#ARIAwards24: Projektvorstellung „Dynamische Waldtypisierung Steiermark“

Innovation
Klimaschutz
Lebensmittelversorgung
Lebensqualität
Natürliche Ressourcen

Dürfen wir vorstellen?

Wir haben mit Heinz Lick, Projektleitung der Dynamischen Waldtypisierung Steiermark über das Projekt gesprochen, das als einer von acht österreichischen Beiträgen beim diesjährigen Agricultural and Rural Inspiration Awards (ARIA) des EU GAP Netzwerks in der Kategorie „Environmental Protection“ eingereicht wurde.

Mit diesem Award werden jährlich von der GAP finanzierte Projekte zur Entwicklung des ländlichen Raums auf internationaler Ebene ausgezeichnet und sichtbar gemacht.

 

Was sind Ziel/e und Besonderheit des Projektes? 

Hauptziele waren die Bestimmung der optimal geeigneten Waldtypen der Steiermark und die Bewusstmachung des laufenden Klimawandels und seine Auswirkungen auf die Umwelt sowie eine auf den Standort und die klimatischen Einflüsse angepasste Planungs- und Beratungsgrundlage für die Waldbewirtschaftung in der Steiermark zu schaffen.

Besonders hervorgehoben werden muss, dass damit zumindest europaweit erstmals ein praxistaugliches Instrument entwickelt wurde, mit dem die Auswirkung verschiedener Klimaszenarien auf die Baumarten und Waldtypen konkret für einen Waldstandort auch für die Klimazukunft dargestellt werden kann (deskriptiv, kartografisch).

 

Welche Hürden/Herausforderungen/Lösungsfindungen gibt es?

Obwohl unterschiedlichste Grundlagendaten in verschiedensten Formen (analog, digital) und Genauigkeiten vorhanden sind fehlte bisher eine flächendeckende Standortskartierung in der Steiermark; gleichzeitig sind für die Erarbeitung einer solchen Beratungsunterlage unterschiedlichste Fachrichtungen und Institutionen und hoher Zeitaufwand notwendig. Auf Grund der zu erwartenden Veränderungen der Wasser-, Wärme- und Nährstoffhaushalte im Bereich von wenigen Jahrzehnten muss von der klassischen Standortskartierung, die ein statisches (über lande Zeit unveränderliches) System von Standortseinheiten mit einheitlichen Eigenschaften unterstellt und das hypothetische Konzept der potenziell natürlichen Vegetation nach Tüxen (1956) benutzt, abgegangen werden. Die dynamische Waldtypisierung beschreibt stattdessen ein System von veränderlichen Standortszuständen.

Herausforderungen waren:

  • Der enorme Zeitdruck aufgrund der Zeit, der für ein solches Projekt im Programm LE14–20 zur Verfügung steht; es galt die umfassenden Daten (analog und digital) zu sichten und auf ihre Brauchbarkeit und Verwendungsmöglichkeit im Projekt zu prüfen beziehungsweise aufzubereiten.
  • Notwendige Expert:innen der unterschiedlichen Fachrichtungen zu finden und von einem Projekt zu überzeugen und letztlich für dieses zu begeistern, obwohl sich diese Institutionen und Personen bisher oft nicht gekannt haben und in einer solchen Konstellation bisher nicht zusammengearbeitet hatten.
  • Einen methodischen Ansatz zu finden, der die Dynamik der Klimaveränderung und seiner Auswirkungen auf den Waldstandort in ausreichender Genauigkeit konkret abzubilden vermag (dynamischer Ansatz).

Lösungsansatz: unbändiger Glaube das Unmögliche möglich zu machen und der Wissenschaft die große Chance aufzuzeigen, die dieses Projekt auch in der Folge bietet; die besten Leute für ein Projekt zusammenzubringen, die mit großem Einsatz für ein gutes Ergebnis kompetent, zielorientiert, wertschätzend und kooperativ zusammenarbeiten.

 

Erkenntnisse und Wirkungen aus dem Projekt

  • Es wurden geologische Karten verbessert und neue Substratkarten erstellt. Dadurch kam es zu einer enormen Erweiterung der geologischen Grundlagendaten und es wurde damit erst die Basis für die weitreichenden Modellierungen der Waldstandorte geschaffen.
  • Im Rahmen des Projekts wurden Klimadaten und Klimamodelle regionalisiert. Für die gesamte Steiermark wurden drei Klimaszenarien berechnet und für die nähere und fernere Klimazukunft aufbereitet. Die Auswirkungen der Klimaszenarien werden auf einem Raster von 10 x 10 Meter für den Zeitraum von 1989 bis 2100 dargestellt.
  • Im Zuge der Projektarbeiten kam es letztlich zu einer Ausscheidung von 116 Hauptwaldstandorten und 69 Sonderwaldstandorten in der Steiermark. Für diese Standorte wurden entlang der ökologischen Achsen der Wärme-, Wasser- und Nährstoffhaushalt festgelegt. Es fand eine Modellierung und umfassende Beschreibung der ausgewählten Haupt- und Sonderwaldstandorte im Hinblick auf ihre Entwicklung in Zeiten des Klimawandels statt.
  • Entsprechende waldbauliche Behandlungskonzepte werden aufgezeigt und verschiedene Alternativen für die Überführung standortswidriger Waldbestände in die Klimazukunft beschrieben.

