Landjugend Österreich: Interaktive Hofübernahme/Hofübergabe Broschüre

Lebensqualität

Kompakt, verständlich und interaktiv:
Innerhalb von 10 Minuten werden die wichtigsten Infos rund um die Hofübernahme und Hofübergabe kompakt und verständlich in einem interaktiven Videoformat zusammengefasst. Die interaktive Aufbereitung der Materialien erlaubt es, individuell durch die verschiedenen Bereiche rund um die Hofübernahme zu navigieren und Zusatzinformationen herunterzuladen.

Die Landjugend Österreich hat die wichtigsten Tipps und Tricks für eine gelungene innerfamiliäre, aber auch außerfamiliäre Hofübernahme in den beiden bewährten Broschüren zusammengefasst. Dabei werden sämtliche Aspekte des Übergabeprozesses aus menschlicher, rechtlicher und steuerlicher Sicht behandelt. Diese Inhalte sind nun auch in Form einer interaktiven Hofübernahme/Hofübergabe Broschüre verfügbar. In Form von Kurzvideos werden junge Landwirtinnen und Landwirte durch den Prozess begleitet. Eingebettet sind außerdem Downloadmöglichkeiten zu weiterführenden Informationen und Checklisten sowie Weiterleitungen zu verschiedenen Kontaktdaten, die bei Fragen der Hofübernahme mit Rat und Tat unterstützen.

Mehr Informationen zur Hofübernahme und zur Initiative „Hofübernahme im Fokus – die Zukunft unserer Landwirtschaft“ sind HIER zu finden.

Podcast Tipp: Mutige Frauen braucht das Land!

Lebensqualität

Bei einer gemeinsamen Wanderung entstand die Podcast-Idee. Raffaela Lackner und Elisabeth Leitner wollten ein gemeinsames Projekt starten, abseits ihres beruflichen Alltags. Sie waren es leid, immer nur Negatives über den ländlichen Raum, seine Unzulänglichkeiten und mögliche Abwanderungsgründe von Frauen zu hören. Ihr Projekt sollte einen positiven Beitrag leisten, denn ihre Erfahrungen waren ganz andere.

Am Land wimmelt es nämlich nur so von weiblicher Größe, von faszinierenden Frauen, die sich mutig dem Alltag stellen und den ländlichen Raum durch ihr Wirken und ihr Wesen gestalten und bereichern. Das wollen die beiden zeigen, und so starteten sie im Februar 2021 den Podcast „Mutige Frauen braucht das Land“, der bereits den Steirerin Award erhalten hat und auch einmal bei den Ö3 Podcast Awards unter den Finalist:innen war.

Einmal im Monat bringen die beiden eine Folge heraus. Das Spektrum reicht von Gründerinnen und Wiedereinsteigerinnen zu Bürgermeisterinnen und Politikerinnen bis zu Geschäftsführerinnen, Aussteigerinnen, Aufsteigerinnen und jedenfalls allesamt Macherinnen. Darunter befinden sich Polizistinnen, Landwirtinnen, Gastwirtinnen, Forscherinnen, Ärztinnen, Sportlerinnen, Regionalmanagerinnen, Diätologinnen, Künstlerinnen, Handwerkerinnen, Feministinnen, Bäckerinnen, Pädagoginnen, Filmemacherinnen, Studentinnen, Forstwirtinnen und noch so viel mehr mutige Frauen.

Raffaela und Elisabeth treffen diese Frauen vor Ort, dort wo sie wirken. Sie sprechen über deren Leben und fragen nach ihren Visionen und Lebenskonzepten. Nach ihren Strategien, Sehnsüchten und Weisheiten, aber auch nach Hoppalas und Wendepunkten in ihrem Leben. „Bei jedem Gespräch ist etwas dabei, dass uns bewegt, weiterbringt, Kraft und Motivation schenkt.“ meinen die beiden Frauen, die für das Projekt selbst auch eine Portion Mut mitgebracht haben. Sie haben sich die notwendigen Skills selbst beigebracht und machen den Podcast in ihrer Freizeit. „Unsere Belohnung ist es, wenn wir positives Feedback erhalten, die Hörer:innen unseren Podcast abonnieren und weitersagen und uns mutige Frauen empfehlen.“

Zu hören gibt es den Podcast auf allen gängigen Podcast Plattformen!

Dürfen wir vorstellen? Die Farmfluencer! – Geflügelhof Daller

Innovation
Lebensmittelversorgung
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Vor zwei Jahren hat der Verein Wirtschaften am Land das Projekt farmfluencer_at ins Leben gerufen. Farmfluencer sind junge Bäuerinnen und Bauern, die über soziale Medien Einblicke in die Landwirtschaft geben. 24 Farmfluencer aus ganz Österreich zeigen der Gesellschaft das echte Leben am Hof und erklären, was die österreichische Land- und Forstwirtschaft leistet. Mit authentischen und informativen Beiträgen erreichen sie tausende Menschen und bringen dabei nicht nur die schönen Seiten der Landwirtschaft näher, sondern beleuchten auch die Herausforderungen, mit denen sie tagtäglich konfrontiert sind. Gerade in einer Zeit, in der ein Großteil der Bevölkerung die Verbindung zur Landwirtschaft verloren haben, leisten die Farmfluencer wertvolle Aufklärungsarbeit. Zusammen mit der Jungen Landwirtschaft Österreich (JLW) möchten sie die Agrarkommunikation auf die nächste Stufe heben. Bei diesem gemeinsamen Projekt liegt ein besonderer Fokus auf den Themen Tierwohl, Kreislaufwirtschaft und der Reduzierung von Lebensmittelverschwendung. Um das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit zu schärfen und positive Veränderungen zu bewirken.

Wir haben mit Anna Daller vom Geflügelhof Daller über das Thema „Mut“ gesprochen:

Mut bedeutet, auch in unsicheren Zeiten nach vorne zu gehen. Was hat dich dazu bewogen, dich als Farmfluencerin digital zu zeigen und Einblicke in deinen landwirtschaftlichen Alltag zu geben? Wo liegen deine Schwerpunkte?

Ich habe mit Social Media angefangen, um zu zeigen, wie viel Arbeit es ist, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen, was Nebenerwerb heißt und auch Frauen in der Landwirtschaft zu vertreten und zu zeigen, dass Frauen genau die gleiche Rolle am Betrieb einnehmen können wie Männer. Ich will zeigen, was so eine Bäuerin alles machen muss und vor allem machen kann. Ich will auch für Resilienz stehen und Hürden mit einer Prise Humor nehmen und auch so teilen.

Der Schwerpunkt an meinem Betrieb ist die Direktvermarktung der Nudeln. In diesen Bereich stecke ich auch die meiste Zeit und Energie, um dies auszubauen. Dazu gehört die derzeit kleine Legehennenhaltung. Wir haben auch Ackerbau am Betrieb. Mit dem Ackerbau will ich mich in den nächsten Jahren dann noch tiefer befassen. Leider fehlte dafür bis jetzt immer die Zeit.

In Zeiten des Klimawandels, wirtschaftlicher Herausforderungen und gesellschaftlicher Veränderungen braucht es innovative Ansätze. Welche mutigen Entscheidungen hast du in deinem Betrieb getroffen, um zukunftsfähig zu bleiben?

Ich bin tatsächlich erst das zweite Jahr Betriebsführerin und habe deshalb noch wenige große Schritte gewagt bis dato, die Ideen und Pläne sind aber definitiv da. Ein großes Projekt war die Umstellung von den Elterntieren damals auf die kleine Legehennenhaltung. Ich habe überlegt, was die Konsument:innen wollen und das war eindeutig mehr Tierwohl und Transparenz. Wir haben somit einen sehr großräumigen Stall mit Fenstern für viel Tageslicht und im Hofladen Fenster in den Hühnerstall, wo die Konsument:innen beim Einkauf direkt auch sehen, wie es den Tieren geht, von denen die Produkte kommen.

Ein weiteres Projekt war der neue Trockenraum für die Nudeln, den wir Ende letztes Jahr aufgestellt haben. Die Nudelproduktion soll in weiterer Folge mit Sonnenenergie betrieben werden. Dieses Jahr werde ich den Auslauf für die Hühner noch fertig machen, für noch mehr Tierwohl.

Veränderungen sind oft mit Unsicherheiten verbunden und manchmal läuft nicht alles nach Plan. Gab es in deinem Berufsalltag Momente des „Scheiterns“ beziehungsweise des Wieder-Aufstehens – und was/ hast du daraus für dich (und deinen Betrieb) gelernt?

