Rollen im Wandel
Mädchen auf dem Skaterplatz, ein Steuerberater als Tagesvater und eine Mutter als Obfrau des Fußballvereins: Das gibt es in Vorarlberg noch wenig. Dabei können anders verteilte Rollen und die Auflösung von Geschlechterrollenbildern für die Einzelperson, gesellschaftlich und wirtschaftlich von Nutzen sein, beispielsweise durch zufriedenere Eltern und ausgebildete Frauen, die als Fachkräfte zur Verfügung stehen oder lebendige Vereine, in denen sich unterschiedlichste Menschen für den Lebensraum engagieren.
Das Projekt „Rollen im Wandel“ wollte diese Potenziale nutzbar machen, Alternativen zur herkömmlichen Rollenverteilung vor den Vorhang holen und dazu einladen, diese auszuprobieren. Hierfür boten das femail, der Vorarlberger Familienverband und der Verein Amazone mit Unterstützung der Regionalentwicklung Vorarlberg vielfältige Angebote.
Damit alternative Rollenmodelle erlebbar werden, boten die drei Fachorganisationen Unterstützung bei der Umsetzung von Pilotaktivitäten. Dies waren neue Angebote wie ein Mädchentreff, Buchvorstellungen oder ein Podcast – je nachdem, was in der jeweiligen Gemeinde gerade am besten passte. Parallel dazu wurden den teilnehmenden Gemeinden Formate wie Vorträge, Workshops oder digitale Angebote zur Verfügung gestellt, die Möglichkeiten der Auseinandersetzung und Reflexion mit Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Rollenbilder und -stereotypen und Vielfalt eröffneten.
Darum war es wichtig, das Projekt umzusetzen
Trotz einiger Erfolge in der Gleichstellungsarbeit ist die Schere bei den Lebensbedingungen und Chancen von Frauen und Männern in Vorarlberg immer noch weit offen.
Die Bearbeitung der Themen Geschlechtergerechtigkeit und Rollenwandel eröffnet Chancen für den ländlichen Raum, weil diese Themen nicht nur Familien betreffen, sondern beispielsweise auch Vereine, Betriebe oder Gemeinden, deren Entscheidungsgremien meistens von Männern dominiert sind.
Die Zusammensetzung der Partnerschaft von „Rollen im Wandel“ mit drei Fachorganisationen zu Gender- und Familienfragen und der Regionalentwicklung Vorarlberg (Regio-V) als Schnittstelle zu den Regionen bot eine gute Ausgangslage, um im Sinne der LEADER-Strategie der Regio-V gesellschaftliches Lernen zu den Themen Geschlechtergerechtigkeit und Rollenwandel zu ermöglichen.
Dass die Gleichstellung von Frauen und Männern weiter vorangetrieben wird, ist in Vorarlberg politisch gewollt. Seit 2008 gibt es dafür einen Aktionsplan und im Regierungsprogramm ist das Ziel verankert, die Rollen von Männern und Frauen ausgeglichen zu verteilen, um die Chance auf gerechte Lebensmodelle zu fördern.
Die Idee zum Projekt „Rollen im Wandel“ basiert auf dem Vorarlberger Aktionsplan zur Gleichstellung. Im Aktionsplan sind Maßnahmen gelistet, wie Geschlechtergerechtigkeit gelingen kann. Viele davon werden nicht umgesetzt, weil keine Mittel vorhanden sind. Dank der Grundfinanzierung über das LEADER-Programm ergänzt durch Mittel des Landes Vorarlberg und Eigenmittel der Projektträger:innen war es möglich, mit dem Projekt „Rollen im Wandel“ konkrete Aktivitäten für mehr Geschlechtergerechtigkeit umzusetzen.
Die Fachorganisationen erhielten über das Projekt erstmals die Möglichkeit, ihre Kräfte zu bündeln und gemeinsam Aktivitäten zu entwickeln.