 

Welche Empfehlungen/ Tipps habt ihr für andere Projektträger:innen?

  • Gute Vorbereitung des Projektes und Abstimmung mit Politik, Stakeholdern, Verwaltung und Förderstellen zur Vermeidung von unliebsamen Überraschungen im Vorfeld des Projektstarts sind für eine erfolgreiche Umsetzung unbedingt notwendig.
  • Die Einrichtung einer Steuerungsgruppe mit Vertreter:innen der Grundeigentümer:innen hat sich als äußerst zielführend und unterstützend erwiesen. Eine Genaue Zieldefinition beziehungsweise auch Nichtzieldefinition ist unabdingbar zur Vermeidung von Missverständnissen und zum Abbau von eventuell vorhandenem Misstrauen oder Vorurteilen.
  • Für eine erfolgreiche Projektabwicklung waren klare Strukturen und Zuständigkeiten enorm wichtig. Eine sorgfältige Planung und Auswahl der Projektpartner:innen, zum Beispiel durch Expert:innen mit entsprechendem Fachwissen, war von großer Bedeutung. (Richtige Personen an richtigen Stellen) Fehler bei der Datenerfassung im Gelände können zu fehlerhaften Ergebnissen führen, daher sollte an den Kosten für Expertise nicht gespart werden.
  • Regelmäßige Besprechungen und deren schriftliche Dokumentation sowie eine laufende Kommunikation über den Projektfortschritt waren für die Projektdurchführung wichtig, um die Ziele zu erreichen. Der ehrliche und offene Umgang mit Informationen schaffte Vertrauen und Verständnis. Durch den wertschätzenden Umgang miteinander konnten gemeinsame Lösungen gefunden werden und Hindernisse wurden leichter überwunden.
  • Um Informationen zielgerichtet zu vermitteln, waren und ist eine gute und umfassende Öffentlichkeitsarbeit von großer Bedeutung. Es war wichtig, die Zielgruppe gut zu erreichen und alle relevanten Informationen verständlich zur Verfügung zu stellen. Die Umsetzung in die Praxis ist Knochenarbeit und verlangt Konsequenz, laufende Kommunikation und großes Durchhaltevermögen – braucht also einen „langen Atem“.

 
Nachhaltigkeit: wie wirkt das Projekt auch nach der Laufzeit weiter?

  • Es liegen umfassende neue, aktuelle und verbesserte Grundlagendaten zu Geologie, Substrat, Temperatur-, Nährstoff- und Wasserhaushalt flächendeckend für die gesamte Waldfläche in der Steiermark vor (170 Themenkarten in aufbereiteter Form im GIS Steiermark) und stehen am OGD-Datenportal kostenfrei zum Download zur Verfügung.
  • Im Rahmen des Projekts wurden Klimadaten und Klimamodelle regionalisiert. Für die gesamte Steiermark wurden drei Klimaszenarien berechnet und für die nähere und fernere Klimazukunft aufbereitet. Die Auswirkungen der Klimaszenarien werden auf einem Raster von 10 x 10 Meter für den Zeitraum von 1989 bis 2100 dargestellt.
  • Die ausgeschiedenen 116 Hauptwaldstandorten und 69 Sonderwaldstandorten in der Steiermark sind nunmehr die Basis für die Waldbewirtschaftung. Für diese Standorte wurden entlang der ökologischen Achsen der Wärme-, Wasser- und Nährstoffhaushalt festgelegt. Es fand eine Modellierung und umfassende Beschreibung der ausgewählten Haupt- und Sonderwaldstandorte im Hinblick auf ihre Entwicklung in Zeiten des Klimawandels statt. Entsprechende waldbauliche Behandlungskonzepte werden aufgezeigt und verschiedene Alternativen für die Überführung standortswidriger Waldbestände in die Klimazukunft beschrieben. Diese Grundlageninformationen sind die Basis für die Waldbewirtschaftung in der Steiermark.
  • Bezugnehmend auf die Ergebnisse der Dynamischen Waldtypisierung werden Beratungsunterlagen wie auch die Förderungsrichtlinien angepasst.
  • Die Methodik gilt als Basis für weitere Projekte in Österreich und darüber hinaus. (Umsetzung des Projektes in den übrigen Bundesländern im Laufen oder in Planung)
  • Das Projekt hat Vorbildcharakter für sämtliche forstliche Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und hat einen komplett neuen Weg der Charakterisierung von Waldstandorten aufgezeigt.
  • Grundlage für viele Folgeprojekte (Forstgenetik, Aufbereitung von Unterrichtsmaterialien, Laubholzbroschüre, Projekt „Waldpower“ etc.)

Projektlaufzeit: 03/2018 – 09/2023

Zum Projekt in der Projektdatenbank LE 14-20

Mehr Informationen 


Wir sind gespannt, welche Projekte die
#ARIAwards24 Jury auszeichnet und drücken die Daumen! Eine Übersicht aller acht eingereichten Projekte 2024 gibt es hier: https://www.zukunftsraumland.at/best-practice-in-oesterreich-die-oesterreichischen-nominierungen-fuer-den-agricultural-and-rural-inspiration-awards-2024/

Informationen zum Public Vote folgen Mitte Oktober auf der Homepage des EU-GAP Netzwerks

Mann schaut auf sein Handy
© Dynamische Waldtypisierung