Tatsächlich gab es damals, als ich angefangen habe nach der Schule am Betrieb zu arbeiten, einen großen Moment der Ungewissheit. Es gab in dieser Zeit einige gesetzliche Änderungen, welche sich direkt auf unseren Betrieb ausgewirkt haben. Der Betrieb ist 2017 so umgebaut worden, dass ich in Zukunft zwei Gruppen Bio-Lege-Elterntiere halten und von der Landwirtschaft leben kann. Aufgrund der Änderungen, die damals gefordert waren und der daraus resultierenden Probleme, haben wir uns entschieden, die Elterntierhaltung aufzugeben. 

Ich habe dann mit der Betriebsübernahme den Schritt gewagt, wieder Hühner einzustellen, aber im kleinen Rahmen, um selbst alle Rahmenbedingungen für meine Tiere und mich bestimmen zu können. Ich habe aus diesen Tiefpunkten gelernt, dass man immer auf kurzfristige Änderungen vorbereitet sein muss und für einen erfolgreichen Betrieb ausreichend finanzielle Puffer braucht, um auf solche Situationen entsprechend reagieren zu können. Vor allem will ich aber auch in Zukunft daran arbeiten, meinen Betrieb vielseitig aufzustellen, um nicht auf eine einzelne Einkommensquelle angewiesen zu sein, da dies auch eine höhere Krisensicherheit gewährleistet.

Was gibt dir persönlich Kraft und Zuversicht, trotz der vielen Herausforderungen, mit Leidenschaft und Innovationsgeist in die Zukunft der Landwirtschaft zu blicken?

Ich sehe meinen Betrieb als Chance, dass ich aus dem, woran meine Eltern ihr ganzes Leben gearbeitet haben und was sie über die Jahre aufgebaut haben, etwas Großartiges machen kann. Ein Bauernhof ist eine Chance, sich mit Ehrgeiz, Engagement und viel Mut etwas aufzubauen und sich selbst zu verwirklichen. Diese Chance bekommt nicht jede/r in ihrem/seinem Leben und ich bin sehr dankbar dafür. 

Du bekommst mit einem Bauernhof ein Buch mit vielen Seiten, die du alle so beschreiben kannst, wie du willst. Dieser Gedanke schafft es (welche Hürden auch in Zukunft auf mich zukommen werden), dass ich mit Zuversicht Lösungen und neue Wege finde.

Mut ist ansteckend und Vorbilder können viel bewirken. Was würdest du anderen jungen Menschen raten, die sich für die Landwirtschaft interessieren, aber vielleicht Angst vor den Unsicherheiten und Herausforderungen in diesem Beruf haben?

Ich würde ihnen raten, mutig zu sein und den Sprung ins kalte Wasser zu wagen, wenn Begeisterung dafür da ist. Die Landwirtschaft bietet so viele Chancen, sich selbst zu verwirklichen, Spezialist:in in Gebieten zu werden, wo die wenigsten überhaupt einen Einblick bekommen. Ich habe den Betrieb mit 24 Jahren übernommen. Es ist eine große Herausforderung am Anfang und man weiß vieles nicht und einiges geht am Anfang auch schief. Man darf nicht gleich entmutigt werden und braucht ein dickes Fell. Ich bin ein Mensch, der immer Rückhalt braucht, weshalb ich auch noch neben der Landwirtschaft arbeiten gehe. Dies ist eine Option für Menschen, die auch dieses Sicherheitsnetz brauchen, falls etwas schief geht. Etwas, das ich den Menschen aber mitgeben will, ist, dass der Beruf Landwirtin und Landwirt harte Arbeit bedeutet. Er fordert Resilienz und Ehrgeiz. Vor allem am Anfang, wenn man sich erst etwas aufbauen will, muss man die Arbeit oft vor andere Dinge stellen. Ich würde den Menschen aber auch mitgeben, dass sie daran arbeiten sollen, etwas aufzubauen, das nicht das ganze Leben lang bedeutet, die Arbeit vor alles andere zu stellen.

Gibt es Momente, in denen du spürst, dass es als Frau in der Landwirtschaft besonderen Mut braucht? Wenn ja, wie gehst du damit um?

Ich fühle mich als Frau in der Landwirtschaft oft unter Druck, mir keine Fehler erlauben zu dürfen. Vor allem, weil ich dafür einstehe, dass Frauen in der Landwirtschaft das Gleiche können wie Männer. Ich bin darum immer eher ängstlich, wenn ich etwas Neues lerne oder probiere, dass mich jemand dabei sieht, wie ich es nicht kann. Da brauche ich immer sehr viel Mut, trotzdem den Schritt zu wagen – sei es, Gülle fahren lernen oder mit der Motorsäge schneiden etc.

Es braucht für mich als Frau auch viel Mut, um Hilfe zu bitten. Ich versuche zwar immer nach dem Motto „Improvise – Adapt – Overcome“ zu leben und will zeigen, wie stark ich als Frau bin und was ich alles kann, aber manchmal reichen meine Kraft oder meine Fähigkeiten nicht und ich muss um Hilfe bitten. Da muss ich mich selbst auch immer überwinden.

Was bedeutet „Mut“ für dich persönlich? 

Mut bedeutet für mich, für meine Werte, meinen Glauben und für mich selbst einzustehen.  Mut bedeutet, für mich einzustehen und mich nicht von anderen klein machen zu lassen. 

Es bedeutet immer an mich und meine Fähigkeiten zu glauben. 

Mut bedeutet aber auch, einen Schritt zurückzugehen und sich neu zu orientieren, wenn es notwendig ist.

 

Anna Daller im Interview mit Stephanie Topf, Netzwerk Zukunftsraum Land

Zwischen Strategie und Struktur: Wie Gleichstellung in der GAP-Umsetzung gelingen kann

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Die Arbeitsgruppe Geschlechtergleichstellung im Rahmen des GAP-Strategieplans wurde eingerichtet, um die Gleichstellung der Geschlechter in der Umsetzung und Wirkung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu verbessern. 

Im GAP-Strategieplan ist die Geschlechtergleichstellung als ein zentrales Querschnittsthema verankert. Ziel ist es, Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern im landwirtschaftlichen Sektor und im ländlichen Raum sicherzustellen sowie bestehende Ungleichheiten abzubauen. Wir sprachen mit Veronika Resch-O’Hogain, Leiterin der Arbeitsgruppe, über deren Ziele, Maßnahmen und Wirkungen:

Frau Resch-O’Hogain, Sie leiten diese Arbeitsgruppe, was war die zentrale Motivation für deren Einrichtung?

Gleichstellung ist ein Thema, das alle Lebens- und Politikbereiche betrifft – so auch die Landwirtschaft und Regionalentwicklung. Vor etlichen Jahren las ich in einer österreichischen Tageszeitung zum Thema Gleichstellung den Satz: „Verbale Aufgeschlossenheit bei gleichbleibender Verhaltensstarre“. Dieser Satz beschreibt für mich die Situation sehr treffend. Zwar wird in der männlich dominierten Agrarpolitik heute niemand mehr die wichtige Rolle von Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben infrage stellen, doch die Bereitschaft, Veränderungen zugunsten von Frauen herbeizuführen, bleibt überschaubar. 

Genau hier setzt die Arbeitsgruppe an: Wir wollen Möglichkeiten ausloten, wie Gleichstellung in der Umsetzung und Wirkung des GAP-Strategieplans verbessert werden kann. Wir, das sind in diesem Fall Stakeholder aus den Bereichen Agrarpolitik und ländliche Entwicklung, wie Kammern, Regierungsorganisationen und NGOs. 

Es ist mir wichtig zu betonen, dass wir nicht bei null anfangen. In den vergangenen Jahren wurden bereits konkrete Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt – oft unter Einbeziehung von Expert:innen in gemeinsamen Arbeitsgruppen. Dennoch bleibt viel zu tun.

Wie ist das Thema Geschlechtergleichstellung im GAP-Strategieplan strukturell verankert?

Die GAP-Strategieplan Verordnung gibt neun spezifische Ziele vor, welche durch die Umsetzung der Fördermaßnahmen erreicht werden sollen. Das Ziel 8 bezieht sich ausdrücklich auf die „Förderung […] der Gleichstellung der Geschlechter, einschließlich der Beteiligung von Frauen an der Landwirtschaft, sozialer Inklusion…“. Der Auftrag ist somit klar und deutlich formuliert – doch wie dieser erreicht werden soll, bleibt offen. Es lassen sich nicht auf den ersten Blick Fördermaßnahmen erkennen, die genau auf diese Zielsetzungen fokussieren. Daher verfolgen wir in Österreich den Ansatz, dass viele der bestehenden Maßnahmen eine Wirkung in Richtung Gleichstellung entfalten können – vorausgesetzt sie werden tatsächlich gleichstellungsorientiert umgesetzt. Hier gibt es viele Möglichkeiten, aber derzeit noch wenig Erfahrungen, welche Maßnahmen tatsächlich die Situation von Frauen in der Landwirtschaft verbessern. 

