutzförderung im ÖPUL eine Schlüsselrolle. In bewährter Weise entwickeln Ökologinnen und Ökologen sowie Landwirtinnen und Landwirte gemeinsam betriebs- und flächenindividuelle Bewirtschaftungskonzepte. Um regionale Ansätze und das Lernen voneinander zu stärken, sollen bestehende Projekte wie der „regionale Naturschutzplan“ oder „Vielfalt auf meinem Betrieb“ ausgebaut und durch weitere Projekte zur Bewusstseinsbildung und zum Monitoring ergänzt werden.

Ergebnisorientierung statt Auflagenkorsett
Der geplante Ausbau der Ergebnisorientierung im künftigen ÖPUL rückt die Auseinandersetzung mit Zielen und fachlichen Gründen für Bewirtschaftungsmaßnahmen stärker in den Mittelpunkt. Vorgesehen ist eine eigenständige ÖPUL-Maßnahme „Ergebnisorientierte Bewirtschaftung“, die neben der Biodiversität auch das Schutzgut Boden anspricht. Durch eine starke Bewusstseinsbildungskomponente werden Eigenverantwortung und Fachkompetenz der Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter in den Vordergrund gestellt. So entscheiden Landwirtinnen Landwirte anhand ihrer praktischen Erfahrungen selbst, welche Pflegemaßnahmen sie auf ihren Flächen umsetzen, damit sie die vereinbarten Naturschutzziele erreichen. Das gibt ihnen mehr Flexibilität, was zum Beispiel Wetterbedingungen oder Düngung betrifft, und außerdem bekommen sie ein besseres Verständnis für Zusammenhänge zwischen der Flächenbewirtschaftung und dem Vorkommen von Tier- und Pflanzenarten.


*Mag.a Elisabeth Süßenbacher ist Mitarbeiterin im Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus in der Abteilung für Agrarumwelt (ÖPUL), Bergbauern und benachteiligte Gebiete und biologische Landwirtschaft.