An Hindernissen wachsen: Resilienz und Lebenslanges Lernen
Resilienz ist spätestens seit 2000 zum Thema in Wissenschaft, Politik und im Bildungsbereich geworden. Lebenslanges Lernen dagegen ist ein Konzept mit Wurzeln in den 1960er-Jahren. Es steht für einen bildungsökonomischen Ansatz und für die Förderung demokratisch-gesellschaftlicher Teilhabe und Mündigkeit. Beide Konzepte sind vorausschauend und krisensensitiv.
Der Begriff Resilienz kommt aus der Materialwissenschaft und bezeichnet die Fähigkeit eines Stoffes, sich nach Veränderung seiner Form und Konsistenz in seine Ausgangsverfassung zurückzubilden. Für Individuen bedeutet Resilienz, dass sie auch bei schweren (kurz- oder langfristigen) Belastungen mit einem oder mehreren Stressoren (zum Beispiel Verlust eines Menschen, überfordernde Lebenssituation, Gewalterfahrung, Armut, Entwurzelung, …) einen gelingenden Lebensweg führen. Resiliente Menschen sind trotz traumatischer Erlebnisse gesund, sozial eingebettet, lernfähig und beruflich erfolgreich.
Wie unterstützt lebenslanges Lernen bei der Entwicklung resilienter Umgangsformen?
Wege und Methoden der Resilienzsteigerung
Das Seminar „Innere Stärke und Stabilität trainieren“, das im Rahmen der LFI-Bildungsangebote „Lebensqualität Bauernhof“ stattfand, zeigt, wie mit Bildungsarbeit Resilienz gesteigert werden kann. Technisch-sozialer Wandel greift in gewohnte Strukturen ein und drängt zu ständigem und raschem Umlernen. Neben fachlichen Kompetenzen sind dabei besonders soziale und Selbstkompetenzen gefordert, beispielsweise in schwierigen Situationen wie der Hofübergabe: Seminarleiterin Nina Rebhandl dokumentiert in ihrem Artikel aus 2020, wie man Resilienz durch „Bewusstmachen“ von Ressourcen schult.
Ressourcen werden beispielsweise durch Lebenslinien oder Rituale, die das Wertvolle betonen, sichtbar. (Beispiel: ein Abendritual, bei dem drei positive Erlebnisse des Tages reflektiert werden – besonders wertvoll mit Kindern). Weiters stärken Übungen zur Perspektivenübernahme und zum Gewinnen eines realistischen Selbstbildes Resilienz. Hier wird das eigene Erleben relativiert und eigene Chancen werden besser einschätzbar. Die Resilienzforschung betont auch, dass Zugang zu eigenen Gefühlen und eigenem Körpererleben elementar ist – etwas, was man üben kann. Herausforderungen nicht aus dem Weg zu gehen und keine falsche Schonhaltung einzunehmen ist ein weiterer Weg zu Resilienz.
Sozial-kulturelle Ermöglicher:innen
Resilienz und Lebenslanges Lernen werden mitunter als Aufgabe des Individuums gesehen. Man übersieht eventuell, dass Resilienz nicht alleine, sondern nur im sozialen Miteinander und innerhalb eines kulturellen Raumes (Werte, Religiosität, persönliche Sinnquellen, Naturerleben) entwickelt wird.
Im Folgenden werden drei Phänomene genannt, welche „Ermöglicher:innen“ von Resilienz sind. Diese Ermöglicher:innen zeigen, dass Resilienz etwas ist, das „von Außen“ gefördert werden kann:
- Resilienz wird durch das Erleben von Wertschätzung, Empathie und Engagement in der Begegnung mit anderen (auch und gerade, wenn die Begegnung nicht nur harmonisch ist) gestärkt.
- Elementar sind Erfolgserlebnisse und die Erfahrung, aus eigenen Kräften etwas verändern und erreichen zu können (auch kleine Erfolge sind wirksam).
- Kulturelle Sinnressourcen (zum Beispiel Religiosität, Naturerleben, persönliche Sinnquellen) geben Halt und machen resilient.
Diese „Ermöglicher:innen von Resilienz“ werden bereits im Bildungssystem zur Verfügung gestellt. Beispiele dafür sind partizipativ und sensitiv gestaltete Angebote der Erwachsenenbildung, Kurse der Basisbildung und Alphabetisierung oder Schulen, wo ein freundliches und stabiles Klassenklima nachweislich vulnerablen Kindern hilft, eine resiliente Stufe zu erreichen (Quelle: https://www.aktionsrat-bildung.de/fileadmin/Dokumente/Gutachten_pdfs/ARB_Gutachten_WEB_2022.pdf ).
Resilienz zu gestalten ist Aufgabe für jede/n einzelne/n. Darüber hinaus ist die durchgängige Berücksichtigung von Resilienzfragen in Institutionen des Lebenslangen Lernens wünschenswert. Ein guter Startpunkt wäre, Resilienz intensiv zu thematisieren und damit mehr Verständnis sowie Motivation zu erzielen.
Petra H. Steiner, Erwachsenenbildnerin in Österreich