Die Ausgestaltung der Förderprogramme ist je nach EU-Mitgliedsstaat sehr unterschiedlich, besonders spannend finde ich dabei die Ansätze anderer Länder wie Spanien oder Irland, die proaktiv vorgehen. Ihre Evaluierungen werden wertvolle Erkenntnisse liefern.

Was bedeutet aus Ihrer Sicht Gleichstellung im landwirtschaftlichen/ländlichen Kontext, und warum ist sie für eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums so wichtig?

Ein Wirtschaftssektor oder eine Region kann sich nur dann langfristig gut entwickeln, wenn alle Menschen – unabhängig vom Geschlecht – eine finanzielle Existenz nach ihren Lebensentwürfen aufbauen und soziale Absicherung erreichen können. Doch Statistiken zeigen: Frauen haben oft einen schwierigeren Zugang zu Ressourcen. Sie erben seltener Betriebe – die häufigste Form des Eigentumserwerbs in der Landwirtschaft – und stoßen immer noch auf veraltete Rollenbilder in Familie, Werbung oder Beratung. Diese schränken ihre Entfaltungsmöglichkeiten ein oder erschweren sie zumindest erheblich. 

Frauen sind zudem nicht entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil in politischen Gremien vertreten; das gilt sinngemäß auch für die Mitsprache in den diversen Ebenen der Interessensvertretungen.

Dank engagierter Frauen und Männer wurden bereits Fortschritte erzielt. In der höheren landwirtschaftlichen Ausbildung sind Mädchen stark vertreten. Auch die Forderung von Frauen an politischer Mitsprache und Entscheidungsbefugnis wird aufgrund von Eigeninitiativen oder durch Programme vorangetrieben – doch handelt es sich meist um Einzelfälle und nicht um einen systemischen Ansatz.

Kurz gesagt: „Gleichstellung bedeutet, dass Frauen für ihre Arbeit in der Landwirtschaft gleiche finanzielle und soziale Absicherung sowie Anerkennung und politische Mitsprache erhalten – Voraussetzungen für gute Partnerschaften.“ Hier ist meiner Ansicht nach noch viel zu tun – von beiden Geschlechtern. Denn nur wer repräsentiert ist, kann sicherstellen, dass die eigenen Perspektiven und Rechte in politischen Maßnahmen, Programmen und Rechtstexten berücksichtigt werden.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung von Gleichstellungsmaßnahmen im landwirtschaftlichen Bereich? 

Die größte Herausforderung sehe ich derzeit darin, überhaupt gemeinsame Ziele für Gleichstellungsmaßnahmen im landwirtschaftlichen Bereich zu definieren. Dafür müssen Entscheidungsträger:innen zunächst von den Vorteilen einer Gleichstellung überzeugt werden. Es ist ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft und für ein demokratisches System, wenn jede und jeder sich frei entfalten kann – ohne durch Rollenbilder eingeschränkt zu werden.

In Einzelgesprächen oder Workshops stoße ich oft auf zurückhaltende Zustimmung auf strategischer Ebene. Doch wenn ich konkret frage, ob man sich für die eigenen Kinder gleiche Chancen wünscht – sei es beim Zugang zu (finanziellen) Ressourcen oder bei der Entlohnung für Arbeitsleistungen und Absicherung –, ist die Antwort ein klares „Ja“.

Sobald dieser Wille zur Gleichstellung vorhanden ist, bleibt jedoch die Frage: An welchen Stellschrauben soll gedreht werden? Zum Glück können wir hierzu auf die Erkenntnisse von österreichischen Wissenschaftler:innen zurückgreifen, die zu diesem Thema schon langjährig forschen. Auch auf EU-Ebene werden derzeit mehrere Horizon-Projekte umgesetzt, die sich genau diesem Thema widmen.

Aufgrund der eingangs beschriebenen Situation fokussieren wir in unserer Arbeitsgruppe auf das Förderprogramm GAP-Strategieplan mit dem Ziel in wenigen ausgewählten Maßnahmen noch in der laufenden Umsetzung Gendermainstreaming-Ansätze einzubauen und haben hierzu einen konkreten Maßnahmenplan aufgestellt.

Die Arbeitsgruppe hat einen umfassenden Maßnahmenplan erarbeitet. Davon sind 3 Schwerpunkbereiche nun in Umsetzung: Gleichstellung in der Beratung, in Investitionen sowie im regionalen Kontext. Wie kam es zu dieser Priorisierung? 

Der GAP-Strategieplan umfasst zahlreiche Maßnahmen, die sich beispielsweise hinsichtlich Zielsetzung (Nutzen auf betrieblicher Ebene oder auf regionaler Ebene), förderwerbenden Personen (Einzel-Antragsteller:innen versus kooperative Akteur:innen), landwirtschaftlicher Kontext oder ländlicher Raum unterscheiden. In Workshops haben wir diese Vielfalt anhand einiger Kriterien eingegrenzt. Die Priorisierung erfolgte beispielsweise anhand des Budgetvolumens, denn Interventionen mit hoher Dotierung lassen eine höhere Wirkung bei verbesserter Geschlechtergleichstellung erwarten. Außerdem sollte ein Handlungsspielraum gewährt sein – also Steuerungsschrauben, an denen auch während der laufenden Planumsetzung gedreht werden kann. Im Sinne einer evidenzbasierten Politikumsetzung sollte auch die Möglichkeit zur Erhebung von Daten und entsprechende Evaluierungsmöglichkeiten genutzt werden können. 

Daraus ergab sich der Fokus auf die drei Bereiche: 

  • land- und forstwirtschaftliche Beratung, 
  • Investitionen und Diversifizierungstätigkeiten auf landwirtschaftlichen Betrieben, 
  • Fokus auf eine Region und den dort umgesetzten Maßnahmen zur Stärkung des ländlichen Raums. 

Ich freue mich, dass wir in all diesen Bereichen mit den entscheidenden Playern, also jenen Organisationen, die die Maßnahmen umsetzen, sehr konstruktiv zusammenarbeiten. So konnten wir in mehreren Workshops mit Vertreter:innen der Landwirtschaftskammern aus deren konkreten Erfahrungen in Beratungssituationen lernen und gemeinsam Lösungsansätze diskutieren.

Für den regionalen Fokus wurde die LEADER-Region Hermagor ausgewählt. Wird es weitere Pilotregionen geben?

Die LEADER-Region Hermagor hat sich als Pilotregion angeboten – ein wichtiger Schritt! Wir analysieren dort die bestehende lokale Entwicklungsstrategie unter dem Aspekt des Gendermainstreamings. Es geht also darum, sicherzustellen, dass bei der Umsetzung der geplanten Schwerpunkte und Projekte Frauen und Männer gleichermaßen profitieren. Um dies zu bewältigen, muss zuerst Wissen über die unterschiedlichen Bedürfnisse/Nutzungsverhalten von Männern und Frauen aufgebaut werden (Infrastruktur zur Mobilität, Dienstleistungen etc.). 

Gemeinsam mit der Region werden Gleichstellungsziele und Maßnahmenansätze für konkrete Umsetzungsvorhaben erarbeitet. Um diesen Prozess zu begleiten, finanzieren wir eine Expertin, welche die Verantwortlichen der LEADER-Region über den Zeitraum von mehreren Monaten gezielt unterstützt.

Aufbauend auf den Erfahrungen der LEADER-Region Hermagor möchten wir langfristig auch anderen Regionen Handlungsempfehlungen zur Verfügung zu stellen. Dabei wollen wir auch den Austausch mit anderen Fonds, wie beispielsweise dem ESF+, nutzen beziehungsweise auf Erkenntnisse von Regionen setzen, die aus Eigeninitiative eine Vorreiterrolle beim Thema Chancengleichheit einnehmen.

Welche Ergebnisse erwarten Sie sich von den laufenden Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf die langfristige Wirkung im landwirtschaftlichen Sektor?

