Nachlese: Schutz der Flussperlmuschel durch erosionsmindernde Maßnahmen in der Landwirtschaft
Bodenerosion bedeutet für die Landwirtschaft nicht nur den Verlust fruchtbarer Erde, sie kann auch Lebensräume gefährden, indem Sedimente aber auch Schadstoffe in Gewässer eingetragen werden. Ziel der Veranstaltung „Sedimenteintrag in Flüsse – Auswirkungen und Lösungsansätze am Beispiel des FFH-Schutzguts Flussperlmuschel“ vom 18. Juni 2025 war, am Beispiel der Flussperlmuschel zu zeigen, wie sensibel Arten auf Bodeneintrag in Gewässer reagieren und welche Lösungsmöglichkeiten insbesondere das Österreichische Agrarumweltprogramm bietet.
Im einführenden Vortrag von Daniel Daill (blattfisch) wurde die Flussperlmuschel als besonders anspruchsvolles FFH-Schutzgut vorgestellt. Sie filtert bis zu 40 Liter Wasser täglich und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Gewässerreinigung. Ihre Fortpflanzung ist hochkomplex: Sie benötigt junge Bachforellen als Wirtsfische für ihre Larven, wobei jede Forelle nur einmal als Wirt fungieren kann. Daher ist eine stabile Population an Jungfischen entscheidend für den Fortbestand der Art. Die Flussperlmuschel stellt zudem hohe Ansprüche an ihren Lebensraum: kalte, sauerstoffreiche, nährstoff- und kalkarme Gewässer mit natürlicher Struktur und hoher Wasserqualität sind notwendig. Verschiedene Belastungen – darunter Feinsedimenteintrag, Nährstoffzufuhr (z. B. durch Gülle oder Reifenabrieb), Gewässerverbauungen, fehlende Ufergehölze und der Klimawandel – bedrohen ihren Lebensraum. Sedimentation sowie erhöhte Wassertemperaturen durch fehlende Beschattung verschärfen die Problematik.
Landwirtschaftlicher Einfluss und Lösungsansätze
Tom Wallner (Boden.Wasser.Schutz.Beratung, Landwirtschaftskammer Oberösterreich) beleuchtete die Rolle der Landwirtschaft beim Sedimenteintrag. Wirtschaftlicher Druck und die Wahl erosionsgefährdeter Kulturen wie Mais oder Kürbis begünstigen Bodenabtrag. Extreme Wetterereignisse verschärfen die Lage zusätzlich. In der GAP sowie im Rahmen von ÖPUL stehen zahlreiche freiwillige Maßnahmen zur Verfügung, die von vielen Landwirtinne und Landwirten in Oberösterreich auch genutzt werden. Initiativen wie die Boden.Wasser.Schutz.Beratung mit rund 2700 Mitgliedern und 41 sogenannten „Wasserbauern“, welche wiederum zum Thema Erosions- und Gewässerschutz beraten, zeigen ebenso wie innovative Ansätze mit Drohnen-Einsaat von Zwischenfrüchten und Begrünungen von Abflusswegen, wie sich Landwirtschaft und Gewässerschutz verbinden lassen. Besonders betont wurde die Bedeutung von dauerhaft begrünter Bodenbedeckung über den Winter sowie der Anlage von Retentionsflächen und Pufferstreifen, um Erosion und Nährstoffeintrag zu minimieren.
Politische und naturschutzfachliche Rahmenbedingungen
Stefan Guttmann (Land Oberösterreich) wies darauf hin, dass mittlerweile alle großen Flussperlmuschelbestände, das entspricht in etwa 80 % der Individuen, in Natura-2000-Gebieten liegen. Dies verpflichtet zur Naturverträglichkeitsprüfung bei Bauvorhaben. Wesentlich sei, die Finanzierung von Schutzmaßnahmen zu sicher, auch über einen langen Zeitraum, da sich Flussperlmuschel nur langsam entwickeln und daher nur langfristige Ansätze zum Erfolg führen können. Generell hänge die effektive Umsetzung von Schutzmaßnahmen stark vom Engagement vor Ort und von Gebietsbetreuern ab, die zwischen Naturschutz, Landwirten und Behörden vermitteln.
Exkursion und Best-Practice-Beispiele
Im Anschluss wurde im Rahmen der Exkursion die Nachzuchtanlage für Flussperlmuscheln in Kefermarkt besichtigt. In der Nachzuchtanlage werden Flussperlmuscheln aus der Aist und Naarn mit Hilfe gezüchteter Bachforellen erfolgreich vermehrt. In weiterer Folge konnten Erosionsschutzmaßnahmen in der Praxis gezeigt werden.
Erst wurde auf einer Sedimentfläche veranschaulicht, wie Sedimenteinträge in Gewässer gezielt abgefangen und in weiterer Folge auch sinnvoll genutzt werden können. Auch die Landwirtschaft profitiert durch Humuserhalt und verringerte Überschwemmungsgefahr. Anschließend konnte gezeigt werden, wie Uferbefestigung und Begrünung eines kleinen Wasserzulaufes zu deutlich reduzierter Erosion und folglich geringerem Sedimenteintrag beitragen.
Beide Beispiele zeigten anschaulich, wie mit gezielten Eingriffen die Erosion reduziert und der Eintrag in größere Fließgewässer gesenkt werden kann. Dabei wurde deutlich: Ohne lokale Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner, die Flächen bereitstellen oder betreuen, lassen sich solche Maßnahmen nicht umsetzen. Zentral ist das Bewusstsein aller Beteiligten.
Schlussfolgerung: Kooperation und Bewusstseinsbildung als Schlüssel
Der Workshop verdeutlichte, dass effektiver Gewässerschutz – und damit der Schutz der Flussperlmuschel – nur in Zusammenarbeit zwischen Naturschutz, Landwirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft möglich ist. Mit gezielten Maßnahmen aber lässt sich viel erreichen – oft mit einfachen Mitteln. Bewusstseinsbildung, technische Innovationen und gut kommunizierte Förderangebote sind dabei ebenso entscheidend wie engagierte Akteure vor Ort.