Nachbericht: Webinar – Vom Projekt zur dauerhaften Wirkung
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, eigene Projekte zu realisieren. Die Resultate reichen dabei von Wissenszugewinn, Konzepten, Prozessoptimierungen, über verschiedenste Produkte und Dienstleistungen bis hin zu sozialen Innovationen und Netzwerken. Trotz aller Unterschiedlichkeit verbindet diese Projekte vor allem eines: ein geplantes Ende nach oft maximal drei Jahren Laufzeit.
Manchen Initiativen reicht die Zeit, um die gewünschten Effekte zu erzielen und am Ende der Laufzeit kann das Projekt zur Zufriedenheit aller geordnet abgeschlossen werden. In weitaus mehr Fällen ist die Realität aber anders. GAP-Förderungen bilden den Anstoß oder finanzieren eine „Zwischenphase“ für eine Entwicklung, die auch nach dem konkreten Förderprojekt weitergehen oder – im Idealfall – sogar verstärkt werden soll.
Was kann man aus Sicht eines Projektträgers/ einer Projektträgerin vor und während der Projektlaufzeit tun, um sich gut auf „die Zeit danach“ vorzubereiten?
Netzwerk Zukunftsraum Land hat sich 2024 eingehender mit dieser Frage beschäftigt und einige Ansatzpunkte identifiziert, die es aus Sicht einer Initiative oder eines Projekts zu beachten gilt. Am 2. April 2025 organisierte Netzwerk Zukunftsraum Land ein Webinar zur Verbreitung der Ergebnisse, an dem über 160 Personen teilnahmen.
Elisabeth Gumpenberger und Michael Fischer vom Netzwerk Zukunftsraum Land lieferten am Beginn des Webinars einen Überblick zu sechs Faktoren, die sich als wesentlich für dauerhafte Initiativen herausgestellt haben.
- Wirkungsketten und Missionsorientierung: hier gilt es, klare Veränderungsziele zu definieren, die über den Projektzeitraum hinaus reichen und diese Ziele konsequent zu verfolgen.
- Projekte bedarfsorientiert planen und umsetzen: man sollte sehr genau wissen, für welche Zielgruppe man arbeitet und was diese Zielgruppe braucht. Das braucht oft Mut zur Fokussierung und regelmäßige Feedback-Schleifen mit der Zielgruppe.
- Konstruktiver Umgang mit Risiken und Kurskorrekturen: gerade bei innovativeren Projekten sollte mit dem Bewusstsein ins Projekt gestartet werden, dass Kurskorrekturen notwendig sind. Dies sollte auch bereits in der Projektplanung berücksichtigtr werden, beispielsweise indem man sich nicht zu sehr durch zu konkrete Maßnahmenplanung einschränkt sondern sich verstärkt – im Austausch mit der Förderstelle – an Meilensteinen und Ergebnissen orientiert.
- Kooperationen als soziale Settings stabil aufbauen und pflegen: in Projekten arbeiten oft unterschiedliche Akteurinnen und Akteure zusammen. Die Zusammensetzung sollte im Sinne sich ergänzender Ressourcen gut gewählt und die gemeinsame Arbeit von Transparenz, Empathie und ausreichender Kommunikation nach innen geprägt sein.
- Geschäfts- und Verwertungsmodelle entwickeln/erkennen/anwenden: Projektakteurinnen und -akteure sollten mehr in Geschäftsmodellen denken, also überlegen, welchen Nutzen sie erzeugen müssen damit andere bereit sind, Ressourcen (Geld, Zeit, Eigenleistung, Wissen,..) zu investieren. Es empfiehlt sich weiters eine Kombination unterschiedlicher Finanzierungsquellen. Zusätzlich sollten Projekte auch ausgabenseitig optimiert werden, beispielsweise von Beginn an auf eine kompakte Kostenstruktur zu achten um nach Wegfall der Förderungen Angebote leichter aufrechterhalten zu können.
- Kommunikation der Projektergebnisse und -wirkungen gezielt einsetzen: Kommunikation nach außen muss als zentraler Projektbestandteil bearbeitet werden um Beteiligung zu erleichtern, Nutzen sichtbar zu machen und schließlich Ergebnisse zu verbreiten.
Die Präsentation von Elisabeth Gumpenberger und Michael Fischer enthielt neben Diagnosen und Handlungsempfehlungen zu diesen sechs Faktoren auch noch Hinweise zu Methoden, die jeweils zur Anwendung gelangen können. Dabei wurde klar, dass sich die Faktoren wechselseitig beeinflussen, beispielsweise dass gute Kommunikation und Bedarfsorientierung dabei helfen können, Ressourcen zu erschließen.