Ich erwarte kleine, aber messbare Fortschritte auf struktureller Ebene, wie beispielsweise landwirtschaftliche Beratungsangebote, die explizit Frauen und Männer ansprechen und wo auf die Finanz- und Arbeitszeitressourcen aller am Hof Lebenden eingegangen wird. Hier geht es darum, die guten Leistungen einzelner Berater:innen in die Breite zu tragen. Außerdem erwarte ich mir auf Basis unserer Evaluierungsprojekte ein besseres Verständnis darüber, wie Frauen an den landwirtschaftlichen Investitionsförderungen teilhaben. Ähnliches gilt für die Umsetzung von LEADER-Projekten. 

Langfristig erhoffe ich mir, dass wir aufgrund unserer guten Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe und den umgesetzten Projekten das Thema Chancengleichheit positiv besetzen können und somit dazu beitragen, dass sich eine gleichstellungsorientierte Kultur in der Agrarpolitik entwickelt. Diese sollte sich in den Zielsetzungen und Ausgestaltungen zukünftiger Politikmaßnahmen und Gremienbesetzungen widerspiegeln. 

Für mich steht fest: langfristige Erfolge können nur gemeinsam erreicht werden – durch aktive Beteiligung beider Geschlechter.

Veronika Resch-O’Hogain ist Mitarbeiterin der Abteilung II/2: Koordination GAP-Strategiepläne und EU-Fischereifonds im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft. 

Interview: Netzwerk Zukunftsraum Land/ Stephanie Topf

Gender Mainstreaming in der Agrarpolitik – Interview mit Heide Cortolezis

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Die Arbeitsgruppe Geschlechtergleichstellung im Rahmen des GAP-Strategieplans wurde eingerichtet, um die Gleichstellung der Geschlechter in der Umsetzung und Wirkung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu verbessern. Im GAP-Strategieplan ist die Geschlechtergleichstellung als ein wichtiges Querschnittsthema verankert. Sie zielt darauf ab, Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern im landwirtschaftlichen Sektor und im ländlichen Raum sicherzustellen und bestehende Ungleichheiten abzubauen. 

Wir haben mit Heide Cortolezis, die als Fachexpertin Teil der Arbeitsgruppe (AG) ist, gesprochen. Im Gespräch erklärt sie die Bedeutung von Gender Mainstreaming in der Agrarpolitik und wie dieses Prinzip in der Arbeit der AG umgesetzt wird.

Frau Cortolezis, Sie sind Expertin für Gender Mainstreaming. Was bedeutet dieser Ansatz konkret – besonders im Kontext der Landwirtschaft und des ländlichen Raums?

Gender Mainstreaming (GM) ist ein strategisches Instrument, das darauf abzielt, Gleichstellung systematisch in allen Bereichen mitzudenken – auch in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum. Es geht darum, Veränderungen bewusst zu gestalten, und das funktioniert nur, wenn man gemeinsam erkennt, warum etwas verändert werden muss (der „Case for Action“) und welches Ziel man dabei verfolgt. Damit Gender Mainstreaming wirklich umgesetzt wird, muss klar benannt werden, was im jeweiligen Kontext unter Gleichstellung verstanden wird und wohin die Entwicklung führen soll. Diese Zielsetzung muss auf strategischer Ebene erfolgen. Erst dann können Strukturen – wie Zuständigkeiten, Entscheidungswege, Verfahren oder Budgeteinsätze – so angepasst werden, dass sie konkret zur Erreichung dieser Ziele beitragen.

Wie haben Sie Ihre Expertise in die Arbeit der Arbeitsgruppe Geschlechtergleichstellung eingebracht? Gab es spezielle Aspekte des Gender Mainstreamings, die Sie besonders betonen wollten?

In meiner Arbeit in der Arbeitsgruppe war es mir wichtig zu betonen, dass Gleichstellung nicht nur „Frauensache“ ist. Alle Maßnahmen zur Entwicklung von Landwirtschaft und ländlichem Raum sollten immer auch danach gefragt werden, wie sie sich auf Frauen und Männer unterschiedlich auswirken. Leider bleibt die Gender-Perspektive in der Praxis oft auf einzelne Projekte für Frauen beschränkt. Dabei geht es nicht nur darum, etwas für Frauen zu tun, sondern durch ihre aktive Beteiligung etwas für die Landwirtschaft insgesamt zu erreichen. Das volle Potenzial beider Geschlechter zu nutzen, ist entscheidend für die Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe – wird aber oft durch traditionelle Strukturen ausgebremst.

Welche Herausforderungen oder Hürden sehen Sie aktuell bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming in agrarpolitischen Programmen wie dem GAP-Strategieplan?

Eine der größten Hürden ist, dass klare Gleichstellungsziele oft fehlen – dabei sind sie ein zentraler Bestandteil von Gender Mainstreaming. Es wird selten eindeutig formuliert, was Gleichstellung in einem bestimmten Programm überhaupt bedeutet und was konkret erreicht werden soll – etwa durch Fördermaßnahmen oder Projekte. Wenn das unklar bleibt, fehlen auch die konkreten Schritte, um Gleichstellung gezielt voranzubringen. Ohne strategischen Rahmen und ohne klare Kommunikation nach außen bleibt das Thema oft vage – und verliert dadurch an Wirkung.

Gender Mainstreaming wird oft als Werkzeug zur Förderung von Gleichstellung gesehen. Wenn Sie die aktuelle Umsetzung mit der Implementierungsphase der AG – etwa um 2018 – vergleichen: Erkennen Sie Unterschiede in der Herangehensweise oder im Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit?

Ja, es gibt deutliche Unterschiede. In der Förderperiode 2014–2020 wurden im Zuge der Ex-ante-Evaluierung zwar Ziele und Empfehlungen für mehr Gleichstellung erarbeitet, aber nur teilweise umgesetzt. Die damalige Arbeitsgruppe hat viele Maßnahmen angestoßen, jedoch eher breit gestreut.

Im aktuellen Konzept wird nun gezielter und tiefer gearbeitet – einzelne Maßnahmen oder Interventionen stehen im Fokus, werden dafür aber mit allen Beteiligten intensiv und mit klaren Zielsetzungen bearbeitet. Das macht den Umsetzungsprozess transparenter und nachvollziehbarer – und schafft eine gute Grundlage, um diese Herangehensweise künftig auf weitere Bereiche zu übertragen.

Wie bewerten Sie die bisherigen Maßnahmen der Arbeitsgruppe in den Bereichen Beratung, Investitionen und regionale Umsetzung aus der Perspektive des Gender Mainstreamings?

Im Bereich Beratung wurde intensiv und erfolgreich mit allen relevanten Ebenen zusammengearbeitet:
Praxis: Berater:innen aus dem Feld,
Umsetzung: Landwirtschaftskammern,
Ausbildung: Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik.

Gemeinsam wurden die Beratungssituation und bestehende Weiterbildungsangebote analysiert. Daraus entstand eine „Landkarte der Hebelpunkte“, die zeigt, wo im Beratungsprozess Gleichstellung besonders wirksam gefördert werden kann. In Workshops mit den Organisationen und dem BML wurden daraufhin klare Ziele und konkrete Schritte zur Umsetzung und strukturellen Veränderung definiert – ein echter Fortschritt.

Im Bereich Investitionen analysiert derzeit die BAB (Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen) Investitionsprojekte hinsichtlich ihrer Gender-Wirkung – also zum Beispiel Anzahl, Volumen und Themen der geförderten Projekte in der landwirtschaftlichen Erzeugung und Diversifizierung. Auf Basis dieser Daten werden die nächsten Maßnahmen entwickelt.

Die regionale Umsetzung hat leider etwas später begonnen. Erste Schritte wurden mit zwei Workshops gemacht, in denen ein gemeinsames Verständnis von Gender Mainstreaming erarbeitet wurde. Der wichtige Austausch mit dem Vorstand ist für Ende April 2025 geplant – ein zentraler Meilenstein für die weitere Verankerung.

Inwiefern trägt die Auswahl der LEADER-Region Hermagor als Pilotprojekt dazu bei, Gender Mainstreaming auf regionaler Ebene zu verankern?

Die Pilotregion wird ihre bestehende Lokale Entwicklungsstrategie um Gleichstellungsziele ergänzen. Jenseits von „sex-counting“ und strategischen Feldern, in denen eindeutig Frauen und Männer als solche sichtbar sind, soll nachvollziehbar werden, was es bedeutet, wenn „alle in allen Bereichen eine Gleichstellungsperspektive“ einnehmen.

Neben der inhaltlichen Verankerung von Geschlechtergleichstellung in der Lokalen Entwicklungsstrategie gilt es mit der LAG – vor allem mit jenen Akteurinnen und Akteure der LAG, die in steuernden und entscheidenden Funktionen sind (Vorstand/ Projektauswahlgremium) – zu konkretisieren, welches Governance- und Steuerungssystem praktikabel ist.