Ziele des Projekts
- Das Thema Geschlechtergerechtigkeit insbesondere in ländlichen Räumen vor den Vorhang holen
- Rollenbilder zunächst sichtbar machen, um sie anschließend auflösen zu können
- Neue Initiativen in die Gemeinden bringen
- Zeigen, dass Rollen nicht wie mehrheitlich üblich traditionell verteilt sein müssen, sondern dass es viele weitere Möglichkeiten gibt, wie das Zusammenleben in Partnerschaften und im Gemeindeleben gelingen kann
Maßnahmen um die Projektziele zu erreichen
- Interessierte Gemeinden, Akteurinnen und Akteure wie Betriebe, Vereine, Sozial- und Bildungseinrichtungen wurden im Rahmen mehrerer Startworkshops an das Thema herangeführt: Welche sozialen Rollen werden in der Region wahrgenommen und was haben diese mit den Geschlechterrollen zu tun? Was müsste sich ändern, damit alle in der Gesellschaft sich gerecht behandelt fühlen? Wer in eurer Gemeinde möchte aktiv werden, damit sich etwas ändert?
- Zusammenstellen von Angeboten durch die Fachorganisationen, die individuell auf die Ausgangssituationen und Bedürfnisse in den jeweiligen Regionen eingehen. Diese wurden den Gemeinden und Regionen im Gebiet der Regio-V per Email und über das Internet zur Verfügung gestellt
- Entwickeln neuer Aktivitäten durch die Fachorganisationen und Begleitung von Akteur:innen in den Regionen bei der Umsetzung neuer Aktivitäten: Podcast „Geschlechterrolle vorwärts“ mit Erfahrungsberichten aus nicht alltäglichen Familien mit 16 Folgen; 5 Museums- und Dorfführungen zur Frauengeschichte im Montafon; 3 Buchvorstellungen mit ausgewählten Romanen zum Rollenwandel; 1 Theaterabend kombinierte Impro-Theater und Fachvortrag; 1 Erzählcafé zum Austausch über Rollen- und Familienmodelle; 1 Austausch für neu zugezogene Frauen In Vorarlberg; Begleitung Ehrenamtlicher beim Aufbau eines Mädchentreffs
- Parallel dazu stellten die Fachorganisationen den Gemeinden und weiteren Akteur:innen bestehende Formate wie Vorträge oder Workshops zur Verfügung, die Möglichkeiten der Auseinandersetzung und Reflexion mit Geschlechtergerechtigkeit, Rollenbildern und Vielfalt eröffneten: 9 Aktionen für Väter mit Kindern mit Austausch, Spaß und Action; 5 Workshops für Gemeinden, Betriebe und die Bevölkerung; 2 Vorträge zum Lernen und Reflektieren über Geschlechterrollen; 2 Ausstellungen zum Klassismus und Rollenvorstellungen
- Die Projekt-Webseite www.regio-v.at/rollen-im-wandel informierte über Neuigkeiten, die Angebote der Fachorganisationen, die Initiativen im Rahmen des Projekts, Veranstaltungen sowie über die Themen Geschlechtergerechtigkeit und Rollenbilder.
- Das Projekt wurde über die Kanäle der Partner:innen sichtbar gemacht: Webseiten, Newsletter, soziale Medien.
- Für Akteur:innen in Gemeinden wurden 5 Karten erstellt, die mit einem Augenzwinkern vielfältige Perspektiven zu fünf Bereichen rund um Geschlechtergerechtigkeit thematisieren und Umsetzungstipps geben. Die Ideenkarten für lebenswerte Gemeinden wurden in den Projektregionen verteilt.
- 7 Kurzvideos mit Begleitheft für Lehrpersonen über repräsentative Gemeindepolitik in Vorarlberg
- 1 Abschlusspublikation damit andere von den Erfahrungen und Erkenntnissen lernen können
- Alle Angebote im Projekt waren für die Teilnehmenden kostenfrei. Die entstandenen Kosten wurden über das Projektbudget oder über Kooperationspartner:innen, die an einzelnen Formaten beteiligt waren, abgedeckt.