Im zweiten Teil der Veranstaltung veranschaulichten Vertreterinnen und Vertreter von drei Initiativen, wie sie im Umgang mit diesen sechs Faktoren die Dauerhaftigkeit und Wachstum sicherstellen konnten.
Mit dem Salzkammergut-Shuttle Service wurde ab 2016 in mehreren Phasen ein Mikro-OV Angebot entwickelt, das Gästen wie Einheimischen zur Verfügung steht. Ages Pauzenberger, LEADER-Managerin der Traunsteinregion, die das Projekt in der Anfangsphase förderte, verwies in ihrem Input auf die Bedeutung einer zentralen Person aus dem Tourismusverband, der Ideengeber aber auch Motor der Entwicklung war. In vielen Einzelgespräche konnte er sowohl stabile Kooperationsziehungen zu Gemeinden und Taxiunternehmen aufbauen als auch Bedarfe der Zielgruppe gut abbilden. Finanzielle Tragfähigkeit erhielt das Projekt durch ein Finanzierungsmodell, das die Kosten je zu einem Viertel zwischen Land Oberösterreich, den Gemeinden, dem Tourismusverband und den Fahrgästen aufteilt. Das Service, das ursprünglich nur in einer Teilregion gestartet ist, ist nun in weiten Teilen des Salzkammerguts verfügbar.
Jochen Buchmair gab Einblick in das Projekt HUMUS+, ein Beispiel für eine starke Missionsorientierung in Kombination mit einer agilen Weiterentwicklung. So gründete sich die Initiative aus der Ökoregion Kaindorf aus, nachdem klar war, dass sie eine stärker überregionale Positionierung angestrebt. Das Finanzierungsmodell baut auf der Zertifizierung von Ökosystemdienstleistungen und dem Handel mit CO2-Zerttifikaten auf, das Geschäftsmodell selbst differenziert sich aber laufend weiter aus, indem neue Märkte erkundet werden. Buchmair strich auch die Bedeutung von Beteiligung von Bürgermeistern, Wirtschaft, Wissenschaft und Landwirtschaft hervor („man muss hier am Beginn schon viel Klinkenputzen“) und betonte die Wichtigkeit von Kommunikation, um mit Widerständen umzugehen.
Das dritte Beispiel, GIS-ELA, startete mit der Mission „teilflächenspezifische Bewirtschaftung für alle“ zu ermöglichen. Andreas Wilhelm erklärte, dass die Grundlagen dafür durch Josephinum Research gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern in einem EIP-AGRI Projekt gelegt wurden. Anleitungen, Handbücher und Schulungen sollten Landwirtinnen und Landwirten in die Lage versetzen, Kartenmaterial zu ihren Flächen selbst anzulegen und zu nutzen. Dieser Zugang hat sich in einigen Feedback-Schleifen mit der Zielgruppe als kompliziert herausgestellt, weswegen eine Weiterentwicklung hin zur vollautomatischen Kartengestaltung und Unabhängigkeit von bestimmten Betriebssystemen erfolgte. Hier hat sich der enge Kontakt des Josephinum Research mit den Landwirtinnen und Landwirten bewährt. Die Finanzierung der für die Zielgruppe kostenfreien Softwarelösung konnte durch eine geschickte Aufsplittung auf mehrere Förderprojekte und Landesförderungen sichergestellt werden.
Den Abschluss des Webinars machte Alexander Kesselring, indem er einen Einblick in das Arbeiten von Sozialunternehmen bot. Darunter versteht man Organisationen, die gesellschaftliche Herausforderungen mit einem unternehmerischen Ansatz lösen. Dabei zeigten sich viele Überschneidungen mit den oben genannten sechs Faktoren. So sind Vision und Mission ganz zentral und ein explizites Wirkungsmodell Grundvoraussetzung, um auch leichter zu Finanzierungen zu kommen. Diese sind meist Kombinationen aus Stiftungen, Angebote für Zielgruppen, die auch Einnahmen bringen aber auch das Erschließen neuer Finanzierungsformen wie impact investments oder impact bonds. Generell brauchen Sozialunternehmen Geschäftsmodelle und Angebote, nicht nur eingeschränkt auf Geldgeber, sondern auch für alle Beteiligten (beispielsweise jene, die einen Sinn in zivilgesellschaftlichem Engagement suchen). Oftmals gibt es Personen mit einer guten Idee oder einer Leidenschaft für ein Thema, die dann aber nicht über das nötige unternehmerische Rüstzeug verfügen – hier liegt es dann unter anderem an den „Intermediären“, wie beispielsweise den LEADER-Regionen, ein „perfect match“ mit anderen Personen zu finden.