Wir hoffen, die Ergebnisse sind gut auf andere Leader-Regionen übertragbar.

Welche langfristigen Wirkungen erhoffen Sie sich durch die Maßnahmen der Arbeitsgruppe im Hinblick auf eine nachhaltigere und gerechtere Agrarpolitik?

Im Bereich Beratung ist eine sehr positive Veränderung zu erwarten, da alle beteiligten Organisationen tatsächlich gebündelt den gemeinsam formulierten Gleichstellungszielen zuarbeiten und die vereinbarten Schritte umsetzen.

Im Bereich Investitionen sind spannende Evaluierungsergebnisse zu erwarten. Falls sich Muster hinsichtlich geschlechtsspezifisch konnotierter Themen/ Arbeitsbereiche, Förderwerberinnen und Förderwerber, Investitionshöhen, etc. identifizieren lassen, können die Strukturen dahingehend verändert werden, dass die wirtschaftlichen Leistungen und der Beitrag zur Sicherung und Entwicklung der Betriebe von Frauen und Männern explizit die gleiche Bewertung und Anerkennung erhalten. Und es gibt noch weitere Maßnahmen, die die AG während der Programmlaufzeit umsetzen möchte.

 Wo sehen Sie bereits positive Entwicklungen im Bereich der Geschlechtergleichstellung im ländlichen Raum?

Es gibt bereits eine wachsende Bereitschaft unter den Akteur:innen, sich hinter das gemeinsame Ziel zu stellen, die ländliche Entwicklung geschlechtergerecht zu gestalten. Das heißt: Frauen und Männer sollen gleichermaßen mitentscheiden, mitgestalten und Verantwortung übernehmen können – in allen Bereichen des Lebens, sei es in der Produktion, im sozialen Miteinander oder in der Familienarbeit. Dieses Verständnis findet zunehmend Unterstützung, und viele Akteur:innen ziehen in diese Richtung mit.

Der politische Diskurs über Frauen ist aber nach wie vor gekennzeichnet durch den Blick auf Frauen in ihren privaten Rollen, sprich „Mütter“ oder durch den Versuch, Frauen in Richtung männlich „upzugraden“.  Obwohl Frauen im ländlichen Raum mittlerweile über eine ebenso gute oder höhere Ausbildung wie Männer verfügen, mit Kettensägen umgehen und Traktor fahren können, neue Einkommensmöglichkeiten am Hof erschließen, sind alle bisherigen Aufgaben und Zuschreibungen aus den alten Gender-Rollen bei ihnen geblieben.

Daher verfügen sie über weniger Zeit ihr vorhandenes Potential einzusetzen. Ihre Mitgestaltungsmöglichkeiten werden oft durch Vorgaben zur Zusammensetzung von Gremien und zeitliche Organisation von Sitzungen eingeschränkt. Es braucht also mehr Mut für „Männerförderprojekte“, um die männliche Geschlechterrolle auch am Land ganz aktiv zu verändern und zu erweitern.

„Upgrade“ in Richtung weiblich: Mehr Kuchenbacken, mehr Vaterschaft, etwas mehr Zurückhaltung, wenn sie im Gremium nichts wirklich Wichtiges zu sagen haben, dafür die Arbeitskleidung von allen waschen und bügeln, …

Da liegt noch viel Kulturarbeit vor uns. Aber zumindest die Strukturen könnten wir schnell ändern.

 

Interview: Netzwerk Zukunftsraum Land/ Stephanie Topf

 

Unsere Projektdatenbank – Einblick in geförderte Projekte im Ländlichen Raum

Innovation
Klimaschutz
Lebensqualität

Unsere Projektdatenbank bietet einen kompakten Überblick über die Vielfalt und Innovationskraft geförderter Projekte im ländlichen Raum Österreichs.

Sie zeigt, wie zukunftsorientiert und resilient Landwirtschaft und ländliche Regionen gestaltet werden. Als zentrales Instrument unseres Netzwerks macht die Datenbank die Leistungen der EU-Förderprogramme – von LE 14–20 bis zum GAP-Strategieplan 23–27 – sichtbar und dient gleichzeitig als Inspirationsquelle für neue Projektideen.

Aktuell finden sich hier auch schon erste Projekte der Förderperiode 2023–2027 sowie detaillierte Case Studies und über 1.400 Projekte aus der LE 14–20. Ein Upload oder Update dieser Projekte ist noch bis 30. Juni 2025 möglich.

Dürfen wir vorstellen? „Mein Hof – Mein Weg“

Innovation
Klimaschutz
Lebensqualität

In jedem Jahr behandeln wir als Netzwerk Zukunftsraum Land ein Schwerpunktthema der Vernetzungsarbeit, 2025 ist es das Thema #MutSchafftZukunft. Mut bedeutet, trotz Unsicherheiten den ersten Schritt zu wagen – denn in jedem mutigen Moment liegt die Chance, die Zukunft aktiv mitzugestalten!

Dürfen wir vorstellen? Die Initiative „Mein Hof – Mein Weg“ unterstützt landwirtschaftliche Betriebe dabei, mutig neue Wege zu gehen und innovative Ideen umzusetzen und bietet praxisnahe Informationen, Inspiration und Materialien für zukunftsfähige Betriebskonzepte. Getragen vom LFI und der Landwirtschaftskammer Österreich, wird das Projekt vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft sowie dem Europäischen Landwirtschaftsfonds gefördert.

Wir haben mit Katharina Schinwald und Gerald Schinwald von „Milchmäderl“ über das Thema „Mut“ gesprochen:

Mut bedeutet, auch in unsicheren Zeiten neue Wege zu gehen. Was hat euch dazu bewegt, euren Betrieb innovativ auszurichten und welche Schwerpunkte setzt ihr dabei?

Unsere Leidenschaft für Schafe, Milch und Käse hat uns dazu inspiriert, unseren eigenen Weg zu gehen. Nach unseren Studien in Agrarwissenschaften haben wir 2017 unseren Bio-Schafmilchbetrieb mit eigener Hofkäserei in Wallsee gegründet. Unser Fokus liegt auf der artgerechten Haltung unserer mittlerweile 145 Lacaune-Milchschafe und der Herstellung von zehn verschiedenen Käsesorten, die nach unseren Lieblingsschäfchen benannt sind. Unser Betrieb heißt Milchmäderl – Bio Schafkäse. Dabei setzen wir auf biologische Bewirtschaftung und nachhaltige Produktionsmethoden. Als Schwerpunkte setzen wir Tierwohl, nachhaltige Produktion (im Sinne von wenig Ressourcenverbrauch) und hohe Produktqualität durch optimale (und nicht hohe) Leistungen, die den Tieren abverlangt werden. Somit erzielen wir ein hochqualitatives Ausgangsprodukt Schafmilch für unsere Veredelung der Milch zu verschiedenen Käse- und Milcherzeugnissen.

Der Klimawandel, wirtschaftliche Herausforderungen und gesellschaftliche Veränderungen fordern die Landwirtschaft. Welche mutigen Entscheidungen habt ihr in eurem Betrieb getroffen, um zukunftsfit zu bleiben – und wie hat euch dabei das Angebot von „Mein Hof – Mein Weg“ unterstützt oder inspiriert?

Die Umstellung auf biologische Landwirtschaft war für uns ein bedeutender Schritt, um den Herausforderungen des Klimawandels und gesellschaftlicher Erwartungen gerecht zu werden. Durch den Bau einer Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher (27kWp PV + 32 kWh Speicher) erzeugen wir einen Großteil (80 %) unseres Energiebedarfs selbst und speisen überschüssige Energie ins Netz ein. Ein weiterer Schritt wird in den nächsten Jahren sein, ein Elektroauto zum Liefern hinzuzufügen. Hier wäre eine initiative Förderung dieser Anschaffung für einen Betrieb wie unseren sehr hilfreich, da aktuell die Reichweite noch sehr dürftig ist und wir deshalb noch zögerlich sind ob einer Investition. „Mein Hof – Mein Weg“ bietet wertvolle Informationen und Inspiration, die uns in unseren Entscheidungen bestärken und neue Perspektiven eröffnen können. Weiters haben wir vor zwei Jahren auf muttergestützte Aufzucht unserer Nachzucht gesetzt und sind somit auch hier einen neuen Schritt in Sachen Tierwohl eingegangen, den wir nicht bereut haben. Darüber hinaus melken wir die Schafe ab Juni nur mehr 1-mal täglich und konnten so auch mehr Zeit für die Direktvermarktung und Landwirtschaft gewinnen und für die eigene Familie mehr Flexibilität erzielen, um auch einmal Ausflüge oder einen Kurzurlaub zu ermöglichen. Weiters konnten wir Strom- und Wasserverbrauch dadurch nochmals deutlich senken. 