Ergebnisse und Wirkungen quantitativ
- 3.300 h der Fachorganisationen im Innovationsraum zur Umsetzung von neuen Formaten und Begleitung von Initiativen neben dem Tagesgeschäft
- ca. 650 Teilnehmende an den Projektaktivitäten, mehr als die Hälfte davon Frauen; davon 90 Teilnehmende am Theaterabend „Die perfekte Liste“
- ca. 2400 Aufrufe der Podcastfolgen, durchschnittlich 150 Aufrufe pro Folge
Ergebnisse und Wirkungen qualitativ
- Gesteigerte Sensibilität für Geschlechtergerechtigkeit in der Bevölkerung, in Gemeinden und Betrieben
- Gestärktes ehrenamtliches Engagement in den Regionen
- Gesteigertes Wissen über Geschlechtergerechtigkeit und Rollenteilung bei den Zielgruppen
- Vergrößerte Motivation bei den Zielgruppen, sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu engagieren
- Bessere Zusammenarbeit zwischen den Fachorganisationen
- Bessere Bekanntheit der Fachorganisationen und ihrer Aktivitäten in den Regionen
- Neue Kontakte der Fachorganisationen mit Akteur:innen in den Regionen
- Größeres Wissen der Fachorganisationen über die Situationen und Bedürfnisse in den Regionen
- Breiteres Bewusstsein innerhalb der Fachorganisationen für die Projektthemen
- Verankerung der Projektthemen in der LEADER-Strategie 23-27 der Regio-V, die während der Projektlaufzeit entwickelt wurde[MN1]
Mehrwert durch Vernetzung
- Verbesserte Zusammenarbeit zwischen den drei Fachorganisationen
- Verstärkte Abstimmung mit dem Land Vorarlberg
- Verbesserter Zugang der Fachorganisationen zu den Akteur:innen in den Projektregionen
Innovation
Für Vorarlberg war es neu, dass die etablierten Fachorganisationen im Rahmen des Projekts gemeinsam Aktivitäten entwickelt und umgesetzt haben. Dies hat zu einer verbesserten Vernetzung und erweitertem Bewusstsein innerhalb der Fachorganisationen beigetragen.
Der Theaterabend „Die perfekte Liste“ war eine neue, experimentelle Projektaktivität. Die Veranstaltung kombinierte erfolgreich Improvisationstheater mit Einbezug des Publikums und Fachvortrag zum Thema repräsentative Gemeindepolitik.
Einbeziehung von Frauen
Die Gleichstellung der Geschlechter war zentrales Ziel und Projektthema, insbesondere im ländlichen Raum.
- Mehrheitlich Frauen haben das Projekt entwickelt (3 Frauen, 1 Mann)
- Das Projektteam setzte sich mehrheitlich aus Frauen zusammen (ca. 8 Frauen, 1 Mann)
- Mehr aktiv mitwirkende Frauen als Männer (z.B. Vortragende, Workshop-Leitende)
- Mehr Frauen als Männer haben an den Projektaktivitäten teilgenommen
- Vorteile: Bestärkung und Sichtbarkeit von Frauen in Führungsrollen, verbesserte Sensibilität, mehr Wissen und mehr Motivation bei den Zielgruppen für Geschlechtergerechtigkeit
Mehrwert durch Vernetzung
Projektbeteiligte:
- Regionalentwicklung Vorarlberg
- femail, Vorarlbergs Informations- und Servicestelle für Frauen
- Verein Amazone
- Vorarlberger Familienverband
Kooperationspartner für die Durchführung der Aktivitäten:
- 4 Regionen
- 3 Büchereien
- 2 Museen
- 2 Vereine
- 1 Theater
- 2 Unternehmensvereinigungen
Übertragbarkeit
Eine Zusammenarbeit von in einer Region tätigen Fachorganisationen für mehr Geschlechtergerechtigkeit ist überall möglich und sinnvoll.
Die im Projekt umgesetzten Aktivitäten sind alle übertragbar. Sie wurden in der Abschlusspublikation in Form von Steckbriefen vorgestellt, als Inspirationsquelle für andere. Die Abschlusspublikation ist im Internet veröffentlicht.