Innovationen bringen oft Veränderungen mit sich, die nicht immer reibungslos verlaufen. Gab es in deinem Berufsalltag Momente des „Scheiterns“ oder des Wieder-Aufstehens – und was habt ihr aus diesen Erfahrungen für euch und euren Betrieb gelernt?

Es gab immer wieder sehr herausfordernde Momente. Vor allem zu Beginn, als es darum ging, als Quereinsteiger:innen neu in die Landwirtschaft einzusteigen, sind wir nicht nur mit offenen Armen empfangen worden. Es war sehr schwer, alles zu finanzieren. Dann noch zusätzlich die Agrarinvestitionsförderung vorzufinanzieren und diese dann erst am letzten Stichtag ausbezahlt zu bekommen, war für uns anfangs eine große zusätzliche Hürde, die uns ungewollt mehr Ausgaben (Zinsen) gekostet hat. 

Ich habe daraus gelernt, dass es extrem viel Wert ist, sich in alle Richtungen zu vernetzen und sich breit aufzustellen, um Abhängigkeiten von Einzelnen zu reduzieren. Ein landwirtschaftlicher Betrieb läuft am besten, wenn er in jedem Sinn als Kreislauf betrachtet wird. Aber jeder Anfang ist schwer und wir haben viele Hürden bereits überwunden. 

Was gibt euch persönlich Kraft und Zuversicht, trotz der vielfältigen Herausforderungen mit Leidenschaft und Innovationsgeist an der Weiterentwicklung eures Betriebes zu arbeiten?

Die enge Beziehung zu unseren Tieren und die positive Resonanz unserer Kund:innen motivieren uns täglich. Die Vorstellung, unseren Kindern eine lebenswerte Welt zu hinterlassen, treibt uns an, nachhaltige und innovative Wege zu beschreiten. Zudem sind wir sehr offen für den Austausch mit anderen Betrieben und auch mit Freund:innen aus anderen Ländern, die wir besucht haben oder die uns besucht haben.

Mutige Vorbilder können inspirieren und bestärken. Was würdet ihr jungen Menschen oder anderen Betrieben raten, die zukunftsorientierte Veränderungen anstreben, aber vielleicht noch zögern?

Wir ermutigen dazu, den eigenen Leidenschaften zu folgen und mutig neue Wege zu beschreiten. Es ist wichtig, sich kontinuierlich weiterzubilden, Netzwerke zu knüpfen und sich nicht von Rückschlägen entmutigen zu lassen. Die Umstellung auf nachhaltige Praktiken mag herausfordernd sein, aber sie bietet langfristig sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile. Man muss entgegen heute häufig vorkommender Sichtweisen die längerfristige Perspektive für den eigenen Betrieb im Kopf haben. Die Welt ist nicht Schwarz/Weiß und darüber hinaus äußerst komplex. Es braucht oft Zeit, bis man dort ankommt, wo man hin möchte.

Katharina, gibt es Situationen, in denen du als Frau besonderen Mut brauchst – und welche Strategien helfen dir, mit diesen Herausforderungen umzugehen? 

In der Landwirtschaft stoßen Frauen oft auf traditionelle Rollenbilder. Es erfordert Mut, sich in diesem Umfeld zu behaupten und eigene Visionen umzusetzen und gesehen zu werden. Der Austausch mit anderen Frauen in ähnlichen Positionen und das Schaffen eines unterstützenden Netzwerks sind dabei essenziell. Gemeinsam können wir Barrieren überwinden und den Weg für zukünftige Generationen ebnen. Wir versuchen vor allem unseren Kindern keine traditionellen Rollenbilder vorzuleben und somit eine größere Vielfalt in der eigenen Persönlichkeitsbildung zu erzielen, die ihnen später einmal eine große Flexibilität im Leben bieten kann.

Was bedeutet „Mut“ für euch persönlich – und welche Rolle spielt er auf eurem Weg, euren Betrieb erfolgreich und innovativ weiterzuentwickeln?

Mut bedeutet für uns, trotz Unsicherheiten Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für unseren Weg zu übernehmen. Er ist der Antrieb, tägliches Reagieren auf Veränderungen mit Innovation zu verbinden und dabei stets unseren Werten treu zu bleiben die wir uns anfangs gesetzt haben. Ohne Mut hätten wir den Schritt in die Selbstständigkeit und die Gründung unseres Bio-Schafmilchbetriebs mit eigener Hofkäserei nicht gewagt. Er begleitet uns täglich und ist essentiell für die Weiterentwicklung unseres Hofes.

Katharina Schinwald und Gerald Schinwald im Interview mit Stephanie Topf, Netzwerk Zukunftsraum Land

Nachbericht: Webinar – Vom Projekt zur dauerhaften Wirkung

Innovation
Klimaschutz
Lebensmittelversorgung
Lebensqualität
Natürliche Ressourcen

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, eigene Projekte zu realisieren. Die Resultate reichen dabei von Wissenszugewinn, Konzepten, Prozessoptimierungen, über verschiedenste Produkte und Dienstleistungen bis hin zu sozialen Innovationen und Netzwerken. Trotz aller Unterschiedlichkeit verbindet diese Projekte vor allem eines: ein geplantes Ende nach oft maximal drei Jahren Laufzeit.
Manchen Initiativen reicht die Zeit, um die gewünschten Effekte zu erzielen und am Ende der Laufzeit kann das Projekt zur Zufriedenheit aller geordnet abgeschlossen werden. In weitaus mehr Fällen ist die Realität aber anders. GAP-Förderungen bilden den Anstoß oder finanzieren eine „Zwischenphase“ für eine Entwicklung, die auch nach dem konkreten Förderprojekt weitergehen oder – im Idealfall – sogar verstärkt werden soll.
Was kann man aus Sicht eines Projektträgers/ einer Projektträgerin vor und während der Projektlaufzeit tun, um sich gut auf „die Zeit danach“ vorzubereiten?

Netzwerk Zukunftsraum Land hat sich 2024 eingehender mit dieser Frage beschäftigt und einige Ansatzpunkte identifiziert, die es aus Sicht einer Initiative oder eines Projekts zu beachten gilt. Am 2. April 2025 organisierte Netzwerk Zukunftsraum Land ein Webinar zur Verbreitung der Ergebnisse, an dem über 160 Personen teilnahmen.

Elisabeth Gumpenberger und Michael Fischer vom Netzwerk Zukunftsraum Land lieferten am Beginn des Webinars einen Überblick zu sechs Faktoren, die sich als wesentlich für dauerhafte Initiativen herausgestellt haben.

  • Wirkungsketten und Missionsorientierung: hier gilt es, klare Veränderungsziele zu definieren, die über den Projektzeitraum hinaus reichen und diese Ziele konsequent zu verfolgen.
  • Projekte bedarfsorientiert planen und umsetzen: man sollte sehr genau wissen, für welche Zielgruppe man arbeitet und was diese Zielgruppe braucht. Das braucht oft Mut zur Fokussierung und regelmäßige Feedback-Schleifen mit der Zielgruppe.
  • Konstruktiver Umgang mit Risiken und Kurskorrekturen: gerade bei innovativeren Projekten sollte mit dem Bewusstsein ins Projekt gestartet werden, dass Kurskorrekturen notwendig sind. Dies sollte auch bereits in der Projektplanung berücksichtigtr werden, beispielsweise indem man sich nicht zu sehr durch zu konkrete Maßnahmenplanung einschränkt sondern sich verstärkt – im Austausch mit der Förderstelle – an Meilensteinen und Ergebnissen orientiert.
  • Kooperationen als soziale Settings stabil aufbauen und pflegen: in Projekten arbeiten oft unterschiedliche Akteurinnen und Akteure zusammen. Die Zusammensetzung sollte im Sinne sich ergänzender Ressourcen gut gewählt und die gemeinsame Arbeit von Transparenz, Empathie und ausreichender Kommunikation nach innen geprägt sein.
  • Geschäfts- und Verwertungsmodelle entwickeln/erkennen/anwenden: Projektakteurinnen und -akteure sollten mehr in Geschäftsmodellen denken, also überlegen, welchen Nutzen sie erzeugen müssen damit andere bereit sind, Ressourcen (Geld, Zeit, Eigenleistung, Wissen,..) zu investieren. Es empfiehlt sich weiters eine Kombination unterschiedlicher Finanzierungsquellen. Zusätzlich sollten Projekte auch ausgabenseitig optimiert werden, beispielsweise von Beginn an auf eine kompakte Kostenstruktur zu achten um nach Wegfall der Förderungen Angebote leichter aufrechterhalten zu können.
  • Kommunikation der Projektergebnisse und -wirkungen gezielt einsetzen: Kommunikation nach außen muss als zentraler Projektbestandteil bearbeitet werden um Beteiligung zu erleichtern, Nutzen sichtbar zu machen und schließlich Ergebnisse zu verbreiten.

Die Präsentation von Elisabeth Gumpenberger und Michael Fischer enthielt neben Diagnosen und Handlungsempfehlungen zu diesen sechs Faktoren auch noch Hinweise zu Methoden, die jeweils zur Anwendung gelangen können. Dabei wurde klar, dass sich die Faktoren wechselseitig beeinflussen, beispielsweise dass gute Kommunikation und Bedarfsorientierung dabei helfen können, Ressourcen zu erschließen.

Im zweiten Teil der Veranstaltung veranschaulichten Vertreterinnen und Vertreter von drei Initiativen, wie sie im Umgang mit diesen sechs Faktoren die Dauerhaftigkeit und Wachstum sicherstellen konnten.

Mit dem Salzkammergut-Shuttle Service wurde ab 2016 in mehreren Phasen ein Mikro-OV Angebot entwickelt, das Gästen wie Einheimischen zur Verfügung steht. Ages Pauzenberger, LEADER-Managerin der Traunsteinregion, die das Projekt in der Anfangsphase förderte, verwies in ihrem Input auf die Bedeutung einer zentralen Person aus dem Tourismusverband, der Ideengeber aber auch Motor der Entwicklung war. In vielen Einzelgespräche konnte er sowohl stabile Kooperationsziehungen zu Gemeinden und Taxiunternehmen aufbauen als auch Bedarfe der Zielgruppe gut abbilden. Finanzielle Tragfähigkeit erhielt das Projekt durch ein Finanzierungsmodell, das die Kosten je zu einem Viertel zwischen Land Oberösterreich, den Gemeinden, dem Tourismusverband und den Fahrgästen aufteilt. Das Service, das ursprünglich nur in einer Teilregion gestartet ist, ist nun in weiten Teilen des Salzkammerguts verfügbar.

Jochen Buchmair gab Einblick in das Projekt HUMUS+, ein Beispiel für eine starke Missionsorientierung in Kombination mit einer agilen Weiterentwicklung. So gründete sich die Initiative aus der Ökoregion Kaindorf aus, nachdem klar war, dass sie eine stärker überregionale Positionierung angestrebt. Das Finanzierungsmodell baut auf der Zertifizierung von Ökosystemdienstleistungen und dem Handel mit CO2-Zerttifikaten auf, das Geschäftsmodell selbst differenziert sich aber laufend weiter aus, indem neue Märkte erkundet werden. Buchmair strich auch die Bedeutung von Beteiligung von Bürgermeistern, Wirtschaft, Wissenschaft und Landwirtschaft hervor („man muss hier am Beginn schon viel Klinkenputzen“) und betonte die Wichtigkeit von Kommunikation, um mit Widerständen umzugehen.

Das dritte Beispiel, GIS-ELA, startete mit der Mission „teilflächenspezifische Bewirtschaftung für alle“ zu ermöglichen. Andreas Wilhelm erklärte, dass die Grundlagen dafür durch Josephinum Research gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern in einem EIP-AGRI Projekt gelegt wurden. Anleitungen, Handbücher und Schulungen sollten Landwirtinnen und Landwirten in die Lage versetzen, Kartenmaterial zu ihren Flächen selbst anzulegen und zu nutzen. Dieser Zugang hat sich in einigen Feedback-Schleifen mit der Zielgruppe als kompliziert herausgestellt, weswegen eine Weiterentwicklung hin zur vollautomatischen Kartengestaltung und Unabhängigkeit von bestimmten Betriebssystemen erfolgte. Hier hat sich der enge Kontakt des Josephinum Research mit den Landwirtinnen und Landwirten bewährt. Die Finanzierung der für die Zielgruppe kostenfreien Softwarelösung konnte durch eine geschickte Aufsplittung auf mehrere Förderprojekte und Landesförderungen sichergestellt werden.

Den Abschluss des Webinars machte Alexander Kesselring, indem er einen Einblick in das Arbeiten von Sozialunternehmen bot. Darunter versteht man Organisationen, die gesellschaftliche Herausforderungen mit einem unternehmerischen Ansatz lösen. Dabei zeigten sich viele Überschneidungen mit den oben genannten sechs Faktoren. So sind Vision und Mission ganz zentral und ein explizites Wirkungsmodell Grundvoraussetzung, um auch leichter zu Finanzierungen zu kommen. Diese sind meist Kombinationen aus Stiftungen, Angebote für Zielgruppen, die auch Einnahmen bringen aber auch das Erschließen neuer Finanzierungsformen wie impact investments oder impact bonds. Generell brauchen Sozialunternehmen Geschäftsmodelle und Angebote, nicht nur eingeschränkt auf Geldgeber, sondern auch für alle Beteiligten (beispielsweise jene, die einen Sinn in zivilgesellschaftlichem Engagement suchen). Oftmals gibt es Personen mit einer guten Idee oder einer Leidenschaft für ein Thema, die dann aber nicht über das nötige unternehmerische Rüstzeug verfügen – hier liegt es dann unter anderem an den „Intermediären“, wie beispielsweise den LEADER-Regionen, ein „perfect match“ mit anderen Personen zu finden.

PREMIERE – Ein Projekt zur Förderung des Multi-Akteurs-Ansatzes in der Land- und Forstwirtschaft

Innovation

Dürfen wir vorstellen?

PREMIERE ist ein EU-gefördertes Projekt (Horizon Europe), das den Multi-Akteurs-Ansatz (MAA) im Agrar- und Ernährungssektor stärkt. Ziel ist es, Akteur:innen aus Forschung, Politik und Praxis besser zu vernetzen, um Innovationen in der Land- und Forstwirtschaft zu fördern. PREMIERE unterstützt unter anderem die Entwicklung von Projektvorschlägen und politischen Maßnahmen wie den EIP-AGRI Operational Groups (OGs) – Kooperationen zwischen Landwirt:innen, Forschung, Beratung und Wirtschaft. Allein in Österreich sind seit 2014 39 OGs aktiv.

Wir haben mit Dr. Shane Conway von der University of Galway gesprochen. Er ist Mitentwickler der Stakeholder-Strategie von PREMIERE und forscht zu ländlicher Entwicklung und den sozialen Aspekten landwirtschaftlicher Innovation. Des weiteren durften wir uns über ein Statement von Daniel Bennet, leitender Forscher des irischen Netzwerks für den ländlichen Raum (NRN) – Pendant zum österreichischen Netzwerk Zukunftsraum Land – freuen, das eine wichtige Rolle bei der Vermittlung der Ergebnisse von PREMIERE im irischen Kontext spielt.

Premiere – Ein Projekt zur Förderung des Multi-Akteurs-Ansatzes in der Land- und Forstwirtschaft

Das EU-geförderte Horizon Europe-Projekt PREMIERE hat sich zum Ziel gesetzt, den Multi-Akteurs-Ansatz (MAA) in der Land- und Forstwirtschaft sowie in ländlichen Gemeinden zu stärken. Das Projekt, koordiniert von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), vereint 15 Partnerinnen und Partner aus zwölf europäischen Ländern, darunter die Universität Galway, Irland. Im Gespräch mit Dr. Shane Conway erhielten wir Einblicke in die Herausforderungen und Lösungen, denen PREMIERE im Rahmen des Wissensaustauschs und der digitalen Transformation begegnet ist.

Was sind die größten Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung des Multi-Akteurs-Ansatzes (MAA) in der Land- und Forstwirtschaft und verwandten Sektoren?

Eine der zentralen Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung des MAA ist die Überwindung der Kluft zwischen Forschung, Politik und Praxis. Die wirksame Umsetzung von Innovationen vor Ort hängt von verschiedenen Faktoren ab. Beispielsweise das stillschweigende, erfahrungsbasierte Wissen von Land- und Forstwirt:innen, Beraterinnen und Beratern sowie von ländlichen Gemeinschaften, das sich über Generationen entwickelt hat und an die spezifischen lokalen Gegebenheiten angepasst ist, respektiert und integriert wird. Leider werden diese oft nicht als gleichberechtigte Partnerinnen und Partner im Innovationsprozess anerkannt. Besonders hinderlich sind auch Machtungleichgewichte und Unterschiede in der Kommunikation zwischen den Beteiligten. Die Lösung liegt in integrativen und partizipativen Engagement Prozessen, die gegenseitiges Vertrauen aufbauen und den Wissensaustausch fördern.

Wie gelingt es dem PREMIERE-Projekt, schwer erreichbare Gruppen wie Kleinbäuerinnen und Kleinbauern oder ländliche Gemeinden in den Innovationsprozess einzubinden?

Das PREMIERE-Projekt legt großen Wert darauf, dass kleine landwirtschaftliche Betriebe, Forstwirtinnen und Forstwirte sowie Akteurinnen und Akteure des ländlichen Raums, die in EU-Innovationsinitiativen häufig unterrepräsentiert sind, nicht nur einbezogen, sondern ein zentraler Teil des gesamten Innovationsprozesses werden. Diese Akteurinnen und Akteure haben oft keinen Zugang zu formalen Forschungsnetzwerken und politischen Foren, besitzen jedoch wertvolles praktisches Wissen. Mit diesem Projekt wird über die reine Konsultation hinaus eine echte Mitgestaltung von Projekten ermöglicht, was Vertrauen schafft und sicherstellt, dass Innovationen den lokalen Bedürfnissen entsprechen.

Haben Sie eine ganz praktische Empfehlung für künftige EIP-AGRI-Projekte, wie lokales, implizites Wissen ins Projekt geholt werden kann?

Ja, künftige EIP-AGRI-Projekte sollten sich einem partizipativen Bottom-up-Modell der Zusammenarbeit mit Land- und Forstwirt:innen als gleichberechtigte Innovationspartner:innen orientieren. Die Nutzung ihres stillen Wissens, das tief in der gelebten Erfahrung verwurzelt ist, erfordert mehr als nur einmalige Konsultationen; sie erfordert einen strukturierten, respektvollen Dialog und gemeinsame Gestaltung. Es gilt, Formate wie Living Labs oder Peer-to-Peer-Learning-Initiativen zu nutzen, die einen kontinuierlichen Dialog und praktisches Lernen fördern. Dabei ist es wichtig, den spezifischen Kontext jedes Betriebs zu berücksichtigen, um Lösungen zu entwickeln, die sowohl technisch als auch sozial und ökologisch angemessen sind.

Können Sie uns einen Einblick in die 5-Schritte-Strategie von PREMIERE zur Einbindung von Stakeholdern geben? Was macht diesen Ansatz besonders effektiv?

Die von den Partnerinnen und Partnern des PREMIERE-Projekts gemeinsam erarbeitete Strategie zur Einbeziehung mehrerer Akteurinnen und Akteure soll den Multi-Actor Approach (MAA) auf praktische und sinnvolle Weise umsetzen. Wichtig ist, dass es sich dabei nicht um ein „Einheitsmodell“ handelt. 

Die Strategie wurde entwickelt, um einen klaren und dennoch anpassungsfähigen Rahmen für ein inklusives Engagement verschiedener Interessengruppen in der Land- und Forstwirtschaft und verwandten Sektoren zu bieten – insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung von Vorschlägen für Horizon Europe mit mehreren Akteurinnen und Akteuren:

  1. Stakeholder-Mapping: Identifizierung relevanter Akteurinnen und Akteure aus allen Bereichen der Gesellschaft.
  2. Analyse von Interessen und Einfluss: Verstehen der Motivationen und Beiträge der Stakeholder.
  3. Maßgeschneiderte Engagementansätze: Auswahl geeigneter Methoden, um Stakeholder je nach Bedarf zu integrieren.
  4. Ko-Kreation auf mehreren Ebenen: Förderung der Beteiligung auf lokaler, regionaler, nationaler und EU-Ebene.
  5. Wirkungsüberwachung und Feedback-Schleifen: kontinuierliche Anpassung der Strategie basierend auf Feedback.

Diese Strategie ermöglicht eine echte Zusammenarbeit und sorgt dafür, dass alle Stimmen während des gesamten Innovationsprozesses gehört und berücksichtigt werden.

Welche Rolle spielt das Irische Nationale Netzwerk für den ländlichen Raum (NRN) bei der Förderung von Multi-Akteurs-Projekten?

„Das irische GAP-Netzwerk spielt eine Schlüsselrolle bei der Erleichterung des Wissensaustauschs und der Förderung der Zusammenarbeit zwischen Politik, Forschung und Praxis im Rahmen von Multi-Akteurs-Projekten. Es erleichtert den Wissensaustausch und unterstützt die Bildung von Operationellen Gruppen (OGs) im Rahmen von EIP-AGRI und trägt maßgeblich dazu bei, kleinere und unterrepräsentierte Akteurinnen und Akteure in den Innovationsprozess einzubeziehen. Beispielsweise haben wir dazu im Rahmen der Aktivitäten des CAP Network Ireland im Bereich Innovation Hub ein EIP-Agri-Wissenstransfer-Pilotprojekt durchgeführt, das darauf abzielt, innovatives Wissen aus früheren OGs zu beschaffen und mit wichtigen Interessengruppen zu teilen, um die Übernahme und Anwendung zu fördern. Wenn mehr EIP-AGRI OG-Projekte in ganz Irland starten, werden wir daran arbeiten, deren Ziele und Ergebnisse durch die Erstellung von Fallstudien in schriftlicher Form und als Video sowie durch die Teilnahme an lokalen und nationalen Veranstaltungen zu fördern”, so Daniel Bennet.

Welche langfristigen Auswirkungen erhoffen Sie sich vom Projekt PREMIERE Horizon Europe auf die europäische Agrarpolitik und die Innovationslandschaft im ländlichen Raum?

Mit PREMIERE soll die Art und Weise, wie Innovationen in der Land- und Forstwirtschaft und im ländlichen Raum in Europa entwickelt und gemeinsam genutzt werden, neugestaltet werden. Langfristiges Ziel ist es, integrative, gemeinsam geschaffene Innovationen in EU-finanzierten Projekten zur Regel und nicht zur Ausnahme zu machen.

 

Ein Interview von Netzwerk Zukunftsraum Land/ Elisabeth Gumpenberger, Stephanie Topf

Ad-hoc-Sitzung der nationalen Expertengruppe am 15. Mai 2025 zur Vorbereitung neuer Fokusgruppen

Innovation
Lebensqualität
Natürliche Ressourcen

Die Bewerbungsfrist läuft bis 05. Mai 2025

Das EU GAP-Netzwerk richtet einen Pool nationaler freiwilliger Expertinnen und Experten ein, der sich auf Innovation, Wissensaustausch und EIP-AGRI in den EU-Mitgliedstaaten konzentriert.

Für das diesjährige Treffen der nationalen Expert:innengruppe wurden die folgenden drei Themen der Fokusgruppe zur Diskussion ausgewählt:

  • Thema 1: Forstwirtschaft und Waldgesundheit: Bekämpfung neuer und neu auftretender Schädlinge und Krankheiten und Einbeziehung gebietsfremder und unkonventioneller Baumarten
  • Thema 2: Neue innovative und nachhaltige Wege zur Verwendung von Wolle und zur Wiederbelebung der europäischen Wertschöpfungskette für Wolle
  • Thema 3: Innovative Systeme zur Energieerzeugung in landwirtschaftlichen Betrieben

Das Treffen umfasst eine Plenarsitzung und drei Breakouts, um die spezifischen Themen der Fokusgruppe zu diskutieren.

Ergebnisse für jedes Thema

  • Hintergrund und große Herausforderungen, mit denen Land- und Forstwirt:innen und ländliche Unternehmen konfrontiert sind, wenn es darum geht, Wissen und Innovation in ihre Praktiken zu übernehmen, sowie die Ziele der Fokusgruppe oder der Netzwerkveranstaltung, um zum Wissens- und Innovationsaustausch beizutragen;
  • Eine Hauptfrage, auf die die Fokusgruppe in ihren Aktivitäten antworten sollte;
  • Eine Reihe von Hauptaufgaben, die für die Fokusgruppe oder die Netzwerkveranstaltung geplant sind, einschließlich des Austauschs von Best Practices und Erfolgsgeschichten, der Ermittlung von Herausforderungen, Hindernissen und Chancen, Forschungsbedarf aus der Praxis, innovativer Ideen und so weiter.

Ein Entwurf eines Konzeptpapiers für jede Fokusgruppe oder Veranstaltung zum ausgewählten Thema, das die Grundlage für den zukünftigen Aufruf von Fokusgruppenexpertinnen und -experten oder Networking-Event-Aktivitäten sein kann.